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Reformen und Modernisierung sind wichtig - aber Russlands Nachwuchs noch mehr, erklärt Dmitri Medwedew (Foto: newsru.com)
Reformen und Modernisierung sind wichtig - aber Russlands Nachwuchs noch mehr, erklärt Dmitri Medwedew (Foto: newsru.com)
Dienstag, 30.11.2010

Medwedew mahnt: Die Kinder sind Russlands Zukunft

Moskau. Dmitri Medwedew will Kindern und kinderreichen Familien mehr Schutz und Unterstützung zukommen lassen. Dieser Themenbereich war bei seiner Jahresbotschaft wichtiger als Korruption oder die Außenpolitik.


Schon gar nicht Öl und Gas, auch nicht die Modernisierung der Wirtschaft samt der geliebten Themen Nanotechnologie und Energieeffizienz – nein: Russlands Zukunft hängt vom Wohlergehen und Gedeihen der 26 Millionen Kinder und Jugendlicher im Lande ab. „Dies ist für uns alle die Aufgabe Nr. 1“, sagte Medwedew.

Diese einerseits banale, andererseits aber im politischen Tagesgeschäft doch überraschende Erkenntnis war die zentrale Botschaft in der heutigen jährlichen Ansprache des russischen Präsidenten an die versammelten Parlamentarier von Duma und Föderationsrat.

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„Wir erneuern das Land, die Gesellschaft, unsere Leben und uns selbst. Zum Großteil tun wir alles, was wir tun, für diejenigen, die wir mehr als alle anderen lieben: unsere Kinder. Weil wir wollen, dass sie besser als wir leben, dass sie besser als wir werden, dass sie das tun können, was wir vielleicht nicht schaffen – und dass aus ihrem Erfolg die erfolgreiche Zukunft unseres großen Russlands erwächst“, schloss Medwedew seine über einstündige programmatische Erklärung betont emotionell.

Drittes Kind macht Eltern zu Landbesitzern


Darin war mehrfach davon die Rede gewesen, wie die nachwachsende Generation unterstützt werden könnte: Als nachahmenswert pries das russische Staatsoberhaupt eine Regelung im Gebiet Iwanowo, wo jede Familie bei der Geburt eines dritten Kindes kostenlos ein Grundstück für den Bau eines Hauses oder einer Datscha erhält.

Genauso vorbildhaft sei das Gebiet Uljanowsk, wo Mütter bei der Geburt eines dritten Kindes ein zusätzliches regionales Elternkapital von 100.000 Rubel (ca. 2.450 Euro) erhielten. Auch müssten die Kinderfreibeträge bei der Einkommenssteuer für kinderreiche Familien deutlich erhöht werden, forderte Medwedew.

Drei-Kind-Familie wird neues nationales Ideal


Aus dieser Maßnahmen-Ballung ist schon abzuleiten, dass nun wohl die Drei-Kind-Familie in den Rang eines neuen russischen Ideals erhoben wird. Dies tut umso mehr Not, da – wie Medwedew anmerkte – nun die extrem geburtenschwachen Frauen-Jahrgänge aus der Krisenzeit von Anfang der 90er Jahre ins gebärfähige Alter kommen.

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Weitere Aspekte der Politik rund ums Kind soll eine Steuerbefreiung von Spenden für Kinder, eine bessere staatliche Unterstützung behinderter Kinder, umgerechnet 2,5 Mrd. Euro für den Ausbau der Gesundheitsversorgung von Kindern und der Kampf gegen Suchtgefahren beim Nachwuchs sein.

Lebenslanges Hausverbot für Dealer und Verbrecher


Medwedew forderte, dass verurteilten Gewalttätern und Personen, die Kinder in die Prostitution, Drogengenuss oder Kriminalität gezogen hätten, „ein für allemal“ der Zugang zu Schulen und Kindergärten verboten werden müsse.

Laut Medwedew wurden 2009 etwa 100.000 Kinder in Russland Opfer von kriminellen Handlungen. Und 130.000 Kinder leben noch immer ohne Eltern oder Pflegefamilien in Kinderheimen. „Es ist noch viel zu tun, damit der Begriff ‚verlassene Kinder‘ aus unserem Leben verschwindet“, sagte Medwedew.

Bestechungsgeld x 100 = Geldstrafe


Zweiter Kernbereich der Präsidenten-Botschaft war – dies nun nicht überraschend – der Kampf gegen Korruption und Wirtschaftskriminalität. Medwedew schlug vor, dass in Zukunft nicht nur die Bestechenden und die Bestochenen, sondern auch Mittelsmänner bei derartigen Geschäften hart besttraft werden sollen.

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Da die drohenden Freiheitsstrafen von bis zu 12 Jahren das Übel nicht aufhalten könnten, müsste auch der Rahmen für mögliche Geldstrafen erhöht werden, da diese manchmal effektiver sein könnten: „Strafen in Höhe des hundertfachen Betrages des Schmiergeldes“ sollten im Gesetz verankert werden.

Auch müsste die gesetzliche Grundlage bei der Vergabe von staatlichen Aufträgen modernisiert und überarbeitet werden: „Nach den bescheidensten Schätzungen summieren sich die unzweckmäßigen genutzten Beträge – sei es einfacher Diebstahl, Kommissionen oder Verschwendung – auf 1 Billion Rubel (24 Mrd. Euro)“, so Medwedew.

Europa ist nicht alles: Medwedew betont Russlands pazifische Perspektive


Die Außenpolitik spielt in den Jahresbotschaften in der Regel eine untergeordnete Rolle. Medwedew nahm aber doch Stellung zu den herausragenden Ereignissen der letzten Tage - nämlich die Annäherung an die Nato und die Putin-Initiative einer „Freihandelszone von Lissabon bis Wladiwostok“.

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Medwedew sprach jedoch von einem erstrebenswerten „einheitlichen Wirtschaftsraum in Eurasien, von der Arktis bis zum Stillen Ozean“. Als er dann noch anführte, dass die besondere Priorität der russischen Außenpolitik auf dem GUS-Raum und der darin bestehenden Eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft und des Verteidigungsbündnisses ODKB läge, war klar, dass ihm – anders als Putin – nicht die Verschmelzung Russlands mit der EU, sondern dessen „regionale Integration in den Wirtschaftsraum der Asiatisch-Pazifischen Region“ am Herzen liegt.

In zehn Jahren wieder Wettrüsten?


Die von ihm selbst in Lissabon mit der Nato getroffenen Vereinbarungen über eine „auf gegenseitigem Vertrauen, Transparenz und Vorhersagbarkeit“ gegründete Sicherheits-Struktur erwähnte Medwedew natürlich auch lobend.

Aber er warnte auch: Wenn es der Nato und Russland innerhalb der nächsten zehn Jahre nicht gelänge, sich in der Raketenabwehrfrage zu verständigen, dann drohe der Welt ein neues Wettrüsten - „und wir müssen Entscheidungen über die Stationierung neuer Angriffswaffen treffen“.



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