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Putin gibt sich nachdenklich und kompromisbereit (Foto: Sonitschew/.rufo)
Putin gibt sich nachdenklich und kompromisbereit (Foto: Sonitschew/.rufo)
Montag, 06.02.2012

Putin verspricht den Demonstranten mehr Demokratie

Moskau. Wladimir Putin hat auf die Demos am Wochenende mit einem weiteren Artikel reagiert. Er verspricht mehr Basisdemokratie, eine stärkere Gewaltenteilung und konkrete Schritte im Kampf gegen die Korruption.

Seine Anhänger verteufeln die Opposition als „orange Pest“, der Regierungschef selbst jedoch demonstriert Dialogbereitschaft. In einem weiteren programmatischen Artikel (diesmal in der Tageszeitung „Kommersant“) erläutert Wladimir Putin seine Sicht einer modernen Demokratie.

Echte Demokratie braucht Zeit und Anstrengungen der Bürger


„Eine echte Demokratie wird nicht in einem Augenblick erschaffen und wird auch nicht einfach nach äußerem Muster kopiert“, schreibt der Premier. Nötig dafür sei, dass die Gesellschaft bereit sei, Verantwortung zu übernehmen und die Bürger Zeit und Anstrengungen investierten, um am Aufbau der Institutionen und ihrer Kontrolle mitzuwirken.

Bei Russland-Aktuell
• Reuiger Sünder Putin will radikal reformieren (30.01.2012)
• Putin für Reichensteuer, Privatisierung und Privatrente (30.01.2012)
• Boris Akunin – vom Krimiautor zum Oppositionsführer (25.01.2012)
• Putin will Vielvölker-Zivilisation mit russischem Kern (23.01.2012)
• Putins Präsidenten-Wahlprogramm: Einladung zum Dialog (16.01.2012)
Putin schlägt vor, die regionale Selbstverwaltung zur „Schule der Demokratie“ zu machen. Dazu sollen die Städte und Gemeinden mit mehr Vollmachten und besseren Finanzen (alle kleinen Betriebe sollen ihre Steuern künftig an die Gemeinden abführen) ausgestattet werden. So könne Demokratie vor Ort erlebt und gelebt werden, meint der Premier.

Beamte werden rechenschaftspflichtig


Konnten die Bürger ihren Unmut bislang allenfalls bei den Wahlen kundtun, so sollen Beamte in den Regionen künftig jedes Jahr Rechenschaft ablegen. Die Möglichkeiten eines Referendums werden ausgeweitet. Bürger sollen zudem künftig nicht nur die Arbeit der Politiker im städtischen Parlament, sondern auch andere Beamte, wie den örtlichen Polizeichef, den Leiter der Wohnungsverwaltung oder den Friedensrichter bewerten.

Das Internet gewinnt bei der politischen Partizipation der Bürger eine entscheidende Rolle. Mit Hilfe des Internets sollen basisdemokratisch Gesetze initiiert werden können. Dazu reichten 100.000 Unterschriften, die auch im Netz gesammelt werden könnten, verspricht Putin. Freilich müssten diejenigen, die sich so beteiligen, ihre Anonymität im Netz aufgeben, schränkt er ein. Beteiligung schließe Verantwortung mit ein.

Präsident will Vollmachten abgeben


Zu guter Letzt ist der Favorit bei den anstehenden Präsidentenwahlen auch bereit, einige seiner Vollmachten wieder abzugeben. Davon soll in erster Linie das Parlament profitieren, das künftig über die Zusammensetzung des Rechnungshofs oder der Bürgerkammer entscheiden soll. Parlamentarische Untersuchungsausschüsse könnten an Bedeutung gewinnen.

Bei Russland-Aktuell
• Wahlkampf Dossier: Wer wird warum im März Präsident? (19.01.2012)
• Kandidaten-Parade: nur Putin 2.0 kann sauber gewinnen (19.12.2011)
Zur Erinnerung: Ein Kritikpunkt der Opposition war die mangelnde Gewaltenteilung in Russland und die überbordende Macht der Exekutive. „Wir Abgeordnete haben keinen Einfluss auf Ernennungen und Absetzungen“, klagte im Russland-Aktuell-Interview der Abgeordnete Gennadi Gudkow (Gerechtes Russland). Er forderte speziell mehr Mitspracherecht der Parteien bei der Zusammensetzung der Wahlkommission – diese wird in Putins Artikel aber nicht zur Sprache gebracht.

Korruption mit Erziehung bekämpfen


Dafür geht der Premier auf einen anderen Kritikpunkt ein; die Korruption. „Es gibt die historische Verführung, die Korruption mit Hilfe von Repressionen zu besiegen. Der Kampf gegen die Korruption schließt zweifellos auch repressive Maßnahmen ein. Doch das Problem liegt viel tiefer. Es geht um die Transparenz und Kontrolle der Gesellschaft über die staatlichen Institute sowie um die Motivation der Beamten. Und da liegen meiner Meinung nach erhebliche Schwierigkeiten“, schreibt der Regierungschef.

