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Spuren schaffen, nicht nur verwischen: Der intellektuelle Doppelmörder von Kasan traf mit dieser Blut-Inschrift den Nerv der Zeit (Foto: tv/.rufo)
Spuren schaffen, nicht nur verwischen: Der intellektuelle Doppelmörder von Kasan traf mit dieser Blut-Inschrift den Nerv der Zeit (Foto: tv/.rufo)
Freitag, 31.08.2012

Pussy-Losung war falsche Fährte: Doppelmord aufgeklärt

Kasan. „Free Pussy Riot“ schrieb ein Doppelmörder in fehlerfreiem Englisch mit Blut an die Wand – als falsche Spur. Nun ist der Fall geklärt: Ein Uni-Dozent brachte die beiden Frauen um – wegen seiner Schulden.


Eine ganze Reihe von wenig zimperlichen russischen Medien hatte gestern mit Schlagzeilen wie „Pussy-Riot-Anhänger gehen zu Morden über“ oder „Zwei Frauen für Pussy Riot geopfert“ das Drama von Kasan mit einer politischen Blutspur überzogen. Auch aus Kirchenkreisen wurde die Tat prompt mit den Skandal-Auftritten der Band verknüpft.

Medien und Blogger nahmen die "Spur" gierig auf


Oppositionell gestimmte Blogger verbreiteten unterdessen die These, die Bluttat (oder zumindest der am Tatort gefundene Appell zugunsten von Pussy Riot) sei eine von oben eingefädelte Intrige, um die Kritiker von Kreml und Kirche als Mörderbande zu verleumden. Als „Hauptverdächtigen“ hatten Internet-Kommentatoren sich bereits auf den Vizepremier und Haupt-Polittechnologen des Kremls, Wladislaw Surkow, eingeschossen.

Polizei ermittelte mit Erfolg im Opfer-Umfeld


Heute bestätigte sich jedoch, was die tatarische Polizei sogleich als These in den Raum gestellt hatte: Es handelte sich um ein häusliches Drama – und der Mörder einer 38 Jahre alten Frau und ihrer 76-jährigen Mutter wollte damit nur die Ermittlungen in eine falsche Richtung lenken.

In der Nacht auf heute wurde in der Tat ein 38 Jahre alter Kasaner Universitätsdozent mit Doktortitel in Geschichte festgenommen. Er soll nach Angaben der Ermittler die Tat schon gestanden haben.

Mit der umstrittenen und zum Teil hart abgeurteilten Mädchen-Punkband „Pussy Riot“ hat der Doppelmord dabei gar nichts zu tun: Der mutmaßliche Täter Igor Danilewski war mit dem jüngeren der beiden Opfer, einer ehemaligen Studienkollegin, befreundet.

Tatverdächtiger hatte Opfer finanziell ausgenutzt


Allerdings verfolgte er mit der Partnerschaft offenbar durchaus merkantile Ziele: Die Frau hatte auf ihren Namen Kredite über mehrere hunderttausend Rubel aufgenommen, mit denen Danilewski seinerseits seine üppigen Schulden zumindest zum Teil beglichen hatte.

Bei Russland-Aktuell
• Zwei Frauenmorde in Kasan mit Pussy-Riot-Losung (30.08.2012)
• Tatarische „Mudschaheddin“ bekennen sich zu Anschlägen (06.08.2012)
• Muslimische Sekte in Kasan hält Kinder im Bunker fest (09.08.2012)
• Kasaner Langprüferin geht, weist Schuld aber von sich (05.07.2012)
• Kasan: Polizeichef verteidigt mittelalterliche Folter (23.03.2012)
Der Historiker versprach der Frau dafür eine baldige Familiengründung und auch einen schönen Urlaub im sonnigen Süden: Zunächst habe er ihr eine Reise nach Ägypten versprochen, dann die Pläne aber auf einen Krim-Aufenthalt geschrumpft.

Als er seiner Bekannten aber am 22. August eröffnete, dass auch diese Reise auf den Winter verschoben werden müsse, sei es, so das Geständnis, zu heftigen Vorwürfen und einem Streit gekommen. In dessen Verlauf tötete der Mann seine Gefährtin mit einem im Zimmer liegenden Messer. Durch den Lärm wurde die Mutter des Opfers auf die Tat aufmerksam – worauf der Täter auch die Zeugin mit acht bis zehn Messerstichen umbrachte.

Bei Russland-Aktuell
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• Pussy Riot: Putins klammheimliche Freude (21.08.2012)
• Reaktionen zum Pussy Riot-Urteil: großer Image-Verlust (18.08.2012)
• Das Urteil ist gefallen: 2 Jahre Haft für Pussy Riot (17.08.2012)

Ritualmord-Spuren mit Politik-Einschlag


Anschließend soll Danilewski planmäßig seine Spuren verwischt haben: Zum einen schrieb er mit Blut an die Küchenwand „Free Pussy Riot“ und legte die beiden Leichen in Form der Zahl 69 – damit das Ganze nach einem Ritualmord aussah. Andererseits durchsuchte er die Wohnung und nahm 100.000 Rubel (2.500 Euro), einen Schuldschein auf seinen Namen und zwei Mobiltelefone mit.

Die beiden Opfer wurden erst eine Woche später gefunden. Dann verging jedoch nur gut ein Tag, bis der mutmaßliche Täter in der Wohnung seiner Eltern festgenommen wurde. Dort wurden auch die geraubten Dinge gefunden.

Der Täter - ein philosophierender Theoretiker


Bis dato galt der Dozent der Kansaner Staatsuniversität als typischer Intellektueller, der auf einer Kulturologie-Webseite sein Interessengebiet mit „transdisziplinäre Wissenschaftstheorien und philosophische Schlussfolgerungen auf deren Grundlage“ angegeben hatte.

Nun dürfte der Urheber eines Buches über "Quanten-Kultur" hingegen als Hauptfigur eines blutrünstigen Dramas von geradezu Dostojewski-hafter Tragik in die russische Kriminalgeschichte eingehen.



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Leser-Kommentare zu diesem Artikel (und Kommentare zu Kommentaren): ↓

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Paulsen-Consult 01.09.2012 - 18:54

Ein richtig mieser Charakter

Hoffentlich kriegt er ein bißchen mehr Lagerhaft, als Pussy Riot. Aber in Russland weiss man ja nie!


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