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Westeuropa zittert vor Zenit - weil die Petersburger so gut spielen?!!! (Foto: fontanka.ru) |
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Donnerstag, 05.03.2009
VFB Stuttgart Zenit SPb. Eine NachbetrachtungVon Michael Barth, Nürnberg. Der fränkische Groundhoppser hatte einmal mehr die günstige Gelegenheit, ein UEFA-Pokal Spiel von Zenit aus nächster Nähe zu sehen, denn die Petersburger gastierten in Stuttgart.
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Die relativ kurze Anfahrt von etwa 200km, eine Mitfahrgelegenheit bei Russen, die inzwischen in Nürnberg leben, die Aussicht auf ein Treffen mit Freunden aus Russland: Was will die leidgeprüfte Fußballseele eines hiesigen Club-Fans mit einer nicht zu leugnenden Affinität zu Zenit mehr, um endlich wieder ein Spiel auf großer Bühne zu erleben?
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Aber es soll gar nicht groß auf das Spielgeschehen auf dem Platz eingegangen werden. Es endete genauso wie das Hinspiel 2:1 für Zenit. Damit ist St. Petersburg weiter und weitere Hoffnungen auf Erfolge finden Nahrung. Vielmehr geht es hier darum, die Situation rund um das Spiel zu schildern.
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Hilfe die Russen kommen!
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...oder die latente Angst vor dem vermeintlich Bösen? Eigenartigerweise eilt den Zenit-Fans ein seltsam gewalttätiger Ruf voraus. Zuletzt geschürt von Spiegel-TV im Vorfeld des Spiels gegen den FC Bayern aus München im vergangenen Jahr.
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Von der gewaltbereitesten Szene in Europa war die Rede, von bevorstehenden garantierten Auseinandersetzungen, Bavaria, nimm dich in Acht! Zur illustren Untermalung wurde eifrig nach Videos auf der Internetplattform Youtube gesucht und ein Videoclip von Scharmützeln gegen Fans von Spartak Moskau ausgestrahlt.
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Genau betrachtet ist das eine schiere Lokalrivalität, wie sie hierzulande zwischen etlichen Vereinen zu beobachten ist. Es sei nur an die immerwährende Diskrepanz zwischen Nürnberg und Fürth erinnert, die schon seit dem ersten Jahrzehnt des letzten Jahrhunderts besteht und auch heute noch existent ist.
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Sicherlich, es gibt Auflagen bezüglich der Sicherheit an die zuständigen Ordnungsbefugten seitens des Europäischen Fußballverbandes. Deshalb gibt es auch so genannte Risikospiele. Jedoch wird hierbei mit zweierlei Maß gemessen.
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Genauso wenig schlimm wie die Engländer
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Ich kann mich noch sehr gut erinnern, als Nürnberg von etwa 7.000 reiselustigen Engländern angefahren wurde. Die Sicherheitsvorkehrungen, auch die Ängste waren enorm. Ist schließlich der englische Fußballfan doch die Personifizierung des Hooligans schlechthin
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Was ist passiert? Nix! Die Engländer haben die Innenstadtkneipen leer gesoffen, die Wirtschaft(-en) enorm bereichert. Fans beider Lager haben Freundschaften geschlossen, und alles in allem war am nächsten Tag eine vorurteilsbehaftete Sichtweise ins rechte Licht gerückt.
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Wäre diese Panik im Vorfeld auch bei einem Spiel gegen, sagen wir, Reykjavik aufgekommen? Wohl kaum! Und nun kommen die Russen nach Stuttgart! Geschätzt etwa um die 1.500 Menschen. 500 mitgereiste aus St. Petersburg, und den Rest stellten die, die schon hier leben. In einer fast halbleeren Mercedes-Benz-Arena.
