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Was will Sunnyboy Prochorow in der Politik? Fragen über Fragen. (Foto: TV) |
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Montag, 30.05.2011
Kreml-Schachspiele: vom Yo-Mobil zur liberalen Yok-ParteiGisbert Mrozek, Moskau. Erst nannte er es einen Aprilscherz, dass er die Liberale Partei anführen wolle. Es war die Sensation des Monats. Warum will der Multimilliardär ein politisches Bad Business übernehmen?
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Es gibt eigentlich niemanden in Moskau, der dem Multimilliardär Prochorow zutraut, dass er die Liberale Kremlpartei "Rechte Sache" zum Wahlerfolg führen könnte. Wofür braucht Sonyboy Prochorow dieses Bad Business? Wer oder was ist da in ihn gefahren?
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Prochorows Ankündigung, er wolle den Vorsitz der abgewirtschafteten liberalen Splitterpartei übernehmen, war die politische Sensation des Monats. Erst hatte er Meldungen darüber einen Aprilscherz genannt. Doch dann erklärte er, seine Frau habe ihn umgestimmt. Es war die Sensation des Monats.
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Traum von verfassungstreuer Konkurrenz zu ER
Die meisten Moskauer Beobachter sind sich allerdings einig, dass es wohl eher doch nicht Prochorows Frau, sondern der Kreml-Stratege Wladislaw Surkow war, der Prochorow einen Vorschlag gemacht hat, den er nicht ablehnen konnte. Aus irgendwelchen Gründen.
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Surkow träumt im Rahmen seiner Strategie der gelenkten Demokratie schon lange von einem Mehrparteiensystem, in dem es neben der Regierungspartei "Einiges Russland" auch noch ordentlich sortiert jeweils eine systemtreue (verfassungstreu, würde man in Deutschland wohl sagen) linke und rechte Partei geben soll.
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Rechte Sache kann ein Milliardengrab werden
Die "Rechte Sache" führte allerdings nur ein Schattendasein, da schien es wohl genau der richtige Schachzug zu sein, dieser einen mächtigen Nachbrenner aufzusetzen. Ist es doch in Russland und vor allem im Kreml gängige Meinung, dass alles käuflich ist, dass also eine Partei mit einem Multimilliardär als Vorsitzendem sofort attraktiv werden würde.
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Die "Rechte Sache" aber könnte sich für Prochorow schnell zu einem Milliardengrab entwickeln, denn das Image der Looserpartei von Kremls Gnaden lässt sich auch durch noch so viel Re-Branding nicht im Laufe weniger Monate bis zu den Duma-Wahlen abwaschen und durch ein neues Profil ersetzen.
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Wer steigt mit ins lecke liberale Boot?
Bisher jedenfalls gehört Partylöwe Prochorow nicht zu den politischen Schwergewichten, auf die das liberale Lager (dem durchaus 15 Prozent zuzutrauen wären) hören würde, auch wenn er selbst auch noch so integer wäre und die besten Berater einkaufen könnte.
So sollen schon die angesehene Producerin Natalia Sindejewa und der schwerreiche Geschäftsmann Dymow Prochorows Einladung, in der Partei mitzuwirken, abgelehnt haben.
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Prochorow, so heisst es, habe nun auch dem Oligarchen Kerimow einen Antrag gemacht. Bisher ist noch nicht klar, ob Kerimow in dieses lecke liberale Boot einsteigen möchte. Wahrscheinlich ist es aber nicht.
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Kurz und gut, es könnte sein, dass Prochorow-Partei mangels Resonanz schnell wieder aufgegeben werden muss. Schließlich ist nicht jedes Prochorow-Projekt erfolgreich. So scheint die von ihm gegründete MFK-Bank dieser Tage vor dem Aus zu stehen. Und Prochorows Lieblingsprojekt des Hybridautos, das Yo-Mobil läuft bisher auch nur in der Virtualität des Internets.
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Jede Menge offene Fragen
Es könnte gut sein, dass sich zum Yo-Mobil bald eine Yok-Partei gesellt (Yok ist auch im Russischen ein Begriff für das nicht Vorhandene). Stellt sich nur die Frage: was ist eigentlich in Prochorow gefahren, dass er dieses Bad Business übernehmen wollte?
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Ist es sein Ausstieg aus der Wirtschaft, weil er dort keine Perspektive mehr sieht? Oder ist die teils selbstgemachte Demontage der Yo-Partei in Wirklichkeit Prochorows Strategie, ein ungewolltes Politprojekt möglichst schadlos abzutreiben?
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Die Frage ist offen. Und Hoffnung für den Politplayboy gibt es auch noch. Wollen doch, so die Moskauer Gerüchteküche, demnächst die umstrittene Primaballerina Anastasia Wolotschkowa und die TV-Starmoderatorin Tina Kandalaki der Partei beitreten. Und die Girl-Group "Serebro" (Silber).
Die russische Übersetzung dieses Artikels ist hier >>>
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