Wollten in den 90er Jahren viele Jugendliche als Oligarch Karriere machen, so richte sich nun ihr Wunsch darauf, Beamter zu werden. „Viele stellen sich darunter die Möglichkeit einer schnellen und leichten Bereicherung vor. Mit so einer Motivation sind alle Säuberungen zwecklos: wenn der Staatsdienst nicht als Dienst, sondern als Fütterung verstanden wird, dann treten an die Stelle der entlarvten Diebe neue.“

Es müsse ein Umdenken bei den Menschen stattfinden, fordert Putin. Zugleich schlägt er vor, Beamte, die in korruptionsanfälligen Positionen sitzen, mit einem hohen Gehalt zu versorgen. Zugleich müssten sich die Inhaber eines solchen Postens aber auch zur vollständigen Transparenz ihrer Einnahmen bereit erklären, schreibt er.

Annäherung ohne direkten Kontakt


Mit seinem Artikel setzt Putin seine vorsichtige Annäherung an die Opposition fort. Schon zuvor hatte er z.B. die Wiedereinführung der direkten Gouverneurswahlen versprochen oder der Wählerliga angeboten, ihre Beobachter zu den Präsidentenwahlen zu entsenden.

Als Problem für Putin freilich könnte sich erweisen, dass es bis jetzt keinen direkten Kontakt, keine direkten Verhandlungen über politische Reformen gibt. „Seine Macho-Pose wahrend wird er fortwährend irgendetwas opfern“, hatte der Schriftsteller Boris Akunin schon vor Wochen die Taktik Putins beschrieben. Er werde mit Kleinigkeiten beginnen, um das Volk zu beruhigen und zu immer stärkeren Eingeständnissen gezwungen sein, so die Prognose Akunins.

Ist es für Putin schon zu spät?


„Er wird sich immer verspäten. Und die Protestbewegung wird gleichzeitig wachsen und das ganze Land erfassen, organisierte Formen annehmen. Neben Kundgebungen und Märschen wird es bisher beispiellose neue Formen des zivilen Protestes geben. Und alle Schläge werden ausschließlich Wladimir Putin gelten, denn er ist zugleich der stärkste und der schwächste Punkt des Regimes“, schreibt Akunin.

Die Demos am Wochenende beweisen, dass der Protest anhält. Noch ist die Position des Premiers aber stark – wie die parallelen Pro-Putin-Demos zeigen. Noch ist Putin also der wichtigste Ansprechpartner der Opposition und auch für einen Dialog ist es noch nicht zu spät.



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[email protected] 07.02.2012 - 06:32

Putin sagt bewußt die Unwarheit aus Angst vor Machtverlust

Er hätte auch als Ministerpräsident die jetzt versprochenen Reformen durchführen können, aber nichts ist geschehen.
Im Westen nimmt man Rußland wegen Putin und seinen Schlägertrupps OMON und seinem stalinistischen Herrschaftsallüren schon lange nicht mehr ernst.Er hat es verkackt und Rußland in eine fast aussichtslose Lage gebracht.Die ausgestreckte Hand des Westens hat er hochmütig ausgeschlagen.Ohne sseine Atomwaffen wäre Rußland nur nnoch eine Mittelmacht mit rückständiger korrupter Bürokratie,das seinen Bürgern Null Freiheit gönnt.Sein Rechtsystem und die Zustände in den Gefängnissen schreien zum Himmel.Das ganze Land ist durch Putin zur Lachnummer verkommen.
Ich wünsche den Menschen in Rußland Mut für eine neue Revolution, die die korrupten Eliten samt Putin hinwegfegen.


Matthias 06.02.2012 - 17:03

Tönt ja nicht schlecht, die Frage ist einfach, was davon wirklich umgesetzt wird (umgesetzt werden kann). Irgendwie habe ich das Gefühl, dass auch die Regierung nicht genug Macht und Einfluss hat bis in den letzten Winkel dieses grossen Landes. Aber so oder so, die Demokratie stärken und die Korruption ausrotten geht sowieso nicht so schnell, wie man sich wünscht. Auf jeden Fall müsste auch die Rechtssicherheit gestärkt werden, gleiches Recht für alle und keine Bevorzugung von Reichen, Beamten und Ihren Verwandten. Tja, und wenn man sich die Alternativen zu Putin anschaut frage ich mich schon, wer davon wirklich das Format hätte, Russland zu führen. Eigentlich sehe ich da nicht wirklich jemanden. Vielleicht wäre es deshalb trotzdem nicht das Schlechteste, Putin noch eine Chance zu geben, aber der Druck auf ihn die Reformen durchzuführen muss bestehen bleiben. Viele Bekannte in Russland sagen auch, lieber Putin als wieder das Chaos, das in den 90er Jahren geherrscht hat.


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