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Schau mir in die Augen Kleiner. Kein Boxkampf ohne Griff in die Psychotrick-Kiste. (Foto: newsru.ua) Schau mir in die Augen Kleiner. Kein Boxkampf ohne Griff in die Psychotrick-Kiste. (Foto: newsru.ua) |
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Montag, 04.07.2011
Dr. Eisenfaust kann den Haymaker doch nicht ummähenHamburg. Mit noch einem Versuch, die Ära Klitschko zu beenden, ist der Engländer David Haye gescheitert. Wladimir Klitschko, der boxende der beiden Brüder, setzt die Familientradition fort und gewinnt nach Punkten. Es war ein schöner Kampf.
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Sind wir doch mal ehrlich. Das Spannendste an einem Boxkampf, einer Art Gladiatorenmessen zweier halbnackter, schwitzender Männer, muskulös und gut gebaut, die sich gegenseitig mit Inbrunst prügeln - ist und bleibt doch das Ballyhoo im Vorfeld.
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Klappern gehört zum Geschäft
Besonders wenn der 30 Jahre alte Brite David Haye daran beteiligt ist, fallen die markigsten Worte: Er ist wie eine Hyäne und sucht sich nur totes Fleisch, meinte Haye und bettelte irgendwie regelrecht nach der fälligen Ohrfeige.
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Rund drei Minuten stierten sich die Rivalen bei der ersten Pressekonferenz vis-à-vis in die Augen, ehe Hayes Manager Adam Booth mit einem Blatt Papier dazwischen ging und das vorgezogene Duell abbrach. Die angebotene Hand zur Begrüßung schlug der Brite aus und verzog verächtlich das Gesicht. Klitschko versprach, ihn im Ring zu maßregeln.
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Der Provokateur verweigerte danach auch konsequent bei jedem Treffen der beiden den Handschlag. Denn den gäbe es erst wenn ich dich im Krankenhaus besuchen komme. Starke Worte des Engländers zwar, aber so richtig Angst einjagen konnten sie dem Klitschko dann dennoch nicht. Ist er doch sowieso deutlich grösser und hat ganze acht Zentimeter mehr Reichweite in den Armen.
Klitschkos Erziehungsmaßnahmen
Der smarte Ukrainer hat eh ein Problem mit dem Sprücheklopfer, als der sich auf T-Shirts mit den abgetrennten Köpfen der ukrainischen Brüder präsentiert hatte. In der Folge gab es zwischen Wladimir und Vitali Klitschko einen Streit, wer denn jetzt den großmäuligen Briten bestrafen dürfe.
Man einigte sich und Wladimir Klitschko erklärt: "Ich habe extra in den Vertrag schreiben lassen, er muss als erster in den Ring. Wenn ich sehe, er steht drin, komme ich auch raus, vermeldete die Agentur dpa. Ein Duell der Giganten hatte Klitschko ja vor ein paar Jahren bereits platzen lassen. Er kam einfach nicht.
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Ja, es wurde überhaupt recht viel im Vorfeld des Kampfes geredet. Klitschko sprach Haye schlichtweg die nötige menschliche Reife ab. Ich werde dich in die Realität zurückholen, das ist gut für dein Leben.
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Der Brite bezeichnete Klitschko wiederum als beschissenen Esel. Man merkt, leiden können sich die beiden nicht wirklich.
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Ein lohnendes Geschäft
500 Millionen sitzen weltweit vor den TV-Geräten, 50 Kilometer Kabel und 350 Scheinwerfer fiebern mit. Rund 25 Millionen Euro soll das Duell einbringen, die gleichermaßen unter beiden Lagern aufgeteilt werden sollen. "Das ist das aktuelle Nonplusultra im Boxsport", meint Klitschko-Manager Bernd Bönte.
Rentiert hat sich die Angelegenheit für die beiden Kontrahenten auf alle Fälle. Zumal David Haye durch seine Verbaltreffer bereits im Vorfeld für die Quote gesorgt hat. 14,95 Pfund (16,50 Euro) verlangte BSkyB von seinen Zuschauern für die Übertragung des Kampfes, die Iren zahlten tapfer 21,95 Euro ans Pay-TV.
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Wir sitzen in der ersten Reihe...
