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Die Qual der Wahl soll den Bürgern bei der Wahl von Regionaloberhäuptern zumindest im Kaukasus wieder abgenommen werden (Foto: ntv.ru)) |
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Montag, 25.03.2013
Regionen können Gouverneurswahlen wieder abschaffenMoskau. Vor einem Jahr wurde die Wiedereinführung der Gouverneurswahlen vom Kreml als demokratischer Fortschritt gepriesen. Jetzt soll ein neues Gesetz den Regionen erlauben, ihre Oberhäupter auch durch die Parlamente zu bestimmen.
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Mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit der Abgeordneten von Einiges Russland, der Schirinowski-Partei LDPR und elf Abgeordneten des Gerechten Russland hat die Staatsduma am Freitag in dritter Lesung eine Gesetzesänderung angenommen, die es einzelnen Regionen möglich macht, in Zukunft auf die direkten Wahlen ihrer Verwaltungs-Chefs durch die Bevölkerung zu verzichten.
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Kaukasus-Republiken drängen auf Wahl-Abschaffung
Dem Gesetzentwurf muss noch der Föderationsrat und der Präsident zustimmen. Erfolgt dies jetzt relativ schnell, so können jene Regionen, in denen eigentlich am 8. September neue Oberhäupter gewählt werden sollen, es noch schaffen, diese Wahlen auszusetzen. Besonders darauf erpicht sind die beiden unruhigen Kaukasus-Republiken Dagestan und Inguschetien, in denen neben sieben anderen russischen Regionen an diesem Tag Wahlen anstehen.
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Dort fürchten die dortigen politischen Eliten, dass ein Wahlkampf um den Chefposten zu Konflikten innerhalb der multiethnischen und zum Teil auch noch von Stammesstrukturen geprägten Gesellschaften führen wird. Ihnen wäre es deshalb viel lieber, wenn die Abgeordneten im regionalen Parlament unter sich diese Frage ausmachen könnten.
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Fraktionen können Putin Wunschkandidaten nennen
Dem Gesetzentwurf zufolge kann jedes Regionalparlament als Alternative zum jetzigen Wahlsystem für ein neues Schema votieren. Es sieht dann vor, dass jede in den regionalen Parlamenten vertretene Partei das Recht hat, bis zu drei Anwärter auf den Gouverneursposten zu nominieren. Diese Personalvorschläge gehen an den Kreml, wo der Präsident dann seinerseits drei Kandidaten auswählt, die dem Regionalparlament zur Auswahl vorgeschlagen werden.
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Ein Novum ist zudem, dass jeder der vom Präsident nominierten Bewerber auch gleich drei potentielle Senatoren benennen muss, von denen er im Falle seiner Wahl einen als seinen Vertreter in den Förderationsrat entsendet.
Die Kommunisten, die in der Duma nicht für die potentielle Abschaffung der Wahlen gestimmt haben, wollen nach dem Inkrafttreten des Gesetzes eine neue Initiative starten, die Direktwahlen für alle Regionen vorsieht mit Ausnahme des Nordkaukasus, wo diese für die nächsten zehn Jahre ausgesetzt werden sollten.
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Verfassungskonformität noch fraglich
Möglicherweise gibt es allerdings noch verfassungsrechtliche Probleme mit der Wahlgesetz-Reform: Wie die ehemalige Verfassungsrichterin Tatjana Morschakowa erläuterte, sind in der Verfassung alle Regionen gegenüber der Zentralgewalt gleichgestellt.
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Es dürfe nicht sein, dass die Staatsmacht in den einen Regionen ihre Kandidaten vorschlagen kann und in anderen nicht.
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Matrioskin 25.03.2013 - 16:09
Schade. Volle Fahrt zurück. Da ist die Sowjetunion daran zerbrochen, dass das System allgemein jenseits der Öffentlichkeit hinterfragt wurde (neben dem wirtschaftlichen Bankrott natürlich). Jetzt bewegt sich Russlands politisches System wieder auf dieselbe Abkoppelung von Interessen der Bevölkerung und denen staatlichen Institutionen zu. Marktwirtschaftliche Abhängigkeitsverhältnisse gepart mit leichtem wirtschaftlichem Aufschwung und Rohstoffgewinnen machen diese System vielleicht auch noch für die nächsten 74 Jahre stabil.
Da weiß man nicht, was besser ist: die Diktatur marktwirtschaftlicher Zwänge oder ein Beamten- und Sicherheitsstaat der Seilschaften. Schade, dass es keinen Resetknopf gibt.
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