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Anna Politkowskaja
Anna Politkowskaja

Anna Politkowskaja:
Die Couragierte

Von Stephanie Prochnow. In russischen Regierungskreisen wird die Journalistin argwöhnisch beäugt. Mehrmals war sie bereits in Haft, wurde vom FSB verhört, erhielt Morddrohungen von Militärs. Trotzdem schreibt Anna Politkowskaja unbeirrt weiter für die unabhängige Moskauer Tageszeitung „Nowaja Gaseta“. Sie ist Korrespondentin in Tschetschenien – und schuf sich mit dieser Arbeit einige Feinde.

„Ich bin überzeugt von dem, was ich tue. Damit bin ich im Einklang mit mir selbst.“

Die gebürtige Moskauerin erzählt in ihren Reportagen vom Leiden der Zivilbevölkerung im Tschetschenienkrieg. Sie berichtet vom Elend der Flüchtlinge, den berüchtigten Säuberungen „Tschistki“, bei denen Menschen verschwinden, von Vergewaltigungen, Folter und Hinrichtungen. All dies hat sie mit eigen Augen gesehen und teilweise am eigenen Leib erfahren müssen.

Anna Politkowskaja lernte das Handwerk der Journalistin an der Moskauer Lomonossow Universität. Nach dem Studium arbeitete sie zunächst bei der Fachzeitschrift „Luftverkehr“. Später wechselte die heute 45-Jährige zu der legendären Perestroika-Zeitung „Obschtschaja Gaseta“, die im vergangenen Jahr eingestellt wurde.

Seit 1994 berichtet die zart wirkende Frau vom Konflikt in Tschetschenien. „Es hat sich eher zufällig ergeben, dass ich dort Korrespondentin wurde“, erzählt Anna Politkowskaja. Weil sie bereits zuvor häufig über Flüchtlinge berichtet habe, fragte ihr Chefredakteur beim Ausbruch, des zweiten Tschetschenien-Krieges 1999, ob sie den Job nicht übernehmen wolle. Mittlerweile ist sie die einzige Journalistin, die das Kriegsgebiet regelmäßig besucht. Fast jeden Monat verbringt sie zehn Tage in Tschetschenien. Ihre dort gesammelten Erfahrungen referiert sie häufig auf Vorträgen in verschiedenen westeuropäischen Ländern – in Frankreich, Dänemark, Deutschland oder Großbritannien.

Im Februar 2001 wären Anna Politkowskaja ihre Nachforschungen beinahe zum Verhängnis geworden. Sie recherchierte im bergigen Süden Tschetscheniens zu Vorwürfen, dass tschetschenische Zivilisten in russischer Gefangenschaft gefoltert würden. Bei diesen Ermittlungen wurde sie von russische Militärs verhaftet. In der Haft, erzählt Politkowskaja, drohten ihr die Soldaten mit Vergewaltigung und Exekution, ließen sie dann jedoch frei.

Bereits im Herbst des gleichen Jahres kamen neue Schwierigkeiten auf die Journalistin zu. Sie hatte sich gegen eine offizielle Position aufgelehnt,(Frage: Gegen wen?) hatte behauptet, dass nicht die tschetschenischen Rebellen den Hubschrauber mit einer Militärkommission abgeschossen hätten, die Kriegsverbrechen aufklären sollte. Die Russen selber hätten diesen Einsatz verhindert. Als Antwort erhielt Anna Politkowskaja Morddrohungen aus den Reihen der Militärs. Sie musste ins Ausland fliehen und blieb ein Jahr in Wien.

Im Oktober 2002 vermittelte die couragierte Journalistin im „Nord-Ost“-Geiseldrama. Für die tschetschenischen Geiselnehmer war sie die einzige akzeptable Ansprechpartnerin auf russischer Seite. Nach dem Sturm auf das Theater, bei dem 129 Menschen ums Leben kamen, war die „Nowaja Gaseta“ Anlaufpunkt für viele Hinterbliebene.

„Die Menschen fühlten sich von uns vertreten.“

Ihre Arbeit hat das Leben von Anna Politkoskaja stark verändert. Sie begibt sich nicht nur selber ständig in Gefahr – auch ihre zwei Kinder wurden bereits bedroht. Ihr Ehemann konnte die Obsession Annas für Tschetschenien nicht mehr aushalten und verließ sie. Ihr Dasein ist dem Kampf gegen die Ungerechtigkeit gewidmet. Vier Bücher hat sie bereits über Tschetschenien veröffentlicht, von denen allerdings drei bisher nur in Frankreich erschienen sind. Diese Arbeit lässt keine Zeit für ein Hobby: „Ich lebe ...

Wenn Anna Politkowskaja nach Tschetschenien reist, dann berichtet sie nicht nur von dem Elend der Zivilbevölkerung. Sie hilft den Menschen, bringt Geld für Operationen und spendet Trost. Doch die durchsetzungsstarke Frau sieht sich nicht als Menschenrechtlerin, sondern als Journalistin.

Kritiker werfen ihr hingegen vor, nicht objektiv zu berichten. So schreibt die Süddeutsche Zeitung über Politkowskajas im Frühjahr 2003 in Deutschland erschienenes Buch „Tschetschenien – die Wahrheit über den Krieg“: Sie vernachlässige „tschetschenische Kriminelle und islamische Kampfeinheiten“. Doch die Anerkennung für Anna Politkowskajas journalistische Arbeit überwiegt. 2001 erhielt sie vom russischen Journalistenverband den „Golden Pen Award“. Ein Jahr später wurde sie mit dem “Courage in Journalism Award“ ausgezeichnet und in diesem Jahr nahm Anna Politkowskaja den „Preis für Journalismus und Demokratie“ der OSZE in Empfang.

Im Vorfeld der Frankfurter Buchmesse gab es Gerüchte und Diskussionen darüber, dass Anna Politkowskaja von russischer Seite von der Teilnahme ausgeschlossen worden sei. Gemeldet hatten das in einem Rundschreiben der Internationale und Europäische Journalistenverband. Die Frankfurter Organisatoren der Messe dementierten diese Meldung. Politkowskaja habe nur keinen Sponsor für ihren Flug gefunden. Die Autorin bestätigte lediglich, dass sie definitiv nicht nach Frankfurt kommen wird und ist diese Diskussion leid. (sp/.RUFO)

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Ein alter US-Straßenkreuzer in Havanna? Weit gefehlt: Hier handelt es sich um eine piccobello restaurierte sowjetische Tschaika-Limousine (GAZ 13) in St. Petersburg. (Topfoto: Deeg/.rufo)

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