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Bis 2016 in Haft: Michail Chodorkowski und Platon Lebedew bei ihrem vorerst letzten öffentlichen Auftritt (Foto: tv/.rufo) |
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Dienstag, 24.05.2011
Berufung: Chodorkowski bekommt ein Jahr StraferlassMoskau. Michail Chodorkowski und Platon Lebedew müssen nicht 14, sondern nur 13 Jahre Gefängnis absitzen. Mit diesem geringen Straferlass endete die heutige Berufungsverhandlung in dem hoch umstrittenen Verfahren.
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Die Verteidigung hatte in der Verhandlung versucht, das Gericht zu überzeugen, dass die gegen die beiden früheren Hauptinhaber des Yukos-Konzerns vorgebrachten Vorwürfe schlichtweg absurd und unlogisch seien.
Das Berufungsgericht konnte oder wollte aber offenbar keine wesentlichen Mängel an dem im Dezember 2010 abgeschlossenen Verfahren diagnostizieren und reduzierte lediglich das Strafmaß für die beiden Angeklagten um ein Jahr.
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Chodorkowski bleibt bis 2016 hinter Gittern
Das Urteil gegen Michail Chodorkowski und Platon Lebedew ist damit rechtskräftig. Die beiden Ex-Oligarchen müssen demnach bis 2016 in Haft bleiben. Wäre das Urteil im zweiten Chodorkowski-Prozess heute kassiert worden, wären die beiden prominenten Häftlinge und ausgewiesenen Putin-Kritiker noch in diesem Jahr freigekommen.
Voraussichtlich werden sie nun wieder in Straflager weit abseits von Moskau verlegt. Nach dem ersten Urteil war Lebedew jenseits des Polarkreises inhaftiert worden, während Chodorkowski an die chinesischen Grenze verschickt wurde.
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Juristisches deja-vu: Ein Jahr Straferlass
Das Moskauer Stadtgericht wiederholte damit das Szenario des ersten Yukos-Strafprozesses wegen Steuerhinterziehung von 2005: Auch damals hatte ein Moskauer Stadtbezirksgericht die beiden ehemaligen Öl-Milliardäre zunächst zu neun Jahren Haft verurteilt die dann in der Berufung um ein Jahr auf acht Jahre verringert wurden.
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Bisher wurde nur die Entscheidung selbst verkündet, die Begründung dazu wird das Gericht später nachliefern.
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Verurteilung wegen Diebstahls des eigenen Öls
Platon Lebedew und Michail Chodorkowski sowie ihre Verteidiger unternahmen in der Verhandlung mehrere Versuche, dem Gericht die Absurdität der gegen sie erhobenen Vorwürfe zu erklären. Den beiden ehemaligen Chefs des Yukos-Konzerns wurde vorgeworfen, über Jahre faktisch die gesamte Ölförderung ihres Konzerns den damit beauftragten Tochterunternehmen gestohlen und den Gewinn daraus vereinnahmt zu haben, da dafür nur Preise weit unter Weltmarktniveau bezahlt wurden.
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Mit der gleichen Logik könne die Staatsanwaltschaft auch verlangen, dass Benzin in Russland 60 Rubel pro Liter (1,50 Euro) kosten müsste (statt der aktuellen ca. 25 Rubel) und die Staatsführung vor Gericht stellen, weil diese eine Senkung der Preise fordere, so Anwalt Wadim Kljuwgant.
Fernsteuerung eines Richters nicht bewiesen
Auch betonten die Verteidiger, dass es zahlreiche Aussagen dazu gebe, wonach Richter Viktor Danilkin in dem im Dezember abgeschlossenen Prozess nicht frei und unabhängig entschied. Das Pikante dabei ist, dass ihm angeblich sein Urteil in jenem Moskauer Stadtgericht diktiert wurde, das nun über die Berufung entschied.
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Chodorkowski sagte in seiner Rede vor dem Gericht, dass er von dem Berufungsgericht deshalb keinen Versuch erwarte, die Rechtmäßigkeit der Urteilsfindung im vorherigen Prozess zu würdigen.
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Staatsanwaltschaft war mit erstem Urteil zufrieden
Die Staatsanwaltschaft bat das Berufungsgericht ihrerseits, im Urteil die Menge des gestohlenen Öls um von 347,54 Mio. Tonnen auf 218,74 Mio. Tonnen und dessen Wert von 892 Mrd. Rubel auf 824 Mrd. Rubel (ca. 10,5 Mrd. Euro) zu verringern.
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Diese Korrekturen hatte die Anklage bereits im vorherigen Prozess vorgebracht, doch war der Richter darauf nicht eingegangen. Das Strafmaß benötige hingegen keiner Veränderung, so die Anklage-Seite heute.
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Russische Justiz demonstriert Beharrungsvermögen
Die Urteile gegen Chodorkowski gelten gemeinhin als Beleg für die Hörigkeit der russischen Justiz gegenüber der Staatsmacht und besonders den einflußreichen Kreisen um Premierminister Wladimir Putin. Die Chance, sich jetzt ganz im Sinne der von Präsident Dmitri Medwedew propagierten unabhängigen Rechtssprechung zu profilieren, haben die Moskauer Richter zumindest jetzt mit diesem Revisionsspruch nicht ergriffen.
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amnesty verweigert Polit-Häftlings-Status
amnesty international (ai) hatte vor einigen Tagen allerdings abgelehnt, Chodorkowski und Lebedew als politische Gefangene anzuerkennen.
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Dies sei, so ai, bei Wirtschaftsverfahren aber grundsätzlich sehr schwíerig, da die renommierte Menschenrechts-Organisation grundsätzlich von der absoluten Unschuld dieser Häftlinge überzeugt sein möchte.
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