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Der Prozess um die Milliardäre Chodorkowski und Lebedew ist kein Thema mehr für die Oligarchen-Gewerkschaft (Foto: www.newsru.com)
Der Prozess um die Milliardäre Chodorkowski und Lebedew ist kein Thema mehr für die Oligarchen-Gewerkschaft (Foto: www.newsru.com)
Dienstag, 16.11.2004

Kongress der besiegten Oligarchen in Moskau

Von Alexej Dubatow, Moskau. „Russische Geschäftsleute müssen sich zur Gewohnheit machen, ihre Steuern zu zahlen, statt nach Wegen der Steuerflucht zu suchen“, erklärte Präsident Wladimir Putin am Dienstag vor rund 1200 Delegierten des 14. Kongresses des russischen Unternehmerverbandes in Moskau. Der Staat müsse seinerseits gewissenhafte Geschäftsleute beschützen.

Große Prozesse im Wirtschaftsbereich, auch solche unter dem Vorwurf der Steuerhinterziehung, dürfen und sollen nicht als Signal dafür dienen, in jedem neuen Unternehmen eine Bedrohung der Staatsinteressen zu sehen, sagte Putin.

Der Präsident nahm das Wort „Yukos“ nicht in den Mund. Alle Versammelten wussten aber sehr wohl, welche Gerichtsprozesse gemeint waren. Der Russische Insutriellen- und Unternehmerverband, in dem sich einst die reichsten Männer des Landes zusammengeschlossen hatten, wurde in der Presse nicht umsonst spöttisch „Oligarchengewerkschaft“ getauft. Jetzt sprachen Russische Zeitungen von einem „Verliererkongress“. Vor einem Jahr versuchten die Oligarchen noch, sich für den verfolgten Ölriesen einzusetzen. Heute wagte niemand mehr Widerrede.

Eine liberale Rede ohne Blick auf die Wirklichkeit

Man werde die Präsidenteninitiativen nicht besprechen, sondern sie unterstützen, erklärte der Verbandspräsident Arkadi Wolski. Er meinte Putins umstrittene Staats-Reform. Die Grundorganisationen des Unternehmerverbandes hätten sich bereits dafür ausgesprochen, so Wolski. Proteste hätten sowieso keinen Sinn gehabt. „Es war von vornherein klar, dass der Präsident eine liberale, vernünftige Rede halten wird“, hieß es in einem Kommentar der „Moskowski Komsomolez“. Es sei aber auch klar gewesen, dass deren Inhalt mit den realen Vorgängen in Politik und Wirtschaft wenig zu tun haben werde.

Zu Beginn seiner ersten Amtszeit hatte Putin einzelne einflußreiche Unternehmer im Kreml empfangen, sie um Rat gefragt und einige Anregungen, etwa Steuersenkungen, tatsächlich in seiner praktischen Politik umgesetzt. Später traf er mit dem Verbandsvorstand zusammen. Der Kreis wurde immer größer. Zu den letzten Treffen wurden alle „befreundeten“ Unternehmer eingeladen. Zum ersten Mal kam Putin schließlich vor einem Jahr zum Unternehmerkongress. Damals wartete man darauf, ob er ihnen drohen oder Unantastbarkeit garantieren würde.

Den Oligarchen die Windeln wechseln

Das zurückliegende Jahr habe gezeigt, dass die Landesführung ihren „selbstauferlegten vegetarischen“ Stil vollends aufgab, schrieb der „Moskowski Komsomolez“. Man wisse inzwischen, dass nicht nur Yukos geschluckt werden soll. Heute sei niemand mehr vor dem behördlichen Zugriff sicher, Garantien hin oder her. Deshalb hätten die Unternehmer darauf gewartet, ob Putin überhaupt zu dem Kongress erscheint. Im letzten Moment erst habe er zugesagt. Wäre er nicht gekommen, so wäre es ein ganz böses Zeichen für alle gewesen. So aber würden die Unternehmerkongresse nur dazu dienen, „bei den Oligarchen die Pampers auszuwechseln“, so die Zeitung.

Bei Russland-Aktuell
• Putin trifft sich mit Russlands Geschäftswelt (30.06.2004)
• Chodorkowski Prozess verlegt (16.06.2004)
• Regierung will weitere 2,4 Mrd. Euro von Yukos (23.08.2004)
• Chodorkowski bleibt in U-Haft bis Februar (02.11.2004)
• Putin-Vertrauter leitet Aufsichtsrat von Rosneft (28.07.2004)
So widmeten die Kongress-Delegierten den Rest der Zeit technischen Problemen wie der korporativen Verwaltung. Laut Präsident Wolski sollten drei „sehr wichtige“ Dokumente angenommen werden. Nur zaghaft klagten die Unternehmer über die fortschreitende Kapitalflucht, die 1,7 Millionen US-Dollar pro Stunde erreicht habe, und über fehlende Investitionen. Dass das mit der Yukos-Affäre zu tun haben könnte, blieb unerwähnt.

(adu/.rufo)


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