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Die "Kundgebung für ehrliche Wahlen" soll legal ablaufen. Was die Staatsmacht darunter genau versteht, zeigt sich am Samstag (Foto: facebook.com)
Die "Kundgebung für ehrliche Wahlen" soll legal ablaufen. Was die Staatsmacht darunter genau versteht, zeigt sich am Samstag (Foto: facebook.com)
Donnerstag, 08.12.2011

Putin: Oppositionsdemos ja, aber ohne Verstöße

Moskau. Premier Putin hat das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit verteidigt – sofern es dabei keine Rechtsbrüche gibt. Zugleich beschuldigte er Demonstranten und Wahlbeobachter, nach Washingtons Pfeife zu tanzen.

Bei einer Sitzung der „Nationalen Volksfront“, die jetzt Putins Präsidentenwahlkampf koordinieren soll, nahm Putin erstmals zu den heftigen Protesten der letzten Tage gegen das unter Fälschungsverdacht stehende Ergebnis der Duma-Wahlen Stellung.

Demonstrieren unter dem strengen Auge des Gesetzes


Im Prinzip verteidigte Putin das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung, faktisch zog er ihm aber auch enge Grenzen und verteidigte die gewaltsame Auflösung von nicht genehmigten Demonstrationen: „Wenn Menschen im Rahmen des Gesetzes agieren, dann muss ihnen das Recht gewährt werden, ihre Meinung auszudrücken und wir sollten niemanden in diesem Bürgerrecht einschränken. Wenn jemand jedoch gegen das Gesetz verstößt, so müssen die Staatsorgane mit allen legalen Mitteln die Einhaltung des Gesetzes durchsetzen“, sagte Putin.

Spontan-Demos sind grundsätzlich illegal


Menschenrechtler und Opposition beklagen allerdings, dass das russische Demonstrationsrecht mit seinen langen Anmeldefristen und der Möglichkeit für die Behörden, Anträge unter Vorwänden abzulehnen, die Meinungsfreiheit über Gebühr einschränkt. Spontane Kundgebungen sind faktisch unmöglich.

Außerdem bekommen festgenommene Teilnehmer nicht genehmigter Aktionen von der Polizei oft mit zweifelhafter Beweislage Vergehen wie Beleidigung oder Widerstand gegen die Staatsgewalt angehängt.

Bei Russland-Aktuell
• FSB drängt auf Schließung oppositioneller Netzwerke (08.12.2011)
• Protestwelle geht weiter: Am Samstag Großdemo in Moskau (07.12.2011)
• Neue Proteste, neue Festnahmen in Moskau (07.12.2011)
• Truppenkonzentration um Moskau sorgt für Aufregung (06.12.2011)
• In Russland regt sich Protest gegen die Wahlen (06.12.2011)
Am Montag und Dienstag waren in Moskau und St. Petersburg und einigen anderen Städten bei Demonstrationen gegen das Resultat der Duma-Wahlen über 800 Demonstranten festgenommen worden.

Für Samstag ist in Moskau eine legale Kundgebung geplant, zu der sich über soziale Netze bereits über 35.000 Teilnehmer angemeldet haben. In der Genehmigung der Behörden war allerdings nur von 300 zugelassenen Demonstranten die Rede - nun wird über eine Verlegung des Ortes verhandelt.

„Die Menschen in unserem Land wollen keine Entwicklung wie in Kirgistan oder wie früher in der Ukraine, niemand will Chaos“, postulierte Putin. Dennoch solle der Staat „mit dem Rückhalt der Mehrheit der Bürger“ den Dialog mit den Oppositionellen suchen und ihnen ihre verfassungsgemäßen Rechte einräumen, erklärte Putin.

Putin: Hillary Clinton gab Startschuss für Proteste


Russlands starken Mann beschuldigte die Organisatoren der Wahlprotest-Bewegung aber zugleich „nach bekanntem Szenario und mit selbstsüchtigen politischen Zielen“ zu agieren. Besonders kritisierte Putin die Äußerungen der US-Außenministerin Hillary Clinton, „die die Wahlen als unehrlich und ungerecht beurteilte, obwohl sie noch nicht einmal den Bericht der internationalen Wahlbeobachter erhalten hatte“.

Putin warf Clinton vor, die Proteste in Russland initiiert zu haben: „Sie hat einigen Aktivisten bei uns den Ton vorgegeben und das Signal gegeben. Das wurde gehört und mit Unterstützung des US-State Departments begann die aktive Arbeit“, so Putin laut Agenturmeldungen.

"Einmischung in innere Angelegenheiten" und Raketen-Zoff


Zwischen Russland und den USA ist das Klima gegenwärtig wieder besonders frostig: Ursache dafür ist der Dauerstreit um das Raketenabwehrsystem in Europa wie auch die amerikanischen Kommentare zu russischen Internas, die nach Meinung Moskaus Washington nichts angehen sollten.

Russlands Premier griff neben den radikalen Oppositionskreisen auch erneut Wahlbeobachter an, die ihre Tätigkeit mit ausländischer Unterstützung finanzierten. „Wenn Geld aus dem Ausland in inländische politische Aktivitäten investiert wird, sollte uns das zu denken geben. Absolut unzulässig ist der Zufluss ausländischer Mittel in Wahlprozesse“, so Wladimir Putin. Ihm zufolge flössen dazu „hunderte Millionen Dollar“ nach Russland, weshalb der Staat Schutzmechanismen gegen diese Einmischung ergreifen müsse.
Kurz vor der Duma-Wahl war die russische Wahlbeobachtungs-Organisation „Golos“ von den Behörden und Kreml-treuen Medien scharf kritisiert und auch zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Sie finanziert sich weitgehend über ausländische Zuschüsse.

Aufwiegler im Auftrag der CIA am Werk?


Oppositionelle Gruppierungen, Bürgerinitiativen wie auch Menschenrechtler wurden von Putin und anderen Vertretern der Staatsmacht in der Vergangenheit immer wieder einmal beschuldigt, „politische Bestellungen aus dem Ausland“ abzuarbeiten. Handfeste Beweise dafür blieb der Kreml aber bislang schuldig.

Allerdings ist nachgewiesen, dass die Serie der „farbigen Revolutionen“ in Serbien, der Ukraine und Georgien vor einigen Jahren zu einem guten Teil von Gruppen initiiert wurden, die dafür Knowhow und Unterstützung aus Washington unterhielten.

Samstag: Putins liberale Härte auf der Probe


Inwieweit Putins „Sowohl-Recht-als-auch-Ordnung“-Position sich auf die weitere Duldung oder Unterdrückung von Protesten auswirkt, wird sich bereits am Samstag bei der sich abzeichnenden Groß-Demo der Kreml-Gegner zeigen. In Moskau wurden bereits starke Einheiten der Innenministeriumstruppen zusammengezogen.

Vergleichbares hatte Putin auch schon früher geäußert – was die Polizei als Aufforderung sah, kleinste Überschreitungen des genehmigten Demo-Rahmens sofort mit Festnahmen zu unterbinden.
Beliebt sind bei den Ordnungshütern auch Zugriffe auf Demonstranten vor oder nach den Veranstaltungen.



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