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Politik-Einsteiger Michail Prochorow sammelt Parteimitglieder und Namenswünsche (Foto: mdp2012.ru) |
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Donnerstag, 22.03.2012
Prochorow sucht einen Namen für seine neue ParteiMoskau. Michail Prochorow ruft heute eine Abstimmung über den Namen seiner geplanten neuen Partei aus. Die Parteigründungswelle macht auch vor Polit-Veteranen nicht halt: Gorbatschow will wieder Sozialdemokrat werden.
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Auf einer Webseite Prochorows sollen dem Internet-Publikum 100 Namensvorschläge für die beabsichtigte Parteigründung des Ex-Präsidentschaftskandidaten Michail Prochorow gemacht werden. Diese 100 Vorschläge seien aus gut 50.000 Ideen und Erwähnungen herausgefiltert worden, die Prochorow-Anhänger in der jüngsten Vergangenheit gemacht hätten, berichtet heute der Kommersant.
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Am populärsten seien dabei beim Web-Publikum die Bezeichungen Neues Russland und Prochorow-Partei sowie Neue Partei gewesen. Bei der Web-Abstimmung sollen nun die zehn populärsten Namen ermittelt werden. Diese werden dann Mitte April dem Organisationskomitee der Parteigründer zur Entscheidung vorgelegt.
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Auf Prochorows Webseite www.mdp.2012.ru haben sich mittlerweile etwa 85.000 Personen mit Namen, Email-Adresse und Telefonnummer als potentielle neue Parteimitglieder angemeldet.
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Prochorow kennt schon 20.000 Erst-Mitglieder
Bei der Auswahl der Gründungsmitglieder seiner Partei will sich Prochorow aber zunächst bevorzugt auf jene Personen verlassen, die mit ihm während seines Interims-Vorsitz bei der Partei Rechte Sache sowie im Präsidentschaftswahlkampf zusammen gearbeitet haben sei es als Agitatoren, Wahlbeobachter oder Wahlkommissionsmitglied. Das sind etwa 20.000 Leute und wir kennen sie alle, so Prochorow.
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Gegenwärtig ist in Russland für Parteien eine Mindestmitgliederzahl von 40.000 Personen vorgeschrieben. Diese hohe Hürde führte dazu, dass seit 2005 vom Justizministerium keine einzige neue Partei zugelassen wurde - und viele bestehende kleine Parteien aufgelöst werden mussten. Legalen Status haben nur sieben Parteien.
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Parteienzulassung ab 500 Personen kommt
Vor wenigen Tagen wurde in der Duma jedoch in zweiter Lesung ein neues Parteiengesetz verabschiedet. Auf Vorschlag von Präsident Dmitri Medwedew wird darin die Mindest-Mitgliederzahl auf 500 Personen gesenkt.
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Die etablierten Oppositionspartien im Parlament kritisierten dies heftig, da sie befürchten, dass es alsbald Dutzende, wenn nicht hunderte Mikro-Parteien geben wird. Die Kreml-Gegner sehen darin eine neue trickreiche Strategie der Putin-Truppe, die sich angesichts der winterlichen Protestwelle die Liberalisierung hat einfallen lassen, um die Opposition auf absehbare Zeit erneut handlungsunfähig gemacht werden kann. Denn die Bildung von Wahlblöcken aus mehreren Parteien ist nicht vorgesehen.
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Duma-Opposition fürchtet Splitter-Konkurrenz
Auch der Wahlkampf, etwa im staatlichen Fernsehen, wo jede Partei paritätisch Sendezeiten zugeteilt bekommt, dürfte so zur Farce werden. Kommunisten und die Schirinowski-Partei LDPR plädierten für eine Mindestmitgliederzahl von 5.000 oder 10.000 Personen doch die Kreml-treue Mehrheitspartei Einiges Russland lehnte dies strikt ab.
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In der außerparlamentarischen Oppositionsbewegung kritisiert man hingegen vor allem den Umstand, dass der Gesetzentwurf nach wie vor eine Parteien-Zulassung durch das Justizministerium vorsieht die eben auch verweigert werden kann. Allerdings soll die Behörde in Zukunft verpflichtet werden, anders als bisher ihre Vorbehalte gegen bestimmte Satzungspassagen oder organisatorische Mängel konkret zu formulieren und für deren Behebung eine Drei-Monats-Frist einzuräumen.
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Prochorow, der bei der Präsidentschaftswahl am 4. März mit 8 Prozent einen Achtungserfolg erzielt und auf den dritten Platz kam, verbreitet auf seiner Webseite zwar optimistisch, dass er auch unter den bisherigen Bedingungen mit seiner Parteigründung durchkäme: "Ich mag schwierige Aufgaben."
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Faktisch wird die Prochorow-Partei aber wohl kaum gegründet und registriert werden bevor die Gesetzesreform in Kraft tritt und diese will der Kreml noch vor der Amtseinführung von Wladimir Putin als neuen Präsidenten durchziehen.
