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Nikita Michalkows Manifest wirbelt viel Staub auf - zu Recht? (Foto: newsru.com)
Nikita Michalkows Manifest wirbelt viel Staub auf - zu Recht? (Foto: newsru.com)
Mittwoch, 27.10.2010

Michalkows Polit-Manifest: Viel Wind um nichts?

Moskau. Nikita Michalkow, der charismatische „Kulturmacher“, hat ein Manifest für den „aufgeklärten Konservatismus“ geschrieben. Die Aufregung ist groß in der Polit-Öffentlichkeit. Aber im Grunde schreibt er nichts Neues.

Das 63 Seiten umfassende Werk trägt den Titel „Recht und Wahrheit. Manifest des Aufgeklärten Konservatismus“. Der machtverliebte russische Kinoregisseur und Leiter des zentralen Kulturfonds will weg von einer „liberalen Demokratie“ und hin zur Widereinsetzung „ewiger Werte“.

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Michalkow hält das heutige Gesellschaftssystem Russlands für eine „explosive Mischung aus einer dem Westen hinterher laufenden liberalen Modernisierung, der Willkür von Provinzbossen und einer alles durchdringenden Korruption“.

Die Leute hätten „die Werbung für die individuelle Freiheit satt“ und würden „den Märchen von der wunderbaren Marktwirtschaft nicht glauben“, so Michalkow. Die Modernisierung aber, die heute in aller Munde ist, müsse die Aufgabe von „Staatsmännern, Personen des öffentlichen Lebens und Geistlichen mit zentristischer, aufgeklärt-konservativer Ausrichtung sein“.

Konservative Werte


Michalkow zählt auf, was Russland seiner Meinung nach braucht: Unter anderem erwähnt er die Rechtsordnung, kulturelle und nationale Sicherheit, Wohlstand für alle, Stolz auf und Verantwortungsbewusstsein für das eigene Land, soziale Gerechtigkeit und sozialen Schutz.

Er setzt sich ein für ein „mächtiges Russland“, die Entwicklung „der für Russland neuen Strukturen der Zivilgesellschaft“, die „moralische Autorität der Staatsmacht“, ein „dynamisches und stetiges Wirtschaftswachstum und die Erziehung der Bürger zur „Achtung vor dem Gesetz, der Arbeit, dem Land und dem Privateigentum“.

Aufschrei der Öffentlichkeit


Russland brauche drei Parteien – eine konservative, eine liberale und eine sozialistische. Michalkow ist nicht bescheiden: Er schöpft seine Ideen aus der „tausendjährigen Geschichte Russlands“ und versucht das auch, in breit angelegten Exkursen in die Vergangenheit zu belegen.

Michalkows „Manifest“ trifft in der russischen Politöffentlichkeit bisher auf fast ungeteilte Ablehnung. Sergej Mitrochin, Chef der liberalen Jabloko-Partei, greift zu einem Pathos, das dem Michalkows nicht unähnlich ist, wenn er sagt: „Das Papier ist schädlich und provoziert die Vernichtung und den Zerfall des Landes.“

Michalkow habe ein „großes Durcheinander im Kopf“ und „kennt die Geschichte nicht“, ist sich Mitrochin sicher. Der Politologe Gleb Pawlowski sagte gegenüber Interfax, das Manifest sei ein „betont antidemokratisches Dokument“: „Der Text ist zynisch, archaisch und er idealisiert die Autokratie, die seinerzeit von ausnahmslos allen Gruppen der russischen Gesellschaft abgelehnt wurde.“

Allein die Kommunisten stimmen zu


Laut Pawlowski gehört Michalkows Beitrag „zu den zunehmenden Versuchen, den Gegenangriff auf Medwedews demokratischen Modernisierungskurs einzuleiten“. Georgi Satarow vom Fonds „Informatik für die Demokratie“ sieht in dem Manifest „keine Anzeichen von Aufklärung“; es sei „ein klinischer Fall“ und „nicht konservativ, sondern ausnehmend chauvinistisch“.

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Einzig die Kommunisten freuen sich über Michalkows „großen Wurf“. Gennadi Sjuganow, Chef der KPRF, sieht „in den harten Einschätzungen dessen, was im Land geschieht“, viele Übereinstimmungen mit den Positionen seiner Partei. Er wolle sich aber nicht im Detail äußern, bevor er nicht den ganzen Text gelesen habe.

Gegen Medwedew gerichtet?


Wir stellen uns indes die Frage: Ist der Text wirklich so skandalös? Untergräbt er gar das Fundament des heutigen russischen Staatswesens? Das, was Michalkow fordert, widerspricht bei näherem Hinsehen im Grunde nicht dem, wonach Medwedew und seine Mannschaft streben.

Kampf gegen Korruption, Präsidialdemokratie, Rechtsstaat, Wohlstand, Wirtschaftswachstum, staatlich kontrollierte Modernisierung, Dreiparteiensystem, gesundes Nationalbewusstsein usw. usf. – wo steckt der Widerspruch?

Im betonten Pathos, in der öffentlichkeitswirksamen Veröffentlichung der Thesen? Der große alte mächtige Mann der offiziösen Kultur hat einen langen Text geschrieben, das ist sein Recht. Daraus ein Papier für den Giftschrank zu machen oder es umgekehrt zum Heilmittel gegen alle russischen Krankheiten zu erheben, ist absolut überflüssig.

Es ist nicht mehr als ein Beitrag zur Lage der Nation. Nicht der erste und nicht der letzte. Und so sollte es auch behandelt werden – ohne Hysterie, mit gesundem Menschenverstand. Und vielleicht mit ein paar Abstrichen angesichts der Herkunft des Autors – immerhin ist er Künstler und nicht Politiker.



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