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Stehaufmännchen hinter den Kulissen: Alexander Woloschin kommt nun bei Nornickel zu Ehren (Foto: ab/.rufo) |
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Donnerstag, 31.03.2011
Woloschin: jetzt Aufsichtsratsposten, 2012 noch mehr ?Norilsk. Er war schon immer eine graue Eminenz in Kreml-Nähe: Alexander Woloschin hat oft Interessen ausbalanciert und die eigenen dabei nicht vergessen. Vorerst sammelt er Posten als Aufsichtsrats-Vorsitzender.
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Es scheint fast, als könnten es in nächster Zeit sogar noch mehr werden, denn in einigen Staatskonzernen müssen auf Anweisung Medwedews Spitzenbeamte wie z.B. Vizepremier Igor Setschin demnächst die Posten der Aufsichtsratsvorsitzenden räumen.
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Alter Geschäftspartner BeresowskisInteressanterweise hat es Woloschins Aufstieg bisher kaum behindert, dass er seine Karriere an der Seite von Boris Beresowski begann, der schon seit einigen Jahren ein politisches Schattenleben im Londoner Exil führt und sich in letzter Zeit mit Mühe gegen die Auslieferungsbegehren der russischen Staatsanwaltschaft wegen diverser Betrugsaffären wehrt.
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Sein Ex-Partner Alexander Woloschin aber wurde im September vergangenen Jahres Aufsichtsratsvorsitzender des Düngemittelkonzern UralKali - und am morgigen 1.April wird er mit großer Sicherheit zum Aufsichtsratsvorsitzenden des Buntmetall-Giganten Norilsk Nickel gewählt werden.
Davor hatte Woloschin seit 1999 den Aufsichtsratsvorsitz im staatlichen Strommonopol RAO EES Rossii von Anatoli Tschubais übernommen, bis 2008 der Konzern komplett aufgelöst wurde.
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Seine Wirtschaftskarriere hat der Topmanager vor allem seinen politischen Ämtern und Erfahrungen zu verdanken. 1997 kam er - dank Boris Beresowski - in die Schaltzentrale der Macht, in die Kremlkanzlei unter Jelzin. Nur ein Jahr, nachdem Wladimir Putin dort neu angefangen hatte.
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Auf einem Moskauer Rangierbahnhof und im Komsomol lernte er das Weichenstellen
1998 war Woloschin aber schon Vize-Chef der Kremladministration, und bereits 1999 bis 2003 deren Leiter - und damit unter Präsident Wladimir Putin auch unmittelbarer Vorgesetzter von Dmitri Medwedew (damals Vize-Chef der Kremlkanzlei).
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Dabei hatte Alexander Stahljewitsch (so Woloschins in Russland recht ungewöhnlicher Vatersname) recht bescheiden mit einem Studium an der Technischen Hochschule für Verkehr in Moskau begonnen, dann auf einem sowjetischen Rangierbahnhof die Weichen gestellt und im Komsomol erste Beziehungen geknüpft (wie zum Beispiel auch Michail Chodorkowski), bevor er dann rechtzeitig die strategischen Weichenstellungen erkannte und zum Beginn der Perestroika ein Zweitstudium für Außenhandel absolvierte.
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1986 begann Woloschin im Ministerium für Außenwirtschaft, wurde schnell Abteilungsleiter - und war so später der ideale Partner für Boris Beresowski bei dessen vielfältig verschlungenen Export-Import-Geschäften u.a. mit Lada-PKWs.
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Finanzaffären aller Art an der Seite Beresowskis
Woloschin war für Beresowski Präsident oder Vizepräsident einiger Investmentfirmen im Umkreis von dessen Unternehmen LogoVAZ und AVVA und Vizepräsident der Tschara-Bank (einer der ersten kollabierten Finanzpyramiden Russlands). Als Präsident der "Föderalen Fond Korporation" (FFK) wurde Woloschin Generalvertreter der staatlichen russischen Privatisierungsbehörde RFFI und half angeblich Beresowski und Roman Abramowitsch bei der Privatisierung des Ölkonzerns Sibneft zu extrem günstigen Konditionen.
