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„Baikonur“, nicht nur eine skurril-poetische Liebesgeschichte, sondern auch ein Gesellschaftsbild. Der Weltraumbahnhof zwischen teurem High-Tech und archaischer Lebensweise in der kasachischen Steppe. (Foto: X-Verleih)
„Baikonur“, nicht nur eine skurril-poetische Liebesgeschichte, sondern auch ein Gesellschaftsbild. Der Weltraumbahnhof zwischen teurem High-Tech und archaischer Lebensweise in der kasachischen Steppe. (Foto: X-Verleih)
Donnerstag, 01.09.2011

Neu im Kino: „Baikonur“ – Ode an den Weltraumschrott

Nürnberg. „Was vom Himmel fällt, darf man behalten“ sagt ein kasachisches Sprichwort. Was aber, wenn einem eine hübsche Weltraumtouristin vor die Füße fällt? Eine skurril-poetische Romanze in deutsch-russischer Co-Produktion.


Das Einsammeln von herabstürzenden Raketenteilen, eben der Weltraumschrott, ist für viele kasachischen Steppenbewohner ein mehr oder weniger einträgliches Geschäft. Die meist schwer belasteten Metalltrümmer lassen sich an Schrotthändler verkaufen und man wartet wieder auf die nächste Rakete.

„Gagarin“ lauscht am Funkgerät


Einen bizarreren Ort als die endlose Steppe in Kasachstan hätte der deutsche Filmemacher Veit Helmers für sein modernes Märchen nicht finden können. Die deutsch-russische Co-Produktion, die seit dem 1.September in den Kinos läuft, widmet sich einerseits dem Alltag der Bewohner, andererseits aber auch deren Träumen und Wünschen.

Iksander (Alexander Asochakov), genannt „Gagarin“, ist einer von ihnen. Er lebt davon, den Funk des nahegelegenen Weltraumbahnhofs Baikonur abzuhören und seinen Mitbewohnern die Absturzstellen zu verraten. Dann macht sich das gesamte Dorf auf den Weg, um die wertvollen Raketenreste abzutransportieren.

Weltraumschrott kann ja so schön sein


Die junge Französin Julie Mahé (Marie de Villepin) nimmt währenddessen an einem Forschungsprojekt als Weltraumtouristin teil. Der Spaß kostet sie 20 Mio. Dollar, dafür treibt sie immer weiter in die Schwerelosigkeit hinaus. An diesem Punkt verdeutlicht der Film eindrucksvoll die unterschiedlichen Welten, die hier aufeinander prallen.

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Jedoch, als die Französin alleine in ihrer Kapsel zur Erde zurückgleitet, fällt sie durch den Aufprall ins Koma. „Gagarin“ Iksander findet diesen etwas anderen „Weltraumschrott“ und nimmt die Touristin, die sich später an nichts mehr erinnern kann, kurzerhand mit zu sich nach Hause.

„Was vom Himmel fällt kann man auch behalten“


So denkt sich das auch Iksander. Während die russischen Offiziellen immer besorgter um den Verbleib der jungen Französin sind, kümmert sich der Funker „Gagarin“ rührend um sie. Er wäscht sie und versucht mehrfach, auf Anraten der Nachbarin Nazira (Sitora Farmonova), sie wach zu küssen. Schließlich erklärt er Julie zu seiner Verlobten.

Die wiederum staunt nicht schlecht, als sie aus dem Koma wieder erwacht. Schließlich hat sie durch den Aufprall das Gedächtnis verloren und irrt seitdem auf der Suche nach einem Faden zu ihrem vorherigen Leben durch die Steppe. Für Julie beginnt die Welt von vorn. Als sie endlich realisiert, was vorgefallen ist, hat Iksander ein Problem.

Präsentierteller für Denkanstösse


Von einer liebreizenden, wundervoll inszenierten Romanze einmal abgesehen, gelang Regisseur und Autor Veit Helmers mit seinem Film vor allem ein ernstes Gesellschaftsbild. Der Widerspruch der Kasachen, die den belasteten Schrott gegen Dosenfleisch eintauschen und der millionenschweren Weltraumtouristin könnte nicht deutlicher sein.

Überhaupt ist es bemerkenswert, dass Helmers in und um Baikonur drehen durfte. Weiträumig war das Gebiet zu Zeiten des „Kalten Krieges“ abgeriegelt. Zeit, endlich eine Dokumentation zu produzieren, die diese endlose und eintönige, aber nicht minder bizarre, Landschaft in ihrer wahren Schönheit zeigt.

Wem nun ein touristischer Weltraumflug (noch) zu teuer ist, kann alternativ eine Reise für mehrere tausend Euro nach Baikonur buchen. Oder sich einfach eine Kinokarte kaufen…



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