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Die Überlebenschancen des vergifteten Ex-Geheimagenten Litwinenko liegen bei 50 Prozent, schätzen die Ärzte (Foto: newsru.com)
Die Überlebenschancen des vergifteten Ex-Geheimagenten Litwinenko liegen bei 50 Prozent, schätzen die Ärzte (Foto: newsru.com)
Montag, 20.11.2006

Anschläge auf Geheimagenten in London und in Moskau

Moskau. Der in London lebende Ex-FSB-Agent Litwinenko wurde vergiftet und kämpft um sein Leben. Ein anderer für Russlands Geheimdienst unangenehmer Zeuge, der Tschetschene Mowladi Baisarow, wurde in Moskau erschossen.

Alexander Litwinenko lebt in Großbritannien als politischer Asylant. Er hatte sich beim russischen Geheimdienst durch sein Buch „Der FSB sprengt Russland“ unbeliebt gemacht. Darin beschuldigte Litwinenko seinen ehemaligen Arbeitgeber, die Detonationen in Moskauer Wohnhäusern im Herbst 1999 selbst organisiert zu haben, um den Krieg in Tschetschenien beginnen zu können. 2002 wurde er in Abwesenheit wegen Amtsmissbrauchs verurteilt.

Vergiftet in der Sushi-Bar


Bei einem Treffen mit einem Informanten in einer Sushi-Bar am 1. November wurde er höchstwahrscheinlich vergiftet. In seinem Blut wurden Rückstände des hochgiftigen Schwermetalls Thallium entdeckt. Litwinenko selbst beschuldigte vom Krankenhausbett aus den russischen Geheimdienst, hinter dem Anschlag zu stecken.

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Am Wochenende hat sich der Gesundheitszustand Litwinenkos rapide verschlechtert. Inzwischen sind dem Ex-Geheimdienstler alle Haare ausgefallen, innere Organe, vor allem die Leber, sind schwer geschädigt. Seine Überlebens-Chancen werden von Ärzten mit 50 zu 50 angegeben. Litwinows Zustand sei höchst besorgniserregend, so der ebenfalls als Polit-Emigrant in London lebende Ex-Oligarch Boris Beresowski: „Seine inneren Organe können jeden Moment versagen“.

Der britische Geheimdienst MI 5 hat sich in die Ermittlungen eingeschaltet. Die britischen Medien vermuten den Auftraggeber in der Lubjanka (Russlands Geheimdienstzentrale). Vor allem das verwendete Gift rief Spekulationen hervor. Thallium werde besonders gern von Geheimdiensten verwendet, heißt es.

Litwinenko vermutet sich als weiteres Opfer im Fall Politkowskaja


Litwinenko selbst sah das Attentat gegen ihn im Zusammenhang mit der Ermordung der russischen Journalistin Anna Politkowskaja. Er habe den Mord aufklären wollen. Aus den ihm zugespielten Dokumenten gehe hervor, dass Mitarbeiter des FSB hinter der Affäre stecken könnten, erklärte er in der vergangenen Woche.

Die Pressestelle des FSB verweigerte gegenüber Russland-Aktuell jeden Kommentar zu der Angelegenheit. Der FSB-Veteran Sergej Gontscharow sagte lediglich, dass Litwinenko viele Feinde gehabt habe, wollte aber keine Vermutungen darüber anstellen, wer hinter dem Attentat stecke.

Potenzieller Zeuge im Politkowskaja-Fall von der Miliz „vernichtet“


Interessant ist die Tatsache, dass kurze Zeit nach dem Anschlag auf Litwinenko, der den Fall Politkowskaja auf eigene Faust untersuchen wollte, ein potenzieller Zeuge in Moskau getötet wurde. Der Tschetschene Mowladi Baisarow wurde offiziellen Angaben zufolge in Moskau von tschetschenischen Polizisten erschossen, als er sich seiner Festnahme widersetzen wollte.

Baisarow soll zusammen mit Politkowskaja auf einer Todesliste von Kadyrow-Leuten gestanden haben, schreibt die „Nowaja Gaseta“ Dies zumindest hatte der ebenfalls auf der Liste stehende tschetschenische Politiker Bislan Gantamirow noch vor dem Tod Baisajews der Zeitung berichtet.

FSB zog Bewachung ab


Das Blatt leitete die Informationen an die Sicherheitsorgane weiter, die Baisarow schon längere Zeit unter Beobachtung hatten. Als Reaktion daraufhin sei die Bewachung von Baisarow nicht (wie versprochen) verstärkt, sondern abgezogen worden, behauptet das Blatt.

Baisarow, der ehemalige Chef der Leibwache des 1. tschetschenischen Präsidenten Achmed Kadyrow, soll vor kurzem seine Bereitschaft erklärt haben, im Mordfall Politkowskaja auszusagen „Als ich mit Achmed Kadyrow zusammen war, war das, was sie schrieb, immer unangenehm für uns. Aber alles, was sie sagte, war die Wahrheit und ich kämpfte für die Wahrheit und hatte nichts gegen sie (Politkowskaja – d.R.)“, behauptete Baisarow außerdem. Er galt als persönlicher Feind des jetzigen Premiers Ramsan Kadyrow.

Baisarow sagte seinen Tod voraus


Baisarow ist keineswegs als „weißer Ritter“ bekannt. Während seiner Zeit als Leibwächter soll er sich mit der Erpressung von Lösegeldern für Entführte ein einträgliches Geschäft aufgebaut haben. Nebenbei erledigte er wohl auch "Spezialaufträge" des Geheimdienstes. Seit Februar war Baisarow zur landesweiten Fahndung wegen Mordes ausgeschrieben. Dennoch konnte er sich bis zuletzt in Moskau frei bewegen und Medien-Interviews geben.

In einem seiner letzten Interviews gegenüber der Tageszeitung „Wremja Nowostjej“ bestritt er, dass er die ihm zur Last gelegten Morde begangen habe. Er bezweifelte auch, dass er verhaftet werden solle: „Ich werde von Mitarbeitern der tschetschenischen Miliz beim Versuch zu fliehen erschossen“, sagte er. Genau so passierte es dann auch.

(ab/.rufo)


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