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Michail Saakaschwili will als Wiedervereiniger Georgiens in die Geschichte eingehen (Foto: www.newsru.com) |
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Donnerstag, 06.05.2004
Saakaschwili jagt Provinzherrscher ins ExilVon Lothar Deeg, St. Petersburg. Der hitzige Konflikt zwischen Georgiens Zentralregierung und der Führung der Teilrepublik Adscharien endete unblutig und mit einem glatten Sieg von Präsident Michail Saakaschwili: Sein Widersacher, der altgediente adscharische Machthaber Aslan Abaschidse ging nach Russland ins Exil. Eine von drei abtrünnigen georgischen Teilrepubliken kam damit wieder unter Kontrolle der Regierung in Tiflis.
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Erst nächtliche Dauerdemonstrationen, dann jubelnde Menschen, Autokorso, Feuerwerk, Salutschüsse - und ein auf die Straße geschleppter und angezündeter Amtssessel des verjagten Machthabers: Die "Rosenrevolution", in der im November in Tiflis Präsident Schewardnadse gestürzt wurde, fand in der Nacht auf Donnerstag ihre vorlagengetreue Wiederholung in der Küstenprovinz Adscharien. Auch der russische Emissär Igor Iwanow gab sich erneut ein nächtliches Stelldichein: Russlands Sicherheitsratssekretär und Ex-Außenminister war offiziell zu "Verhandlungen" zur Beilegung der Krise eingeflogen. Faktisch ging es aber nur noch darum, Abaschidse - wie seinerzeit Schewardnadse - zur Aufgabe ohne Blutvergießen zu überreden.
Während Schewardnadse allerdings als geachteter "Elder Statesman" im Lande bleiben konnte, musste sich Abaschidse nach der von ihm angeordneten Sprengung der Grenzbrücken aus Georgien absetzen: Gemeinsam mit seinem Sohn, dem Bürgermeister der Hauptstadt Batumi, flog er in Iwanows Sondermaschine mit nach Moskau. Mehr konnte Russland für seinen lange gehätschelten Protege nicht tun. Denn an der Entfesselung eines Bürgerkriegs, der den auf wackeligen Beinen stehenden georgischen Nachbarn wieder in Richtung Chaos getrieben hätte, ist auch Moskau nicht gelegen. Schon allein, um den russischen Militärstützpunkt in Batumi nicht zu gefährden.
Zuvor hatten sich Wladimir Putin und sein georgischer Amtskollege Michail Saakaschwili in Telefonaten über eine gemeinsame Linie verständigt: Abaschidse bekam für den Fall einer schnellen Abdankung eine Sicherheitsgarantie, freies Geleit und Asyl in Russland. Damit endete die seit dem 15. Jahrhundert andauernde Dominanz des Fürstengeschlechts Abaschidse über die fruchtbare Provinz an der Schwarzmeerküste. Eine gut ausgerüstete Leibgarde und das für die Kaukasus-Region typische Geflecht familiärer Beziehungen sicherten dem seit 13 Jahren regierenden Aslan Abaschidse die absolute Macht über Adscharien und seine 400.000 Einwohner. Formell blieb das teilweise moslemische Ländchen dabei zwar immer ein Teil Georgiens. Anders als im Falle der einseitig für unabhängig erklärten Teilrepubliken Abchasien und Südossetien hatten die Adscharen Anfang der 90er Jahre keinen Sezessionskrieg gegen Georgien geführt.
Doch ein georgisches Großmanöver an der Grenze, eine zweitägige Dauerdemonstration von Studenten und Oppositionellen, das massenhafte Überlaufen von Ministern und Polizisten auf die Seite der Zentrale und schließlich die Furcht vor Isolation und Bürgerkrieg ließen die Adscharen ihre bisherige Treue zu "Baba" Abaschidse vergessen. Mit dem ebenso charismatischen wie entschlossen auftretenden Präsidenten Saakaschwili hatte Tiflis eine attraktivere politische Zukunft zu bieten. Adscharien steht nun bis zu Neuwahlen unter direkter Präsidentenverwaltung.
"Nie wieder wird es in Adscharien eine Diktatur geben", rief Saakaschwili vor Demonstranten in Batumi. Im nächtlichen Siegestaumel kündigte er nach Adscharien nun auch die baldige Wiedereingliederung Abchasiens an. Dies dürfte ihm aber nicht so leicht gelingen wie im ersten Fall - schon allein, weil Putin dann nicht mit an einem Strang ziehen würde: In Abchasien wie Südossetien sind russische Friedenstruppen stationiert, die den Status quo garantierten sollen.
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Außerdem wurde der georgische Bevölkerungsanteil von dort vertrieben - und die zur Verteidigung ihrer Unabhängigkeit entschlossenen Abchasen haben sich in großer Zahl als persönliche Sicherheitsgarantie russische Pässe ausstellen lassen. Der abchasische Verteidigungsminister Wjatscheslaw Eschba sprach deshalb von einer Provokation Saakaschwilis: "In Abchasien werden bereits Forderungen laut, alle Beziehungen zu Georgien abzubrechen - bis hin zur Sprengung der Brücken, so wie das Adscharien getan hat." Eine dritte Aufführung der Rosenrevolution wird es deshalb kaum geben.
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