Wir setzen uns in die erste Reihe und genießen das Schaulaufen der Schönen und Reichen. Mike Tyson erklärt das Spektakel zum Kampf des Jahrhunderts und selbst Box-Legende George Foreman gibt sich die Ehre. Warten auf Haye. Es zieht sich, bis der Brite aus seiner Kabine kommt.
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Haye der dynamische Giftzwerg
Gut 45.000 Menschen im Hamburger Fußball-Stadion haben ihre Fronten schnell geklärt. Etwa 13.000 angereiste Engländer geben sich, sagen wir mal, "very british". Sie betrinken sich reichlich und grölen laut. Ein Feuerwerk begrüßt die Kontrahenten, die Show kann beginnen.
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Der Kleine, also Haye, eröffnet giftig den Kampf. Der Grosse Klitschko hat dafür die längeren Arme. Nach einer Minute sitzt der Haymaker auch schon auf der Hose. Er ist über seine Füße gestolpert. In der Folge versucht er wie wild auf Klitschko einzudreschen. Ein offener Schlagabtausch, es klappert im Karton.
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Zwar macht sich David Haye bei seinen Vorstößen angreifbar, Klitschkos Schläge erzielen dennoch keine Wirkung. Viel zu wendig ist der farbige Engländer, ständig kann er ausweichen. Erst in der 5.Runde gelingt dem Ukrainer die erste verheißungsvolle Kombination. Es ist eine absolut ausgeglichene Angelegenheit.
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Eine ausgeglichene Partie
Selbst im Ringgeschehen kann Haye das Stänkern nicht lassen. Sagen kann er nicht viel wegen seinem Mundschutz. Aber wenn Blicke töten könnten, müsste Klitschko jetzt einfach umfallen.
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Zudem wirkt Haye wie aus Gummi. Während Klitschko noch nach einer Möglichkeit sucht, ihn zu treffen, ist der Brite bereits wieder in Bewegung.
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Duell der Giganten auf hohem Niveau. Wladimir Klitschko vs. David Haye. (Foto: newsru.ua) |
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Mittlerweile blutet der Sympathieträger unter dem Auge. Das Großmaul hat durchaus was auf dem Kasten. Haye landet einfach die härteren Schläge. Der Fight hat von Anfang an ein enormes Tempo. Und der Engländer bewegt sich eindeutig mehr, während er immer wieder geschickt mit seinen Blicken provoziert.
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Klitschko versucht immer wieder, seinen kleineren Gegner von oben auf die Knie zu drücken. Dafür kassiert er folgerichtig einen Punktabzug vom Ringrichter. David Haye agiert taktisch klug, gegen Ende jeder Runde dreht er auf und erhöht die Schlagzahl. Er merkt, dass er Klitschko nicht ausknocken kann und setzt nun auf die Punkte.
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Hohes Niveau bis zum Ende
Ab der 9.Runde trifft Wladimir Klitschko endlich einmal wieder, Haye jedoch hält stand. Klitschko läuft die Zeit davon und er wird aggressiver. In der 11. schafft er es sogar, Haye durch einen effektiven Schlag zum Straucheln zu bringen, so dass er vom Ringrichter kurz angezählt wird.
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Nun blutet der Klitschko auch noch aus der Nase, die Spannung ist auf dem Höhepunkt. George Forman kommt wieder in den Sinn, wir sehen einen Fight wie zu dessen besten Zeiten.
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Die beiden können dieses Tempo bis zum Schluss halten ein toller Kampf! Der finale Gong, wir warten gespannt auf das Ergebnis der drei Punktrichter.
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Nun, am Ende hat es doch nicht ganz gereicht für den markigen Briten mit dem Union Jack auf der Hose. Auch wenn Haye doch eigentlich schöner boxte, Wladimir Klitschko bekommt den begehrten Gürtel und hat soeben den 56. Sieg seiner Karriere nach Hause gefahren.
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Zwar blieb ihm der 50. KO vorenthalten, aber der Titel bleibt fürs Erste in der Familie.
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Eigentlich wird es ja allmählich monoton mit den beiden Klitschko-Brüdern. Und da sind wir dann auch wieder ehrlich, können wir doch froh sein, dass uns zumindest noch das verbale Geplänkel im Vorfeld bleibt.
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