Mittwoch, 11.01.2012
Straßburg verpflichtet Russland zu humanerer U-HaftStraßburg. Der Europäische Menschenrechts-Gerichtshof hat Russland zu einer Verbesserung der Bedingungen in den Untersuchungs-Haftanstalten verpflichtet. Dem Gerichtsentscheid liegen die Erfahrungen von 90 Klagen wegen unmenschlicher Haftbedingungen zugrunde.
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Die sogenannte Pilot-Entscheidung wurde nach der Verhandlung von drei weitern Fällen getroffen, in denen sich russische Bürger über die Verhältnisse in der U-Haft beschwert und vom russischen Staat Schadensersatz gefordert hatten.
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Einer der Kläger, der 16.000 Euro zugesprochen bekam, war in Smolensk 2007 zwei Monate lang in einer 15-Quadratmeter-Zelle festgehalten worden, in der sich 20 Personen aufhielten.
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Ausgelegt war die Zelle auf die Unterbringung von 13 Häftlingen wobei selbst nach russischen Normen jedem Häftling vier Quadratmeter Zellenfläche zustehen sollten. Nach internationalen Normen sollten es acht Quadratmeter sein.
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Der Menschenrechts-Gerichtshof nahm mit seiner Entscheidung Russland in die Pflicht, für eine grundsätzliche Lösung des Problems zu sorgen - und zwar nicht nur durch den Bau von neuen Gefängnissen.
Das Gericht wies darauf hin, dass in 90 Prozent aller Fälle von der russischen Justiz eine beantragte Untersuchungshaft gebilligt und in 98 Prozent aller Fälle auch verlängert werde.
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Dabei sollte U-Haft nach Überzeugung des Gerichtes nur die Ausnahme und nicht die Regel sein. Zu verhängen sei sie nur bei Verdächtigen, denen Gewalttaten vorgeworfen würden.
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Menschenwürdige Haftbedingungen würden auch bedeuten, dass dieToiletten in den Zellen einen Sichtschutz durch Vorhänge oder Zwischenwände erhielten, während an den Fenstern Maschendraht unzulässig sei, da er zu viel Sonnenlicht abhalte. Außerdem müssten die Leiter von U-Haftanstalten das Recht bekommen, die Aufnahme von Gefangenen unter Hinweis auf Überfüllung abzulehnen.
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Russische Anwälte bezweifeln allerdings, dass die Straßburger Entscheidung in der Lage sein könnte, die haarsträubenden Verhältnisse in den Gefängnissen zu bessern.
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2009 hatte allerdings die erste Pilot-Entscheidung gegen Russland dazu geführt, dass bereits im nächsten Jahr ein Gesetz über die Entschädigung von Personen erlassen wurde, die Opfer von nicht umgesetzten Gerichts-Entscheidungen wurden.
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