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Statt um die Macht kämpft Ex-Premier Kassjanow zunächst um seine Datsche (Foto: Djatschkow/.rufo) |
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Montag, 11.07.2005
Liberale Gallionsfigur oder Mischa-2-Prozent?Gisbert Mrozek, Moskau. Die russischen Liberalen haben ein Problem. Jedem, der sich ihnen als integere Integrationsfigur aufdrängt, wird Betrug angehängt. So auch Michail Kassjanow, Spitzname „Mischa-2-Prozent“.
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Das Interpretationsmuster für viele liberale Kommentatoren fällt unisono in etwa so aus: Aufrechter Wirtschaftsliberaler und Oppositionsführer, der Putin und seinem Clan bei den kommenden Präsidentschaftswahlen Paroli bieten könnte, wird Opfer von politisch motivierten polizeilichen Nachstellungen. Wie vorher schon Michail Chodorkowski.
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Re-Import durch die Hintertür
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Das klingt logisch. Die Interpretation hat nur zwei große Haken: Kassjanow hatte sich zwar in den USA und Europa schon als russischer Oppositionsführer vorgestellt und sich dann selbst mit diesem neuen Image nach Moskau re-importiert.
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Das Fußvolk der russischen Liberalen war trotz allem politischen Masochismus von diesem Vergewaltigungsversuch durch die Hintertür allerdings wenig begeistert, zumal sie gerade die Führerschaft eines anderen großen Liberalen mit Ach und Krach überlebt hatten.
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Michail Kassjanow bürgt fast genauso gut wie Anatoli Tschubais für Spitzenpositionen in der Hasstabelle der russischen Wähler. Schließlich war Michail Kassjanow schon einmal unter Jelzin und dann unter Putin vier Jahre lang Premierminister.
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Peinliche Akten vom Zoll entdeckt
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Der zweite große Haken ist, dass ein erheblicher Teil der Wirtschaftsliberalität Kassjanows darin bestand, dass er den Staat und seine Ämter als Selbstbedienungsladen begriff. Den Spitznamen „Mischa-2-Prozent“ errang er sich in eingeweihten Kreisen, dadurch, dass er in seiner Funktion als Vize-Finanzminister Mitte der 90iger Jahre immer nur zwei Prozent als Provision für sich beanspruchte, wenn er interessante Kredite oder Schulden-Übernahmen vermittelte. Einmal wurde er in Scheremetjewo von Grenzern mit peinlichen Dokumenten festgehalten, bis Regierungschef Viktor Tschernomyrdin ihn befreite.
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Kurz und gut, dass Michail Kassjanow dank guter Beziehungen ein Villengrundstück von 11,5 Hektar Fläche am Ufer des Moskwa-Flusses ergatterte (früher von Politbüromitglied Suslow genutzt), das erstaunt eigentlich nicht. Die staatsanwaltlichen Ermittlungen auch nicht.
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Der Ex-Premier ist eben ein typischer Vertreter der politischen und wirtschaftlichen Elite Russlands aus den 90iger Jahren.
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Wenn nun der Westen in Unkenntnis der Vorgeschichte Kassjanow als verfolgten liberalen Regimekritiker verteidigt, wäre das ein Bärendienst für die Ideen des Liberalismus. Es könnte aber noch weitere Akteure auf die Idee bringen, sich als liberale Oppositionspolitiker auszugeben, um sich wenigstens ein wenig politische Immunität zu verschaffen. (gim/.rufo)
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