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Parteigründer konkurrieren um das Protest-Aktiv
Dann wird es wohl zu einer Lawine von Parteigründungen in Russland kommen. Starke Anwärter sind dabei zwei Protest-Parteien, die bisher trotz mehreren zehntausend Mitgliedern an den strengen Regeln und versteckten Fußfallen gescheitert waren: das liberale Oppositionsbündnis Parnas mit Boris Nemzow als Spitzenfigur und ROTfront des linksradikalen Aktivisten Sergej Udalzow. Beide Gruppierungen und ihre Führungsfiguren haben sich bei den Straßenprotesten deutlich hervorgetan.
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Gorbatschow reanimiert Russlands Sozialdemokraten
Das demokratische Protest-Elektorat will aber auch Michail Gorbatschow für sich gewinnen: Der letzte Präsident der Sowjetunion kündigte an, seine 2007 wegen Mitgliedermangels per Gerichtsbeschluss aufgelöste sozialdemokratische Partei Russlands (SDPR) zu reanimieren.
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Ebenfalls die SDPR unterstützen will der extravagante Multimilliardär und KGB-Veteran Alexander Lebedew, der zusammen mit Gorbatschow die streng kreml-kritische Zeitung Nowaja Gazeta finanziert. Er sieht in der neuen Partei bereits gut 20 ernst zu nehmende Politiker, die auf dem Bolotnaja-Platz und dem Prospekt Sacharow aufgetreten sind.
Die Partei soll Menschen mit liberalen und sozialdemokratischen Ansichten eine politische Heimat bieten, erklärt er womit sie ebenfalls auf dem gleichen begrenzten Feld ackern wird wie Prochorow.
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Und auch an der grünen Flanke sprießen Triebe zukünftiger Parteien: Oleg Mitwol, der einst für Publicity-trächtige Hauruck-Aktionen bekannte Ex-Chef der Umweltbehörde und dann Präfekt des Stadtbezirks Moskau-Nord kündigte an, auf Basis seiner in schon 44 Regionen bestehenden Umweltbewegung Grüne Alternative eine Allianz der Grünen Volkspartei zu gründen.
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Doch wird sich dann nicht nur das (dem westlichen Mainstream sympathische) ökologisch-sozial-liberal-demokratische Lager als Parteien formieren:
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Auch mehrere rechts bis stramm nationalistisch ausgerichtete Organisationen haben schon angekündigt, sich alsbald um den Status als Parteien zu bewerben. Auch sie werden keine Probleme haben, je 500 Parteigründer zusammen zu bekommen.
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Royaler 25.03.2012 - 20:21
Na fein
Der Name fehlt noch für die liberale Seitenfraktion in Putins Reich - na fein - vielleicht doch ein Milliönchen auswerfen für den kreativsten Mithelfer aus dem Volke, das seit dem Winter mobil gemacht hat.
Schaut man sich mal um, muss man doch feststellen, dass wirtschaftsliberales Gedankengut
... und dann noch, wenn ein Finanzstarker den Ton angeben möchte ... wohl keine beliebte
Nummer mehr ist.
In Deutschland krakselt ... siehe nun auch das Saarland ein solches Grüppchen an der Unwichtigkeitsmarke 1 Prozent.
Wer in Russland auf den mobil gemachten Wogen nach Vorne
kommen will, muss wohl weiter unten ansetzen, bei denen, die einfach mal was drauf haben, sich engagieren wollen und ihr Schicksal in die Hand genommen haben.
Der Blick auf ähnlich gestrickte
Newcomer wie die jungen wahlbewußten RussInnen ... z.B. in Deutschland wäre sinnvoll.
Hier heißen sie Piraten und entern
mit ohrenbetäubender Geschwindigkeit die Parlamente ...
in Russland müsste die Partei der jungen Leute wohl anders heißen ...
aber ich bin sicher, dass die Namensfrage die kleinere leichte
Übung sein wird für diejenigen, die sich blitzschnell, neue Medien und Kreativität nutzend zu organisieren verstehen.
Mobilisierung von unten, von einer neuen Fachelite, die begonnen hat anzupacken und schon gezeigt hat, wie Massen zu bewegen sind, und das bei Eiseskälte. Wie mag das erst werden, wenn alles aufgetaut ist.
Im Mai und dann nach der Sommerpause. Na fein!
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Zwischen Winter und Frühling liegen die Fischerboote im Dörfchen Pritschaly (Inse) am Kurischen Haff ein bisschen wie aus der Zeit gefallen am Steg. Doch ihre Besitzer sehnen schon ungeduldig die neue Fangsaison herbei: Die Eiszeit war lang in diesem Jahr. Seit jeher lebt das einstige Dörfchen Inse von der Fischerei. (Topfoto: Plath/.rufo)
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