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Wie eine Panzerschlacht gegen die Rote Armee
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Großes Kino bereits im Vorfeld. Ich habe mir die Mühe gemacht, schon vorab die Stimmung in Stuttgart auszuloten. Im VfB-Forum der Stuttgarter Zeitung gab es einen User (dessen Beiträge aber auch nicht zwingend dem Welt zu Gast bei Freunden-Motto zuzuordnen waren), der betont St. Petersburg als Leningrad tituliert hat.
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Ansonsten waren da allerhand medial vorformulierte Beiträge zum Thema Russland als solches zu finden. Mir stellte sich die Frage: Woher kommt diese permanente Angst vor dem Russen? Niemand, zumindest aus der Generation der meisten User, hatte jemals eine Berührung mit dem vermeintlichen Feind. Ich hatte stellenweise sogar den Eindruck, so mancher stellt ein Match gegen einen russischen Verein einer Panzerschlacht mit der Roten Armee gleich.
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Viel Wind um nichts
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Und was ist nun wirklich Schreckliches in Stuttgart passiert? Eben auch nix! Übermäßige, fast provokante Polizeipräsenz vor der Kneipe, in der sich die Zenit-Fans getroffen und friedfertig gefeiert haben.
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Abgewanderte Petersburger haben sich mit ehemaligen Schulkameraden getroffen, Kontakte wurden geknüpft, bestehende gepflegt, sowohl vor, als auch nach dem Spiel Dem Laden muss es vermutlich einen Quartalsumsatz beschert haben. Aber es blieb familiär und vor allem friedlich.
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Einmal rund ums Stadion herum
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Am Neckarpark angekommen, der erste Gang zum Stadioneinlass. Sind wir hier richtig?; Nein da müssen Sie den ganzen Weg wieder zurück, dann nach rechts und anschließend die Treppen hoch, da ist Ihr Eingang!. Dort angelangt die Ernüchterung, da muss ich Sie enttäuschen, zum Gästeblock-Eingang müssen sie wieder ganz zurück und unten rechts um das Stadion rum
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Hätte es nicht auch ein einfaches Schild getan:
zum Gästeblock bitte hier lang? Nachdem wir bald eine halbe Stunde im Neckarpark umhergeirrt waren, das Spiel war schon so gut wie angepfiffen, kam dann die Einlasskontrolle.
Es mag seine Richtigkeit haben, nach unerlaubten Gegenständen abgetastet zu werden. Mir wurden allerdings noch nie die Ersatzakkus (nicht wieder aufladbare Batterien hätte ich sowieso gleich wegschmeißen müssen) für eine kleine Kamera abgenommen.
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Die nächsten zehn Minuten waren damit ausgefüllt, die Quittung für das beschlagnahmte Gut zu bekommen. So kann man sich, sofern man sein Timing für den Stadionbesuch plant, auch verkalkulieren.
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Was dabei herauskam
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Fazit: Es war ein schönes, interessantes Fußballspiel mit friedlichen Petersburger Zenit-Fans. Mächtig Gedöns im Vorfeld. Viel Party, die nicht unbedingt wohlwollend beäugt wurde, und immer wieder dieses seltsame Gefühl einer gewissen Aversion gegenüber dem Osten Europas.
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Die muss bei manchem Deutschen so tief sitzen, dass es unmöglich scheint, endlich einmal nach über 60 Jahren die Narben dieses unseligen Krieges vergessen zu machen, was im Zeitalter der Globalität zwingend nötig wäre.
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Was mir positiv in Erinnerung bleiben wird, und vielleicht sind ja gerade das die Highlights im Leben: Es war der Typ an der Deposit-Ausgabe. Wie, was, deine Akkus wurden euch abgenommen? Ein unglaubliches Staunen, eine kurze Anweisung nach hinten und die Akkus waren wieder da. Schneller als ich sie abgeben musste.
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Er meinte nur noch, süffisant auf Lehmanns Attacke gegen das Hoppensheimer Schuhwerk gemünzt, dass man mit Schuhen mehr Schaden anrichten könne als mit Akkus. Der Mann war Türke!..
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