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Waldimir Putin erläutert das Ausmaß der Sicherheitslücke für Russland. Zum achten und letzten Mal erstattete er der Föderalen Versammlung Bericht (Foto: 1. Kanal) |
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Donnerstag, 26.04.2007
Putin verkündet Moratorium bei RüstungskontrolleMoskau. Wladimir Putin hat es in seiner jährlichen Rede von Duma und Föderationsrat vermieden, eine Bilanz seiner Amtszeit zu ziehen. Dafür kündigte er den Ausstieg aus dem KSE- Rüstungskontrollvertrag an.
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Zu Beginn bat er alle Anwesenden, sich für eine Schweigeminute zum Andenken an den ersten russischen Präsidenten Boris Jelzin zu erheben. Diesmal kamen auch die Kommunisten der Aufforderung nach, obwohl sie sich am Vortag in der Duma geweigert hatten, ihren erklärten Erzfeind zu ehren.
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Urspünglich war Putins Rede vor der sogenannten Föderativen Versammlung für Mittwoch geplant gewesen. Wegen des Jelzin-Begräbnisses wurde sie jedochum einen Tag verschoben. Putins Aussagen zur Außenpolitik standen unter dem Stern der US-Raktenabwehrpläne in Europa und der wieder zunehmenden militärischen Rivalität zwischen Russland und dem Westen.
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Moratorium bei Rüstungskontroll-Abkommen in Europa
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So erklärte er faktisch den Ausstieg Russlands aus dem Vertrag über die Begrenzung der konventionellen Streitkräfte in Europa (KSE), weil sich die NATO nicht an diesen Vertrag halte. Ich halte es für zweckmäßig, dass Russland den Vertrag aussetzt, bis alle NATO-Staaten ihn ratifizieren und mit seiner Umsetzung beginnen, sagte Putin unter Applaus in seiner Jahresansprache.
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Seinen Worten nach erfüllt Russland den KSE-Vertrag bislang nur einseitig. Selbst während der Tschetschenien-Krise habe sich Russland an diesen Vertrag gehalten, sagte der Staatschef. Es sei unwahrscheinlich, so Putin, dass sich beispielsweise die USA durch einen internationalen Vertrag Truppenbewegungen auf ihrem eigenen Territorium vorschreiben lassen würden.
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Russland beachtet Vertrag, den die Nato nicht ratifiziert hat
"Unsere Partner hingegen haben noch nicht einmal den modifizierten Vertrag ratifiziert - unter Berufung auf die sog. Istanbul-Commitments, die den Abzug der russischen Truppen aus Georgien und Transdnistrien vorschreiben, sagte der Präsident. Laut Putin hat der KSE-Vertrag mit den Vereinbarungen von Istanbul jedoch nichts gemein.
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"Das berechtigt uns zur Behauptung, dass unsere Partner unfair vorgehen und sich einseitige Vorteile verschaffen, sagte Putin. Westliche Staaten nutzen die Situation aus, um ihre Militärbasen in der Nähe unserer Grenzen zu stationieren. Noch mehr: Sie wollen Teile der Raketenabwehr in Polen und in Tschechien aufstellen, während die neuen NATO-Mitglieder wie die Slowakei und die baltischen Staaten entgegen den bisherigen Vereinbarungen dem KSE-Vertrag bislang nicht beigetreten sind, betonte der russische Präsident.
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Putin regte an, über dieses Problem im Russland-NATO-Rat zu diskutieren. Gehen die Beratungen ergebnislos aus, könne Russland aus dem KSE-Vertrag aussteigen, sagte Putin.
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Putin: Raketenabwehr ist Thema für die OSZE
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Über die geplante Aufstellung einer US-Raketenabwehr in Polen und Tschechien regte Putin eine Debatte in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) an. Die US-Pläne zur Installierung der Raketenabwehr in Europa sind ein Problem, das offenbar über das russisch-amerikanische Verhältnis hinausgeht. Es betrifft die Interessen aller europäischen Staaten, darunter auch die der NATO-Staaten", sagte Putin. Die OSZE müsse sich endlich den Problemen zuwenden, die die europäischen Völker beunruhigen, verlangte er.
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Für ein politisches Vermächtnis ist es noch zu früh
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Wladimir Putin erklärte, dass dies seine achte und letzte Rede als Präsident bei dieser Gelegenheit ist. die nächste Rede dieser Art werde schon ein anderes Staatsoberhaupt halten. Selbst eine Bilanz seiner Amtszeit vorzulegen, sei jedoch unangebracht und für die Formulierung eines politischen Vermächtnisses sei es wohl noch zu früh, so Putin.
Allerdings verwies er darauf, dass in allen vorhergehenden Reden zur Lage der Nation von ihm immer wieder Aufgaben und Ziele formuliert worden seien, an deren Umsetzung es noch zu arbeiten gelte.
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Ein bisschen Bilanz musste doch sein
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In der diesjährigen Ansprache fanden sich ebenfalls wieder einige solcher Punkte. Und natürlich auch wieder einige Bilanzzahlen, die verdeutlichen sollten, wie dynamisch sich Russlands Wirtschafts- und Sozialsystem in der Ära Putin entwickelt habe. So hätte das Land den Produktionsrückgang überwunden und rangiere mittlerweile unter den zehn größten Volkswirtschaften der Welt, sagte Putin.
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Das Realeinkommen der Bevölkerung sei seit 2000 um mehr als 100 Prozent gestiegen. Die Haushalte der russischen Regionen hätten sich in den vergangenen sieben Jahren sogar versechsfacht.
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Ausländische Fördergelder mit Kolonialismus gleichgesetzt
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Auf dem Feld der Innenpolik wandte sich Putin gegen Kritiker der herrschenden Verhältnisse, die aus dem Ausland Unterstützung beziehen: Der Zufluss an ausländischem Geld wächst, dass für direkte Einmischungen in unsere inneren Angelegenheiten benutzt wird, sagte er.
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Die einen nutzen geschickt pseudodemokratische Losungen, um in die jüngere Vergangenheit zurückzukehren,. die anderen, um wie früher straflos das nationale Eigentum und die Menschen berauben zu können, die dritten, um unserem Land seine wirtschaftliche und politische Selbstständigkeit zu nehmen.
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Putin verglich die auf diese Weise indirekt angegriffene interantionale Unterstützung für russische NGOs und politische Gruppierungen mit der von früheren Kolonioalmächten beschworenen zivilisatorischen Wirkung ihres Tuns. Wie damals dienten derartige Einmischungen aber nur dem eigenen Interesse und Gewinn.
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Putin beschwört Fortschritte bei der Demokratie
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Die Wahlrechtsreformen der letzten Zeit wurden von Putin ausdrücklich als Schritt zu mehr Demokratie verteidigt: Die Streichung der Direktmandate bei den Duma-Wahlen verhindere nun, dass einflussreiche regionale Gruppierungen ihre Leute ins Parlament befördern könnten.
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Die Duma-Wahlen am 2. Dezember entscheide so nicht nur über die Kontinuität des bisher gewählten Kurses, so Putin. Sie erlaube wegen der Umstellung auf das Mehrheitswahlsystem auch der Opposition, zu einer stärkeren Vertretung im Parlament zu kommen. Gleichzeitig werde das Parteiensystem gestärkt.
(ld/rufo/St.Petersburg)
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