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Präsident Medwedew stellt sich ein letztes Mal den Fragen der Fernseh-Journalisten. (Foto: TV)
Präsident Medwedew stellt sich ein letztes Mal den Fragen der Fernseh-Journalisten. (Foto: TV)
Donnerstag, 26.04.2012

Medwedew mit Rundumschlag im Abschieds-Interview

Moskau. Dmitri Medwedew hat am Donnerstag sein letztes Live-Fernsehinterview gegeben. Erstmals waren nicht nur Staatssender dabei, wodurch die Atmosphäre lockerer und kontroverser war als bei ähnlichen früheren Auftritten.

Bei Russland-Aktuell
• Russen vertrauen Polizei genauso wenig wie Miliz (08.11.2011)
• Experten: Milizreform ist schon jetzt gescheitert (30.05.2011)
Außer den „üblichen Verdächtigen“ ORT (Erster Kanal), Rossija und NTV waren am Donnerstag im Fernsehzentrum Ostankino in Moskau erstmals REN-TV und der der Opposition nahestehende Sender „Doschd“ (Regen) beteiligt. Geladen war jeweils ein Journalist von jedem Kanal.

Polizei: “Eine Handvoll Schurken“


Gleich zu Beginn kam die Frage zur Miliz-Reform aufs Tapet, die viele Russen schon jetzt als gescheitert ansehen. Medwedew warnt vor überzogenen Erwartungen: „Keiner kann erwarten, dass innerhalb eines halben Jahres eine neue Polizei auftaucht.“ Und: Es sollte nicht die ganze Polizei nach „einer Handvoll Schurken“ beurteilt werden, die das Image kaputtmachten.

Bei Russland-Aktuell
• Time: Nawalny gehört zu den 100 Einflussreichsten (19.04.2012)

Verteidigung: „Geld nicht gedankenlos ausgeben“


Weiter ging es zum Thema Armee und Verteidigung. Medwedew verteidigt die hohen Militärausgaben (20 Trillionen Rubel bis 2020), spricht sich aber gegen eine Vernachlässigung anderer Sphären wie Bildung und Gesundheit aus: „Ich habe nie gesagt, dass die Armee Priorität vor der Bildung hat oder umgekehrt.

Ich habe nur davon gesprochen, dass unsere Streitkräfte reformiert werden müssen. (…) Dafür sind diese großen Summen gedacht.“ Es müssten 50-70 Prozent der Bewaffnung erneuert werden, so Medwedew. Dabei sollten die Gelder nicht „gedankenlos“ ausgegeben werden.

Korruption: “Aus Nawalny keine Ikone machen“


Auf den Vorwurf aus dem Saal, der so groß annoncierte Kampf gegen die Korruption hätte nichts gebracht, entgegnete der Noch-Präsident, keiner habe „ein Patent“ in dieser Frage. Der gesellschaftliche Druck sei notwendig, aber man solle „aus einzelnen Persönlichkeiten keine Ikone machen“ – ein Wink in Richtung des populären Bloggers und Anti-Korruptionskämpfers Alexander Nawalny.

Bei Russland-Aktuell
• Chodorkowski schreibt Programm für Sozialdemokraten (25.04.2012)
• Chodorkowski will kein Begnadigungsgesuch einreichen (23.04.2012)
„Es ist möglich und nötig, sich auf soziale Aktivisten zu stützen, aber ich rate nicht, aus irgendwem eine Ikone zu machen.“ Unter ihnen gebe es genug, die „nur politisches Kapital herausschlagen wollen“.

Chodorkowski: „Keine Begnadigung gegen den Willen des Betroffenen“


Natürlich kam die Frage nach einer eventuellen Begnadigung von Ex-Yukos-Chef Michail Chodorkowski zur Sprache. Medwedew antwortete kurz und bündig: „Ohne Antrag kann über eine Begnadigung nicht entschieden werden.“

Man könne von Barmherzigkeit sprechen, aber entscheidend sei der Wille des Verurteilten. Chodorkowskis Anwälte hatten erst unlängst ein Begnadigungsgesuch ausgeschlossen.

Der Tausch im Tandem: Ziel erreicht


Der angestrebte Ämtertausch zwischen ihm und Wladimir Putin hat laut Medwedew sein „politisches Ziel“ erreicht, nämlich den Sieg bei den Präsidentenwahlen. Medwedew mag aber den Begriff „Ämtertausch“ nicht – richtig müsse es heißen: „Putin hat die Wahl zum Präsidenten gewonnen.“

Bei Russland-Aktuell
• Putin wird Parteivorsitz bei „Einiges Russland“ abgeben (24.04.2012)
• Einiges Russland auf der Suche nach neuem Leitwolf (18.04.2012)

Der Parteieintritt: Eine Spitze gegen Putin


Zum bevorstehenden Parteivorsitz bei „Einiges Russland“ sagt der scheidende russische Präsident, er werde „den Vorschlag annehmen, wenn er eintrifft“. Außerdem wolle er, wenn er an die Spitze der Kremlpartei tritt, auch deren Mitglied werden.

An dieser Stelle erlaubte Medwedew sich eine kleine Spitze gegen seinen Tandems-Partner Putin: Er finde es nicht richtig, wenn der Vorsitzende einer Partei nicht gleichzeitig Mitglied ist. Putin hatte Einiges Russland jahrelang ohne Parteiausweis geleitet.

Eine Woche in der Öffentlichkeit


Die heutige Livesendung war übrigens der Ersatz für die traditionelle „Jahresabschluss-Fragestunde“, die für Dezember 2011 geplant war und wegen der anstehenden Wahlen auf das Frühjahr verschoben wurde.

Medwedew absolviert in dieser Woche, bevor er am 7. Mai aus dem Präsidentenamt scheidet, eine ganze Reihe öffentlicher Auftritte: Dienstag hat er sich mit einer Rede vom Staatsrat verabschiedet und am morgigen Freitag steht ein Treffen mit der Führung von Einiges Russland bevor.



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