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Im November 1997 - zum Höhepunkt des politischen Einflusses Boris Beresowskis auf Boris Jelzin - zog der erfahrene Finanzberater Woloschin schließlich als Berater des Kremlkanzleichefs Valentin Jumaschew (Ehemann der Jelzin-Tochter Tatjana Jumaschewa) in den Kreml ein, profilierte sich als Gegner des Premierministers Jewgeni Primakow - und wurde von Boris Jelzin überraschend 1999 zum Administrationschef befördert.
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Woloschin sägt Premier Primakow ab
In dieser Machtfunktion bereitete Woloschin den Sturz Primakows vor, geriet aber auch schnell in Konflikte mit dessen Nachfolgern Sergej Stepaschin und Wladimir Putin. Als Erbe Jelzins hätte Woloschin damals angeblich lieber den Regisseur Nikita Michalkow gesehen als den FSB-Mann Putin.
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Dennoch blieb Woloschin unter Putin dessen Verwaltungschef, bis er schließlich nach der Verhaftung Chodorkowskis im Oktober 2003 von Putin entlassen wurde.
Alexander Woloschin verschwand danach ganz von der öffentlichen politischen Bühne, blieb aber doch hinter den Kulissen aktiv, u.a. bis 2008 als RAO EES-Aufsichtsratschef.
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Schon Ende 2008 wurde er auf Vorschlag des Norilsk-Nickel-Aktionärs Wladimir Potanin (Interros) zum Aufsichtsratsvorsitzenden des weltweit größten Nickel-Produzenten gewählt. Er räumte diesen Posten im Juni 2010, kehrt aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit jetzt wieder auf in das Amt zurück.
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Lobbyist des Jelzin-Clans?
Es wird Woloschin nachgesagt, er vertrete bis heute die Interessen der alten "Familie", also des Jelzin-Clans, insbesondere des Alu-Oligarchen und NorNickel-Aktionärs Oleg Deripaska (verheiratet mit der Tochter von Valentin Jumaschew, dem Ex-Chef Woloschins und Ehemann von Jelzin-Tochter Tatjana).
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Tatsächlich hat sich Jelzins "Familie" ohne ihr Oberhaupt und Zentrum weitgehend aufgelöst - während Woloschin bisher unter drei Präsidenten dem wohlverstandenen Staatsinteresse diente und die eigenen Interessen dabei nicht vergas. Und Woloschin dürfte nüchtern genug sein, sich nicht zu stark nur an Deripaska zu binden, der sich im Laufe einiger abenteuerlicher Investitionsprojekte und Übernahmeversuche hoch verschuldet hat.
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Das Vertrauen des Präsidenten hat erDas Vertrauen seines ehemaligen Stellvertreters Dmitri Medwedews geniest Stahljewitsch jedenfalls. Kaum hatte er 2010 den NorNickel-Posten geräumt, wurde er von Medwedew zum Leiter einer Arbeitsgruppe ernannt, die Moskau zum Internationalen Finanzzentrum entwickeln soll.
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Es könnte auch durchaus sein, dass Woloschin die jüngste Ankündigung Medwedews zu gute kommt, wonach Spitzenbeamte wie Vizepremier Igor Setschin und andere Schwergewichte aus dem Putin-Lager in den nächsten Monaten ihre Posten an der Spitze von Staatskonzernen räumen sollen. Von einigen Moskauer Beobachtern wird diese Ankündigung Medwedews (wieder einmal) als Startschuss für den Präsidentenwahlkampf interpretiert.
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Ein gottbegnadeter Redner ist Alexander Woloschin jedenfalls bestimmt nicht, aber einer der erfahrensten und mit allen Wassern gewaschenen Topmanager Russlands ist er sicher.
Der ideale Mann als Aufsichtsrats-Vorsitzender von Staatskonzernen.
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