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Ausgebrannte Trümmer: Die Tu-134 zerschellte beim Anflug durch Regenwolken auf Petrosawodsk (Foto: Vesti)
Ausgebrannte Trümmer: Die Tu-134 zerschellte beim Anflug durch Regenwolken auf Petrosawodsk (Foto: Vesti)
Dienstag, 21.06.2011

TU-Anflug im Nebel: Karelien-Crash ähnelt Smolensk

Petrosawodsk. Der Absturz in Karelien hat Parallelen mit dem Crash des polnischen Regierungs-Jets in Smolensk 2010. Diesmal gab es allerdings einige Überlebende – weil Augenzeugen sie schnell aus dem brennenden Wrack zogen.

Eine Tupolew bei sehr schlechten Sichtverhältnissen im Anflug auf einen russischen Provinzflughafen, ein Fluglotse, der vergeblich von der Landung abrät: Die Maschine kommt vom Anflugweg ab, streift Bäume – und zerschellt.

Parallelen und Unterschiede zum Kaczynski-Absturz


Was sich in der Nacht auf Dienstag im nordrussischen Karelien ereignete, erinnert in vielen an den fatalen Absturz einer Tu-154, der polnischen Präsidenten-Maschine von Lech Kaczinski, im April 2010 bei Smolensk.

Diesmal war es allerdings kein VIP-Transport mit auf ihren Terminplan versessenen Politikern an Bord, sondern eine ganz normaler Flug im innerrussischen Verkehr: Die Tupolew-134 kam vom Flughafen Moskau-Domodedowo und steuerte gegen 23.40 Uhr über den Wäldern Kareliens den kleinen Flughafen der regionalen Hauptstadt Petrosawodsk an.

Das Wetter war zu diesem Zeitpunkt miserabel: Tiefhängende Regenwolken schluckten die Sicht und auch das Tageslicht, das während der „Weißen Nächte“ auch um diese Zeit so weit im Norden noch reichlich vorhanden ist.

Tower-Mann: Ich habe zum Durchstarten geraten


Der Fluglotse sagte gegenüber einer russischen Internetzeitung, dass er angesichts einer Sichtweite von nur 2.100 Metern und des Nebels den Piloten aufgefordert habe, den Anflug abzubrechen und es ein zweites Mal zu versuchen.

Doch der Pilot erklärte, er wolle die Maschine dennoch herunterbringen. „Ich kann nicht sagen, dass man auf dem Flugplatz gar nichts gesehen hätte. Das nennt man minimale Sichtverhältnisse. Im Prinzip kann man unter diesen Bedingungen einen Jet landen“, so Lotse Sergej Schmatkow. Seinen Worten zufolge meldete sich der Pilot das letzte Mal im Endanflug, als er 6.600 Meter von der Piste entfernt war – mit den Worten, er sei auf Kurs. 700 Meter vor der Piste schlug die Maschine dann auf.

Der Pilot habe bis zuletzt visuell nach der Piste gesucht und sei dabei nach rechts vom Kurs abgekommen, erklärte der russische Vizepremier Sergej Iwanow auf dem Luftfahrtsalon in Paris. „Ich möchte den Untersuchungen nicht vorgreifen, aber nach den äußerlichen Daten ist ein Fehler des Piloten bei schlechten Wetterbedingungen offensichtlich“, sagte der auch für die Luftfahrt zuständige Putin-Stellvertreter.

Blackout auf der Runway - wegen des Absturzes


Zunächst war die Version verbreitet worden, ein kurzfristiger Ausfall der Landebahnbeleuchtung hätte das Unglück verursacht. Doch dann stellte sich heraus, dass dies nicht Ursache, sondern Folge des Absturzes war: Die Maschine hatte Sekunden vor dem Aufprall eine Stromleitung abgerissen, worauf die Runway-Lampen verloschen. Drei Sekunden später hätte sich auf dem erst vor kurzem sanierten Flughafen eine Notbeleuchtung eingeschaltet, doch zu diesem Zeitpunkt ging die Tu-134 schon in Flammen auf.

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• Flugzeugabsturz in Karelien: 44 Tote, acht Verletzte (21.06.2011)
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• Moskauer Flughäfen verbieten sowjetische Donnervögel (27.05.2011)
• Kaczynski-Absturz: Menschliches Versagen als Ursache (12.01.2011)
• Schock für Polen und Russland: Präsidenten-Jet abgestürzt (10.04.2010)
Das Flugzeug stürzte auf eine Straße, die quer zur Landebahn verläuft und schlitterte an einem Waldrand entlang. Die letzten Wrackteile kamen nur 20 Meter von den Häusern einer Datschensiedlung entfernt zum Stehen. Gebäude und Bewohner kamen wie durch ein Wunder nicht zu Schaden.

In dem völlig zerfetzten Flugzeug kamen jedoch 44 Menschen ums Leben, darunter ein Schwede und zwei Ukrainer. Auch waren eine vierköpfige Familie mit russisch-amerikanischer Doppelstaatsbürgerschaft sowie ein deutsch-russischer Doppelbürger an Bord. Unter den acht Überlebenden ist nur ein Besatzungsmitglied, eine Stewardess.

Beherzte Anwohner als Lebensretter


Auch eine dreiköpfige Familie von der Fernost-Insel Sachalin, ein zehn Jahre alter Junge und seine 14-jährige Schwester sowie ihre Mutter, kamen mit dem Leben davon – vermutlich, weil einige Anwohner beherzt sofort Menschen aus den Trümmern zogen: „Es war eine Frau oder ein Mädchen, sie war leicht, ich konnte sie ohne Weiteres auf den Händen raustragen. Dann trugen wir einen großen Mann hinaus. Er hieß Sergej. Uns hat noch ein dritter Mann geholfen. Dann trugen wir noch zwei Leute raus.

Aber mehr haben wir nicht geschafft, es begannen Explosionen und alles brannte“, berichtete ein sichtlich mitgenommener Lebensretter im russischen Fernsehen. Die Boulevardzeitung „Komsomolskaja Prawda“ rief auf ihrer Webseite dazu auf, den in der Fernsehreportage anonym gebliebenen Mann zu identifizieren, damit man ihm danken könne.

Die Zeitung schrieb, dass im Internet wahrscheinlich noch ein Dutzend Videos auftauchen werden, die von Männern gedreht wurden, „die sich auf der Suche nach dem besten Blickwinkel hinhockten, während dieser namenlose Held sich in den Bauch des geborstenen Flugzeuges warf“.

Abgestürzte Alt-Maschine gehörte VIP-Airline


Die Unglücksmaschine mit Platz für 68 Passagiere war bereits 31 Jahre alt, soll aber in einwandfreiem technischem Zustand gewesen sein, erklärte die Fluggesellschaft „RusAir“. Auch habe sie genug Treibstoff an Bord gehabt, um auf einem Ausweichflughafen zu landen.

„RusAir“ ist eigentlich ein auf VIP-Transporte spezialisierte Fluggesellschaft mit nobel möblierten Jets, doch betrieb sie bislang auch drei der schon reichlich altertümlich wirkenden Tu-134 in Standard-Bestuhlung. Den Flug nach Petrosawodsk erledigte die Firma im Auftrag der Airline „RusLine“.

Am Dienstag Abend traf in Moskau ein Sanitäts-Flugzeug des Katastrophenschutzes ein, mit dem fünf der Überlebenden in Moskauer Kliniken verlegt wurden.



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