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Michail Prochorow will liberale Kräfte wieder in die Duma bringen (Foto: Archiv/.rufo) |
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Donnerstag, 26.05.2011
Prochorow sucht für Partei neuen Namen und ProfilMoskau. Michail Prochorow, Multimilliardär und designierter Parteichef der kremltreuen liberalen Rechten Sache will die Partei mit neuem Namen und Profil in die Duma bringen und dann auch dort Politik machen.
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Noch steht Michail Prochorow, der Inhaber der Onexim-Gruppe und zuletzt als Initiator des Hybridauto-Projektes Yo-mobil hervorgetretene drittreichste Russe (mit einem Vermögen von 13 Mrd. Euro), außerhalb der Politik. Aber sein Einstieg ist beschlossene Sache und offenbar auch von den Politstrategen im Gefolge Putins und Medwedews abgewunken. Am 25. Juni will die Partei auf einem Parteitag ihren neuen Vorsitzenden küren.
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Der Junggeselle Prochorow hat sich dabei große Ziele gesetzt: Er will die der breiten Masse gegenwärtig faktisch unbekannte Partei Rechte Sache bei den nächsten Wahlen im Dezember in die Duma bringen. Das ist nicht einfach, denn die Zugangshürde liegt in Russland bei 7 Prozent.
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Ziel: Von 0 auf 7 Prozent in einem halben Jahr
Und die Ausgangsbasis ist mehr als bescheiden: In gegenwärtigen Umfragen rangiert die als Kreml-treu und wirtschaftsliberal positionierte Partei bei Werten von unter einem Prozent mithin im Bereich des statistischen Messfehlers. Selbst der radikalen Opposition der Kreml-Kritiker Boris Nemzow, Michail Kassjanow und Wladimir Ryschkow(die über keine zugelassene Partei verfügen) sowie der kämpferisch-liberalen Partei Jabloko billigen die Demoskopen gegenwärtig mehr Anhänger zu.
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Insofern kann es auch nicht schaden, wenn Prochorows Partei mit dem Einstieg des Oligarchen umbenannt wird wie ein Schokoriegel beim Marketing-Relaunch: Am Rebranding arbeitet gegenwärtig eine Kreativgruppe. Laut Prochorow gibt es unter einer Masse von Namensvorschlägen gegenwärtig etwa 15 Haupt-Varianten: Das wichtigste ist, dass der Namen allen gefällt, das ist nicht einfach. Doch bis zum Parteitag werde die Aufgabe gelöst.
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Mehr Farbe und Intellekt im Polit-Betrieb
Wenn es ihm als Parteivorsitzenden nicht gelingen werde, die Partei in die Duma zu bringen, werde er zurücktreten, so Prochorow gestern in einem Radiointerview. Klappt hingegen der Einzug ins Parlament, wolle er dann dort auch real arbeiten und er verspricht, seine Fraktion, so klein sie auch sein mag, dort zur intellektuellen Übermacht zu machen.
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Dies wäre ein Unterschied zur Taktik der anderen Kreml-nahen Parteien Einiges Russland und Gerechtes Russland, die bisher gerne bekannte Namen als Zugpferde an die Spitze ihrer Kandidatenlisten stellen wobei immer klar war, dass diese dann auf ihr Abgeordnetenmandat zugunsten von gesichtslosen Nachrückern verzichten.
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Schönes Feindbild: Ein Kapitalist und Playboy in der Politik
Mit Prochorow käme sicherlich mehr Farbe, wenn nicht sogar Glamour in den sonst so grauen russischen Polit-Alltag der Duma, den bislang allenfalls der populistische Polterer Wladimir Schirinowski gelegentlich etwas aufscheucht.
Politisch wären von Prochorow dann aber wohl eher neoliberale Knallfrösche zu erwarten wie sein im Herbst gemachter Vorschlag, im Arbeitsrecht doch die Möglichkeit zur 60-Stunden-Woche einzuführen. Gewerkschafter mögen ihn seither gar nicht mehr.
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Ohnehin machen Prochorows Reichtum, seine Vergangenheit als Oligarch und Großkapitalist einschließlich der Überlieferungen von einer Sexorgie im französischen Nobel-Skiort Courchevel ihn und seine Parteigenossen im bevorstehenden Wahlkampf auch leicht angreifbar:
Für die anderen, sich betont volksnah gebenden Parteien wird es eine Wonne sein, sich auf die Playboy-Partei einzuschießen was vor allem die unter ständigen Korruptions- und Bereicherungsvorwürfen leidende Elite-Partei Einiges Russland mit Freuden tun dürfte.
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Chodorkowski-Prozess ungut - und Nemzow ein Freund
Prochorow setzt jedenfalls jetzt erst einmal politische Duftmarken - und versucht dabei, ein politisches Profil zu markieren, das sich von der Kremlpolitik unterscheidet: Als Bürger bedauere er, dass Verfahren wie der Chodorkowski-Prozess in Russland möglich seien. Als Parteichef werde er sich dann deutlicher dazu äußern.
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Den beherzt trotz aller Verbote demonstrierenden - und regelmässig festgenommenen - Oppositionellen Boris Nemzow bezeichnete Prochorow gar als seinen engen Freund Borja, dessen politische Einschätzungen er allerdings in vielen Fragen nicht teile.
Ansonsten bewundere er Nemzow und seine Mitstreiter als mutige Leute die jedoch ein Problem hätten: Wenn es ein Problem gibt, sag wie es zu lösen ist, anstatt nur zu kritisieren.
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Sind 7 Prozent machbar - ohne Schummeln?
Doch selbst wenn es Prochorow gelingen sollte, das liberale, westlich-demokratisch gesonnene Elektorat - das auf insgesamt bis zu 15% der Wählerschaft geschätzt wird - bis Dezember hinter sich und seine Wie-sie-auch-immer-heißen-mag-Partei zu bringen: Es wird schwierig werden, für ein solches Projekt im heutigen Russland die nötigen 7 Prozent zusammen zu bekommen vor allem, weil ihr der Nimbus anhaftet, doch nur ein weiteres Polit-Projekt der Kreml-Strategen zu sein.
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Es sei denn, der Machtapparat bringt zugunsten dieser russischen Retorten-FDP die berühmt-berüchtigten administrativen Ressourcen zum Einsatz, die bisher einzig der noch mit Zwei-Drittel-Mehrheit herrschenden Beamten-Partei Einigen Russland zu Gute kamen.
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Denn dann ist bei Wahlergebnissen in Russland bekanntlich alles möglich, bis hin zu 105 Prozent Wahlbeteiligung. Und nur so wäre erreichbar, was Prochorow vorlaut zum Beginn seiner Polit-Laufbahn als Ziel ausgab: Seine Partei solle die zweitstärkste im Lande werden.
Die russische Übersetzung dieses Artikels ist hier >>>
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Das beste Gegenmittel bei derzeit über 30 Grad im Schatten: Die Füße ins kühle Nass halten und ein wenig plantschen. (Topfoto: Ballin/.rufo)
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