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Medwedew bietet Reformen statt Polizeiknüppel - aber manches davon ist eine Mogelpackung (Foto: fontanka.ru) |
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Freitag, 23.12.2011
Protestbewegung trifft auf Medwedews neue InitiativenMoskau. Am Samstag wird in Moskau wieder groß gegen Wahlfälschung demonstriert. Dabei wird sich zeigen, ob die Wut der um ihre Stimme betrogenen Bürger durch Medwedews Demokratisierungs-Initiative gekühlt wurde.
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Nach den gestrigen, teils sensationellen Ankündigungen demokratischer Reformen des politischen Systems gibt der Kreml auch weiter mächtig Gas, um sich sozusagen noch in letzter Minute vor den oppositionellen Demonstrationszug zu setzen: Weniger als 24 Stunden später reichte Medwedew bereits zwei erste Gesetzesinitiativen bei der Duma ein.
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Die Unterschriften-Listen vor Wahlen werden kürzer
Sie betreffen drastische Erleichterungen bei der Parteienzulassung sowie eine Herabsetzung der Zahl der geforderten Unterstützerunterschriften zur Registrierung von Kandidaten: So muss die gegenwärtig nicht in der Duma vertretene liberale Partei Jabloko jetzt bis Mitte Januar im ganzen Land zwei Millionen (dann noch auf Echtheit geprüfte) Unterschriften sammeln, damit ihr Kandidat Grigori Jawlinski am 4. März gegen Wladimir Putin zur Präsidentenwahl antreten kann. Das gleiche gilt für den als unabhängigen Kandidaten antretenden Multimilliardär Michail Prochorow.
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Der für die anstehende Wahl zu spät kommenden - Gesetzesnouvelle zufolge bräuchten sie nur noch 100.000 bzw. 300.000 Unterstützer aufzubieten. Analog soll die Unterschriftenhürde bei Regionalwahlen gesenkt werden: Statt gegenwärtig maximal zwei Prozent der Wahlberechtigten sollen 0,5 Prozent ausreichend sein.
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Parteigründung wird leicht gemacht
Größere Auswirkungen auf Russlands politische Landschaft wird hingegen die zweite Medwedew-Initiative haben: Der Präsident sprach sich bei seiner Rede zur Lage der Nation am Donnerstag faktisch für eine Freigabe der Parteienzulassung aus: Statt bisher 50.000 Mitglieder muss eine Partei in Zukunft nur noch 500 Mitglieder aufbieten.
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Einzige weitere Auflage: Beim Gründungskongress müssen aus der Hälfte aller russischen Regionen mindestens zwei Deligierte anwesend sein. Russlands Parteien müssen also weiterhin landesweit organisiert sein.
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Medwedew hat damit völlig unerwartet eine wichtige Forderung der Kreml-Opposition erfüllt. Gegenwärtig hatten in Russland nur noch sieben Parteien eine Zulassung und konnten Kandidaten zu Wahlen aufstellen.
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Die Opposition zersplittert
Nun wird es auch für die im Straßenprotest aktiven Fundamental-Kritiker von Putin und Co. möglich werden, ihre Bewegungen als Parteien zu legalisieren: Wenn ein Antrag von 500 Personen ausreichend sein wird, könnten wir 80 Parteien anmelden, so der Co-Vorsitzende Wladimir Ryschkow von der bisher nicht registrierten Partei Parnas der bisher mit 46.000 Mitgliedern die Zulassung verwehrt wurde.
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Ryschkows Scherz verweist allerdings auf ein offensichtliches taktisches Moment des Kremls bei dieser Reform: Die radikale Opposition, die sich in der Vergangenheit immer nur mühsam zu einigermaßen schlagkräftigen Organisationen und Aktionsbündnissen zusammenraufen konnte, wird bei der nun anbrechenden Zulassungsfreiheit zwangsläufig wieder zersplittern.
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Mit Sicherheit entstehen jetzt gleich mehrere links- wie rechtsradikale sowie liberale Parteien ohne echte Chance auf einen Erfolg bei Wahlen.
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Das eine oder andere lobende Wort wird Medwedew für seinen Vorstoß bei der Demo an Heiligabend wohl bekommen. Er hat damit allerdings nur eine der vier Kernforderungen der Demonstranten erfüllt: Auf Neuwahlen zur Duma und konkrete Schritte zur Aufklärung der Wahlfälschungen hat er sich nicht eingelassen.
Der Präsident kündigte nur vage an, auf Kritik einzugehen und Vorwürfe überprüfen zu lassen. Auch der zur Hass- und Witzfigur der Protestbewegung avancierte Wahlbehörden-Chef Wladimir Tschurow ist weiterhin ungerührt im Amt.
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Offensichtlich hofft das Führungstandem, der Demonstrationseifer und die Wut über die Wahlschiebung werde sich über die anstehenden Feiertage schon irgendwie totlaufen - dabei ist am Samstag auf dem Sacharow-Prospekt mit einer Rekordzahl von Demonstranten im Bereich von 50.000 aufwärts zu rechnen.
