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Londoner Pokerpartie: Putins Intimfeind Boris Beresowski will sich an Abramowitsch schadlos halten - und hat ihn verklagt (Foto: newsru.com)
Londoner Pokerpartie: Putins Intimfeind Boris Beresowski will sich an Abramowitsch schadlos halten - und hat ihn verklagt (Foto: newsru.com)
Mittwoch, 02.11.2011

Oligarchen kämpfen international um Milliarden

Moskau/London. Früher flogen die Kugeln, heute die Klagen: Russlands Oligarchen haben Gerichte in aller Welt als Arena für den Kampf um Macht und Milliarden entdeckt - wobei manche Klage auch zum Rohrkrepierer wird.

Das Ganze hat hohen Unterhaltungswert, außer für die einen oder anderen westlichen Geschäftspartner, die mitzittern müssen: Ein halbes Dutzend russischer Oligarchen beschäftigt mittlerweile Gerichte in aller Herren Länder mit Prozessen gegeneinander, wobei es oft auch zu überraschenden Kombinationen kommt.

Dabei streitet man anscheinend umso heftiger und rücksichtsloser, je höher einerseits die Einsätze sind und je näher sich andererseits die Beteiligten der Pleite fühlen.

London: Beresowski vs. Abramowitsch


So beschäftigt sich Exil-Oligarch Boris Beresowski im Moment in London damit, gegen seine alten Bekannten Roman Abramowitsch und Oleg Deripaska zu klagen. Beresowski wird von der russischen Staatsanwaltschaft daheim des Millionenbetruges und einiger weiterer Todsünden beschuldigt. Unter anderem soll er Aeroflot-Devisen an seine Firma Andava in der Schweiz übertragen haben.

Bei Russland-Aktuell
• Deripaska wird FBI-Informant, um US-Visum zu bekommen (31.10.2011)
• Pokerrunde um die russischen Nickel-Profite beendet (28.10.2011)
• Krise: Alu-König Deripaska drückt auf die Sparbremse (26.10.2011)
• Abramowitsch-Anwälte gegen Exil-Oligarch Beresowski (04.10.2011)
• Forbes: Aluminiumbaron Deripaska ständig nur auf Pump (10.10.2011)
In London nun will er von Abramowitsch gleich 50 Prozent des Gewinns des russischen Ölkonzerns Sibneft einklagen. Das sei seinerzeit so vereinbart worden, weil Abramowitsch ohne Beresowskis Hilfe im Jelzin-Familienclan nie in den Besitz der sibirischen Ölquellen gekommen wäre - was Abramowitsch am Montag auch nicht bestritt. Aus reiner Dankbarkeit habe er seinem Mentor darum im Jahre 2001 insgesamt 1,3 Milliarden Dollar überschrieben, sagte Abramowitsch.

Insgesamt will sich Beresowski aber von Abramowitsch und Deripaska 5,5 Milliarden US-Dollar für seine ehemaligen Anteile an Sibneft und Rusal auszahlen lassen - womit der Putin-Erzfeind, der einst hohe Ausgaben für seine Intrigen um die Macht im Kreml zu bestreiten hatte, zunächst einmal saniert wäre.

Altes Palaver über die Mafia bei Rusal


Wie verworren die Besitzverhältnisse und Beziehungen der russischen Oligarchen sind, belegt auch der Mitschnitt eines Gespräches zwischen Beresowski und Abramowitsch auf dem Pariser Flughafen, in dem es um Anteile am Alu-Konzern Rusal von Oleg Deripaska ging.

Das Gespräch sei im Jahre 2000 heimlich von dem mittlerweile in London unter merkwürdigen Umständen verstorbenen georgischen Multi-Millionär Badri Patarkazischwili aufgezeichnet worden. In dem Gespräch ging es unter anderem auch darum, dass am Rusal-Konzern einige stadtbekannte Moskauer Mafiagrößen beteiligt waren, die namentlich genannt wurden, berichtet die britische Sunday Times.

London II: Tschorny vs. Deripaska


Unangenehm für Oleg Deripaska könnte auch ein neuer Prozess in London werden, den der ehemalige Aluminium-Baron Michail Tschorny angestrengt hat. Tschorny (oft auch Cherny geschrieben) behauptet, Deripaska habe ihn mit Betrug und Gewalt aus dem Aluminium-Geschäft verdrängt.

Die Beweise werde er dem Gericht vorlegen, kündigte Tschorny jetzt an. Im Kampf um die riesige Aluminium-Hütte im sibirischen Krasnojarsk, die heute Deripaska gehört, hatte es auch Tote gegeben.

Diese Aussichten könnten auch Partnern Deripaskas in der Schweiz die Sorgenfalten auf die Stirn treiben, so beim Bergbaukonzern Xstrata oder beim Rohstoffhändler Glencor, zumal Deripaska wegen hoher Schuldenberge inzwischen zu massiven Sparmaßnahmen, Teilverkäufen und Personalabbau in seinem Konzern gezwungen ist.

Deripaska scheint nach einem rasanten Aufstieg in den 90iger Jahren, als er sogar in die Jelzin-Familie einheiratete, inzwischen tatsächlich vom Glück verlassen zu sein. Im Gespräch ist inzwischen sogar, dass er seinen 25-Prozent-Anteil an seiner letzten Profitquelle, dem Edelmetallkonzern Norilsk Nickel, verkaufen müsse.

Schweiz: Deripaska vs. Potanin


Seine Klagen vor Gerichten in London, den USA und der Karibik, mit denen er seit einem Jahr seine Positionen im Konzern gegen seinen Gegenspieler Wladimir Potanin absichern wollte, scheiterten bisher alle. Auch eine neue Klage, die er in der Schweiz gegen eine Aktienrückkaufaktion der Norilsk-Nickel-Konzernspitze anstrengen wollte, wurde dieser Tage von der Bundesanwaltschaft gar nicht erst angenommen.

Erfreulich für den vom Abstieg bedrohten Multi-Milliardär war in den letzten Wochen nur, dass er endlich ein US-Visum erhielt. Das FBI habe das Außenministerium überredet, endlich die Augen wegen mutmaßlicher alter Mafia-Kontakte zuzudrücken. Schließlich habe Deripaska zugesagt, mit den US-Geheimdiensten zusammenzuarbeiten, berichtet das Wall Street Journal.

Dass die russischen Oligarchen-Kriege sich inzwischen auf internationaler Bühne vor Gericht abspielen, belegt jedenfalls, wie weit Russlands Big Business mittlerweile schon in die zivile Welt integriert ist. Tatsächlich ist es besser, wenn Klageschriften anstelle von Kugeln fliegen.



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