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Vor allem die Presse spekuliert über mögliche Sanktionen beiderseits, z.B. einen Gaslieferstopp (Foto: Archiv/.rufo)
Vor allem die Presse spekuliert über mögliche Sanktionen beiderseits, z.B. einen Gaslieferstopp (Foto: Archiv/.rufo)
Donnerstag, 28.08.2008

Kalte Füße im Kalten Krieg nach Georgienkonflikt ?

Moskau. Die EU trifft sich in Brüssel, Russlands Präsident Medwedew ist in Duschanbe bei der Sitzung der Shanghai-Gruppe. Auch ideologisch sind die Streitparteien weit auseinander. Die EU erwägt sogar Sanktionen gegen Moskau.

Die Außenminister der großen Industriestaaten G7 haben einstimmig die Anerkennung Südossetiens und Abchasiens durch Russland verurteilt. Dieser Schritt lasse an der friedensstiftenden und stabilisierenden Rolle Moskaus im Kaukasus zweifeln, heißt es in einer Erklärung. Zugleich riefen die G7-Außenminister Russland dazu auf, seine Truppen aus Kern-Georgien zurückzuziehen.

Frankreich sieht die Krim in Gefahr


Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner beschwört gar die Gefahr weiterer Angriffe. „Es ist sehr gefährlich, und es gibt andere Ziele, die Russland möglicherweise im Auge hat – insbesondere die Krim, die Ukraine und Moldawien“, sagte er in einem Radiointerview. Sein britischer Kollege David Miliband sicherte der Regierung Viktor Juschtschenko in Kiew dann auch demonstrativ die Unterstützung des Westens zu und warnte Russland vor einem kalten Krieg – „den der Westen nicht will.“

Dass zumindest diplomatisch jetzt schon Eiszeit herrscht, wurde an einer weiteren Ankündigung deutlich. Auf dem bevorstehenden EU-Gipfel (Beginn 1. September) werden Sanktionen gegen Russland diskutiert, teilte Kouchner mit. Konkrete Beschlüsse sind noch nicht gefasst worden. Details einer möglichen Boykott-Regelung sind alles andere als klar. Umso mehr sprießen die Spekulationen.

Olympiaboykott als Folge der Anerkennung ?


So wird in der russischen Presse eifrig über mögliche Folgen der Anerkennung Südossetiens und Abchasiens diskutiert. Vor allem über einen Boykott oder gar den Entzug der Olympischen Winterspiele in Sotschi 2014 wird heftig spekuliert.

Als weitere Sanktionsmöglichkeit fürchtet man in Russland eine Verschärfung der Visa-Bestimmungen. Dies würde einerseits Geschäftsleute, andererseits auch einfache russische Touristen treffen. Statt eines Sonnenurlaubs in Spanien also Winterferien in Karelien?

Hühner und Milch werden teurer


Im schlimmsten Fall könne es sogar zu Wirtschaftssanktionen kommen, heißt es. Hühnerfleisch (im russischen Volksmund Bush-Beinchen genannt, da die Flügel zum Großteil aus den USA importiert werden), Schweinefleisch und Milch, die bisher recht liberal eingeführt wurden, könnten bald auf dem Index landen, malt die Internetzeitung newsru ein Schreckensszenario.

Bei Russland-Aktuell
• G7 verurteilt Russland als Okkupanten (28.08.2008)
• Medwedew: „Wir wollen keinen Kalten Krieg“ (27.08.2008)
• Kanonenboot-Diplomatie vor Georgien und Abchasien (27.08.2008)
• Nato-Außenminister: Russland ist in Georgien im Unrecht (19.08.2008)
• Russland schafft Fakten: Unabhängigkeit anerkannt (26.08.2008)
Der liberale Politiker Wladimir Ryschkow verweist darauf, dass Russland in einer ganzen Reihe von Segmenten auf Importe angewiesen sei. Die neue russische Mittelklasse müsse ansonsten auf italienische Schuhe, deutsche Autos und französischen Wein verzichten.

„Walenki“ wichtiger als italienische Schuhe


Doch in Moskau gibt man sich gelassen. Kein Wunder, denn Russland ist der wichtigste Energielieferant Europas. Sollte es tatsächlich zu Sanktionen kommen, könne Russland jederzeit die Gas- und Ölzufuhr abstellen. Russland könne leichter auf italienische Schuhe, als Europa auf russisches Gas verzichten, kommentierte der russische Sender Ren-TV den Streit und empfahl den Menschen in Berlin und Paris süffisant, schon mal „Walenki“ (russische Filzstiefel) für den Winter anzuprobieren.

Das Wort Ölembargo nimmt die russische Führung noch nicht in den Mund. Präsident Dmitri Medwedew begnügte sich mit dem Hinweis darauf, dass die Europäer auf die Partnerschaft mit Russland mindestens ebenso angewiesen seien wie umgekehrt.

Russland will Georgien als Aggressor bestrafen


„Georgien muss sich für seine Aggression verantworten“, betonte er in Duschanbe noch einmal. Gleichzeitig wurde bekannt, dass Russland in Abchasien und Südossetien drei Militärbasen einrichten will.

Bei den Diskussionen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, SOZ, (neben Russland gehören China, Kasachstan, Kirgisien, Tadschikistan und Usbekistan dazu) war der Konflikt im Kaukasus eines der wichtigsten Themen.

Keine Anerkennung der neuen Kaukasus-Staaten


Zu einer Anerkennung der beiden neuen Kaukasus-Staaten konnte Russland dabei zwar keines der anderen SOZ-Länder bewegen. Immerhin bewertet Moskau die Erklärung der SOZ, die die aktive Rolle Russlands bei der Wiederherstellung des Friedens in der Region begrüßt, als diplomatischen Erfolg.

Nun soll die Shanghai-Gruppe aufgewertet werden. Nicht nur in Wirtschaftsfragen, auch bei der Sicherheitspolitik soll die Regionalorganisation weiter an Gewicht gewinnen. Die Erweiterung der SOZ durch die Mongolei, den Iran, Indien und Pakistan wird aktiv auf die Tagesordnung genommen. Dass die SOZ zu einem Gegengewicht der NATO aufgebaut werden soll, bestreitet Medwedew allerdings. Sie habe andere Funktionen und umfasse eine andere Region, erklärte der Kremlchef.




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Die Stadt, die niemals schläft. In Moskau ist selbst nachts in Kremlnähe noch Verkehr - allerdings gibt es dann zumindest keine Staus (Foto: Kokorin/.rufo)

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