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Grab von Oberst Budanow: Für russische Nationalisten ist er ein Held, für Tschetschenen ein Verbrecher (Foto: TV)
Grab von Oberst Budanow: Für russische Nationalisten ist er ein Held, für Tschetschenen ein Verbrecher (Foto: TV)
Donnerstag, 01.09.2011

Tschetschenen-Autorität als Mörder Budanows verdächtig

Moskau. Die Behörden haben eine tschetschenische Autorität nach dem Mord an Oberst Juri Budanow festgenommen. Budanow selbst gilt als Kriegsverbrecher in Tschetschenien. Blutrache scheint das Motiv der Tat.

Budanow wurde im Juni 2011 in Moskau erschossen. Die Täter feuerten sechs Kugeln auf den ehemaligen Armeeobersten ab, vier davon gingen in den Kopf. Anschließend flüchteten sie in einem weißen Mitsubishi Lancer, der später ausgebrannt in einem Hinterhof gefunden wurde – mitsamt der Tatwaffe, einer Pistole mit Schalldämpfer.

Religiöser Führer als Rächer unterwegs?


Nun haben die Ermittler Magomed Suleimanow, einen religiösen Führer und eine Autorität innerhalb der tschetschenischen Diaspora in Moskau wegen des Verbrechens festgenommen. Bislang hatte sich Suleiman eher einen Namen als knallharter Verhandlungsführer gemacht.

Bei Russland-Aktuell
• Oberst Budanow: Den Mörder trifft die Kugel (10.06.2011)
• Richter nach Kriegsverbrecher-Prozess verhaftet (07.08.2006)
• Budanow verzichtet auf Begnadigung – vorläufig (22.09.2004)
• Budanows Begnadigung abgelehnt (21.09.2004)
• Tschetschenische Familie erhält Asyl in Norwegen (01.09.2003)
Die Interessen der Diaspora konnte er dem Vernehmen nach „selbst in Verhandlungen mit der Baku- oder Solnzewskaja“-Mafia durchsetzen. Freunde und Bekannte des Verdächtigen glauben daher nicht an seine Beteiligung an der Tat.

Der nach seiner mehrfachen Pilgerfahrt nach Mekka auch als Jussup-Hadschi bekannte Suleimanow sei wegen seines umfangreichen Wissens islamischen Gewohnheitsrechts eine Autorität innerhalb der tschetschenischen Gemeinde gewesen, ein beliebter und geehrter Gast auf Hochzeiten und anderen Festveranstaltungen. Dass sich so einer persönlich die Hände schmutzig macht, glaubt zumindest seine Umgebung nicht.

Budanow als Kriegsverbrecher in Tschetschenien verurteilt


Freilich ist Budanow für die Tschetschenen kein Unbekannter. Der Offizier wurde nach mehreren skandalträchtigen Prozessen im Jahr 2003 schließlich wegen der Ermordung der 17-jährigen Tschetschenin Elsa Kungajewa zu zehn Jahren Haft verurteilt.

Er soll das Mädchen verschleppt und nach einem brutalen Verhör ermordet haben. Tschetschenen werfen ihm auch die Vergewaltigung des Mädchens vor, obwohl die Anklage im Prozess trotz zahlreicher Indizien dafür fallengelassen wurde.

Budanow stand sinnbildlich für die Kriegsverbrechen der russischen Armee gegenüber tschetschenischen Zivilisten. Seiner vorzeitigen Freilassung im Jahr 2009 begegneten die Menschen in Grosny daher mit Protestdemonstrationen. Selbst der moskautreue Statthalter Ramsan Kadyrow – von Bürgerrechtlern selbst zahlreicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit beschuldigt – protestierte damals gegen die Freilassung.

Untergetaucht nach der Freilassung


Budanow tauchte nach der Entlassung unter, weil er Blutrache befürchtete. Zwei Jahre später wurde er aber schließlich doch gefunden. Laut der Staatsanwaltschaft hat Suleimanow den Mordauftrag im April angenommen. Zusammen mit einem noch nicht identifizierten Komplizen habe er Budanow vor dem Mord beschattet, heißt es.

Gefunden haben will die Staatsanwaltschaft Suleimanow durch die Auswertung von Telefonanrufen, die in der Nähe des Tatorts getätigt wurden. Zudem soll ein geheim gehaltener Zeuge den Tschetschenen erkannt haben.

Wer sind die Hintermänner der Tat?


Wie sicher diese Angaben sind, ist aber noch unklar. Es gibt einige Ungereimtheiten. Der Zeuge will einen Mann in Uniform gesehen haben. Aber auf einem im Internet aufgetauchten Überwachungsvideo ist angeblich der Täter, ein junger Mann im T-Shirt und Baseballmütze, zu sehen. Das Gesicht ist nicht zu erkennen. Eine Analyse der Fingerabdrücke soll nun nähere Erkenntnisse bringen.

Das interessanteste an der Geschichte ist freilich, dass Suleimanow nach der Tat in den Kaukasus geflüchtet sein soll. Erst nachdem die Ermittler ihn mit einer List wieder nach Moskau lockten, konnten sie ihn festnehmen. Wenn eine Festnahme im Kaukasus den Ermittlern zu unsicher schien, deutet dies darauf hin, dass er einflussreiche Hintermänner aus der Gegend hatte.



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