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Direkte Gouverneurswahlen - nur wie?
Reale Demokratie-Punkte sammelte Dmitri Medwedew auch mit seiner Ankündigung, dass in Zukunft die regionalen Gouverneure wieder vom Volk gewählt werden sollen. Dafür hatte sich vor kurzem schon Premier Wladimir Putin ausgesprochen der im Gegensatz zu Medwedew allerdings noch einen präsidentiellen Filter bei der Kandidatenauswahl vormerkte.
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Insofern ist momentan noch völlig offen, wie frei und demokratisch in Zukunft die 2004 von Putin abgeschafften Gouverneurswahlen verlaufen werden. Diese noch unausgegorene Reform ist eindeutig eine Reaktion der russischen Machthaber auf die erwachte Proteststimmung. Denn noch im Sommer hatte Medwedew postuliert, dass mit einer Rückkehr zu den Wahlen der Regional-Oberhäupter nicht früher als in zehn Jahren zu rechnen sei.
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Clever: ER hilft ein Übergang auf Direktmandate
Besonders groß ist das Rätselraten in Russlands politischen Kreisen jetzt aber über den überraschendsten Reformvorschlag von Medwedew: Die Duma soll in Zukunft nicht mehr nur nach landesweiten Parteilisten gewählt werden, sondern auch wieder in Mehrheitswahl bestimmte Direktmandate enthalten. Medwedew sprach von der Schaffung von 225 Wahlkreisen.
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Allerdings ließ er dabei offen, ob Russland wieder exakt zum Wahlsystem von vor 2007 zurückkehren wird, als die eine Hälfte der Duma-Abgeordneten direkt und die andere nach Parteilisten gewählt wurde wobei es anders als in Deutschland keine Anrechnung der Wahlkreis-Sieger auf die Sitzzahl entsprechend der Zweitstimmen-Prozente der Parteien gab.
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Möglicherweise plant man im Kreml auch, aus jedem Wahlkreis zwei Abgeordnete ins Parlament zu schicken, so die Zeitung Kommersant heute. Dies würde bedeuten, dass kleinere Parteien faktisch gar keine Chance mehr auf einen Einzug in die Duma hätten.
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Aber auch bei einer Rückkehr zum alten System würde dies bedeuten, dass sich eine in der Verwaltungs- und Businesselite der Regionen so gut verankerte Partei wie das Einige Russland in Zukunft ohne größere Schwierigkeiten eine Mehrheit im Parlament sichern kann.
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Wahlkreis-Abgeordnete als letzte Stütze des Kremls
Selbst wenn angesichts des Höhenflugs der Opposition nur ein Drittel der Listenmandate auf die Kreml-Partei entfallen sollte, dürfte es für ER leicht machbar sein, zumindest in zwei Dritteln aller Wahlkreise ihren Kandidaten zum Sieg zu verhelfen. Denn für ein Direktmandat braucht es ja nicht über 50 Prozent, sondern nur die meisten Stimmen.
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Die ER-Kandidaten in den Regionen müssen dabei nicht mal offiziell Mitglieder der Partei sein. Es reicht ja, wenn sich die Masse der unabhängigen Abgeordneten anschließend der ER-Fraktion anschließt.
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Genau so fand Wladimir Putin vor 2007 auch eine tragfähige Mehrheit in der Duma.
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Baumfreundin 26.12.2011 - 01:53
Alles Gute
wünsche ich Russland und Putin ! Möge das demokratie Geschafele verhallen.
stubengeist 25.12.2011 - 18:04
Heute Russland Morgen die ganze Welt..
Heute Russland Morgen die ganze Welt.. \\\\\\\\r\\\\\\\\n An die Weltrevulutzer der Züchtung.Die nützlichen Idiot?\\\\\\\\r\\\\\\\\nEs ist unklug den russischen Bären aufs Kreuz zu legen, es gibt Schlimmeres.\\\\\\\\r\\\\\\\\n Beschützt die Menschheit vor Chaos und Untergang.\\\\\\\\r\\\\\\\\n http://www.systemknechte.de/\\\\\\\\r\\\\\\\\n Russland Geduld \\\\\\\\r\\\\\\\\n\\\\\\\\r\\\\\\\\nAus vollem Herzen wünsche ich Russland ein gesegnetes neues Jahr in Frieden und Ausgeglichenheit.\\\\\\\\r\\\\\\\\nMeinen deutschen Volk, dessen ich angehöre, alles Gute in Selbstvertrauen und Frieden.Mögen die Anschuldigungen der Vergangenheit angehören,sowie den Weltfrieden über den Grenzen zum Wohle der Menschheit.\\\\\\\\r\\\\\\\\n
jich 23.12.2011 - 14:49
die Wut der um ihre Stimme betrogenen Bürger
Soweit ich mich erinnern kann, sind die Organisatoren der Demo, bestimmte Personen, die vor der Wahl mehrfach für ein Boykott der selbigen aufgerufen haben(Nemzov). Also stellt sich die Frage, um welche Stimmen sollen denn die \"Bürger\" betrogen worden sein?
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