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Dmitri Medwedew ist zwei Jahre russischer Präsident und bleibt es (mindestens) noch zwei. (Foto: TV) |
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Freitag, 07.05.2010
Zwei Jahre im Amt: Präsident Medwedew auf dem ÄquatorMoskau. Am heutigen 7. Mai hat Dmitri Medwedew genau zwei Jahre das Präsidentenamt inne und damit genau die Hälfte der Frist absolviert. Die russische Presse nimmt dies zum Anlass, um eine Zwischenbilanz zu ziehen.
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Der Kommersant macht sich in seiner Freitagsausgabe u. a. Gedanken über allgemeine Tendenzen der Ära Medwedew in Russland. Die Journalisten merken an, der aktuelle Präsident habe sich im ersten Jahr mehr um die Ausarbeitung eines eigenen Stils gekümmert, im zweiten dagegen wichtige Reformen angeschoben.
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Russischer Rekord bei den Kremlkadern
Im ersten Jahr war Medwedew häuslicher nur 38 Mal war er im Land und in der Welt unterwegs auf Dienstreisen, im zweiten Jahr dagegen gleich 61 Mal. Das zweite Viertel seiner Amtszeit war bestimmt vom Anschieben großer Reformprojekte (wie etwa die des Milizsystems) und dem Versuch, in den Amtsstuben der Bürokraten ordentlich aufzuräumen.
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Letzteres betraf aber kaum seine unmittelbaren Untergebenen in der Kreml-Administration und der Regierung. Laut Kommersant sind praktisch alle führenden Politiker, die im Mai 2008 ihre Ämter antraten, bis heute im Amt: in postsowjetischer Zeit ein einsamer Rekord, denn vor Medwedew wurde die Spitze ungefähr jedes Jahr ausgewechselt.
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Neue Strukturen bilden statt alte neu aufmischen
Obwohl Medwedew gegenüber Untergebenen einen immer härteren Ton anschlägt, setzt er weniger auf Sesselrücken in alten Strukturen als auf die Formierung neuer Organe. Beispiele seien die Einsetzung einer Modernisierungskommission und die Schaffung eines gesonderten Föderationskreises im Kaukasus.
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Inwieweit diese Initiativen Erfolg versprechen, sei aber schwer einzuschätzen, denn das sind langfristige Initiativen, ihre Ergebnisse zeitigen sie nicht heute oder morgen. Die Realität tritt bisher in Widerspruch zu den erklärten Maßnahmen. Es sei aber ein Verdienst Medwedews, dass nicht nur diskutiert, sondern gehandelt würde.
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Bürger stimmen für das Tandem ohne Vertrauen in den Staat
Soziologen sind der Meinung, die in zwei Jahren erneut anstehende Präsidentenwahl sei an sich kein Problem die meisten Bürger würden sowohl für Dmitri Medwedew als auch für Wladimir Putin stimmen, abhängig davon, wer von den beiden zur Wahl antritt.
Das Paradoxe dabei ist: Die Mehrheit stimmt zwar für das Kreml-Tandem, schenkt dem Staat aber kein besonderes Vertrauen. Laut Boris Dubin vom Meinungsforschungsinstitut Lewada-Zentr kommt hier ein ganz anderer Zustand der politischen Substanz zum Tragen:
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Die Mehrheit überlässt alle Initiative den ersten Männern im Staat (
) und ist darüber froh, dass der Staat die Menschen jetzt in Ruhe lässt. Auch die Staatsmacht profitiert von dieser Einstellung: Die Bürger bekommen Stabilität, der Staat die größtmögliche Handlungsfreiheit.
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Ob am Ende Medwedew oder Putin ganz oben steht, ist dabei völlig egal. Eine Alternative zu den beiden gibt es im Land im Moment eh nicht, und kaum wird sie bis 2012 auftauchen. Das gesamte politische System Russlands, wie es sich aktuell gestaltet, steht dem entgegen.
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Paulsen-Consult 09.05.2010 - 23:08
Ja, es gibt wenig Streit zwischen den beiden...
..ist das nun gut oder schlecht für Russland?
Das Zeichen einer funktionierenden Demokratie ist eine starke Opposition. Die gibt es in Russland derzeit nicht mehr. Hat das etwas mit Putin zu tun, oder mit Medwedjew? Sind sie so gut, oder die Opposition so schlecht oder der FSB so effektiv?
Letzte Frage: Russland ist sicherlich durch die Finanzkrise zurückgeworfen worden, wie andere Länder auch. Die Ukraine hat es besonders schlimm getroffen. Russland scheint sich aber zu erholen. Dennoch, wo sind die Netto-Fortschritte dieser Regierung, Putin-Medwedjew? Wo ist die industrielle Modernisierung? Wo die Erfolge in der Korruptionsbekämpfung? Wo die Neuordnung im Verhältnis Regionen und Zentralregierung?
Außer dass relative Ruhe im Land herrscht, kann ich die Erfolge nicht erkennen. Man muss wohl sehr genau hingucken.
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