Montag, 18.06.2012
Dagestaner klagen: Wehrdienst nur gegen SchmiergeldMoskau. Armee-Anomalität im Kaukasus: Während anderswo in Russland junge Männer alles dafür tun, dass sie nicht als Wehrpflichtige eingezogen werden, kommen aus Dagestan reihenweise Beschwerden, dass man nur gegen Schmiergeld Soldat werden kann.
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14 der 17 Eingaben aus Dagestan zu Fragen des Armeedienstes, die seit Beginn der Einberufungskampagne am 1. April bei der Gesellschaftskammer eingingen, drehten sich um einen in Russlands sonstigen Breiten unbekanntes Phänomen: Junge Männer, die gerne zur Armee gehen wollen, werden abgewiesen oder man verlangt von ihnen solide Beträge dafür, doch eingezogen zu werden.
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Alexander Kanschin, Leiter des Ausschusses für nationale Sicherheit und soziale Fragen von Armeeangehörigen bei dem einflussreichen Beratungsgremium, berichtete von der Eingabe eines jungen Mannes, von dem die Beamten der Musterungsbehörde 30.000 Rubel (etwa 740 Euro) verlangten, um Soldat werden zu können. Nun befasst sich die Militär-Staatsanwaltschaft mit dem Fall.
Wehrpflichtige aus Dagestan und Tschetschenien werden schon seit Jahren nur in Ausnahmefällen in die russische Armee einberufen: Laut Medienberichten rückten im Herbst 2011 von über 3320 Musterungspflichtigen aus Dagestan nur 121 in Kasernen ein. Dabei handelte es sich vorrangig um ethnische Slawen.
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In Tschetschenien sei von über 7000 für tauglich befundenen Gemusterten kein einziger eingezogen worden. In die vor Ort aufgestellten Militäreinheiten wurden nur Zeitsoldaten aufgenommen.
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Offiziell wird das Einzugs-Moratorium damit begründet, dass in den beiden Kaukasus-Republiken weder das Einwohnermeldesystem noch die Musterungsbehörden vollständig aufgebaut seien.
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Inoffiziell heißt es jedoch, fast alle der jungen Leute dort hätten Verwandte im islamischen Untergrund. Die Armeeführung fürchtet, dass sie damit potentielle Helfershelfer der Banditen in ihre Reihen bekommt und diesen auch noch Kampffähigkeiten beibringt.
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Zudem gab es in den letzten Jahren mehrfach Fälle von gewaltsamen Auseinandersetzungen, Übergriffen, Erpressungen und Misshandlungen in der russischen Armee, die von größeren Gruppen kaukasischer Soldaten an ihren russischen Kameraden vorgenommen wurden.
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2006 auf der Kurilen-Insel Kunaschir und 2010 im Gebiet Perm kam es zu regelrechten Meutereien von kaukasischen Wehrpflichtigen gegen ihre russischen Vorgesetzten.
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