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Für Medwedew und Putin bedeutet der Wahlabend eine Schlappe, aber für die Mehrheit im Parlament reicht es (Foto: TV)
Für Medwedew und Putin bedeutet der Wahlabend eine Schlappe, aber für die Mehrheit im Parlament reicht es (Foto: TV)
Montag, 05.12.2011

Kreml rettet knappe Mehrheit, Opposition gestärkt

Moskau. Die Wähler haben der Putin-Partei Einiges Russland bei der Dumawahl einen heftigen Denkzettel verpasst. Für die Mehrheit im Parlament reicht es trotzdem. Die Opposition geht gestärkt aus der Wahl hervor.

Am Ende ist es noch einmal gut gegangen für die Beamtenpartei: Nachdem fast alle Stimmen ausgezählt sind, pendelt sich ihr Wert bei etwa 50 Prozent ein. Damit erreicht Einiges Russland (ER) nicht nur den „Wiedereinzug ins Parlament“, wozu Präsident Dmitri Medwedew seine Parteikollegen noch am Wahlabend ironisch beglückwünschte, sondern auch die Mehrheit der Mandate – voraussichtlich 238 der 450 Sitze.

Geradezu als prophetisch erwies sich Premier Wladimir Putin, der das Ergebnis „optimal“ nannte. „Wir können unserem Land eine stabile Entwicklung geben“, sagte Putin mit der Miene eines Leichenbestatters, als die ersten Wahlergebnisse bekannt wurden – zu dem Zeitpunkt lag ER allerdings noch unter der Mandatsmehrheit. Im Laufe der Nacht verbesserten sich die Resultate für ER.

Bei Russland-Aktuell
• Kreml reicht Ergebnis für einfache Duma-Mehrheit (05.12.2011)
• Russlands Wähler lassen Putin um Mehrheit zittern (05.12.2011)
• Erste Ergebnisse: ER bei 46 Prozent, KPRF über 20 Proz. (04.12.2011)
• Wahlmanipulation: am besten mit Extra-Wahllokalen (02.12.2011)
• Duma-Wahl: Putins Partei muss um Mehrheit bangen (30.11.2011)

Kreml braucht keine Koalition


Somit muss der Kreml für das Durchbringen von Gesetzesvorlagen nicht nach einem Koalitionspartner suchen. Da in Russland die Regierung nicht aus dem Parlament hervorgeht, ist eine dauerhafte Koalition ohnehin unnötig. Einzig bei Gesetzesprojekten, die auf eine Verfassungsänderung zielen, braucht ER nun einen Partner in der Duma. Die wichtigste Änderung – Verlängerung der Amtszeit von Präsident und Duma – wurde allerdings schon beschlossen. Weitere Verfassungsänderungen sind derzeit wohl nicht geplant.

Trotzdem ist das Ergebnis eine Niederlage für den Kreml. Im Vergleich zu den Wahlen 2007 hat ER fast 15 Prozent eingebüßt. Als Stimmungstest kann sie der Kandidatur Wladimir Putins wohl keinen Auftrieb verleihen. Einige Politikexperten sehen zudem die Stellung Dmitri Medwedews gefährdet, immerhin war er als Spitzenkandidat des Einigen Russlands bei den Wahlen angetreten.

Stimmung im Land hat sich gedreht


Das Ergebnis hatte sich in den letzten Wochen bereits angedeutet. Die Unzufriedenheit der Bevölkerung ist größer geworden. Speziell nach der überraschenden Verkündung der Kremlrochade im September sind die Sympathiewerte sowohl der beiden Spitzenpolitiker Medwedew und Putin als auch der Kremlpartei Einiges Russland eingebrochen.

Die Duma-Opposition hingegen kann sich, nachdem sie im Wahlkampf etwas freier als vor vier Jahren agitieren durfte und mehr Sendezeit bekam, über Zuwachs in den eigenen Reihen freuen.

Kommunisten und Gerechtes Russland steigern sich


Für Kommunisten und Gerechtes Russland bedeutet ihr Ergebnis fast eine Verdoppelung ihrer Mandate. Die Kommunisten steigern sich von 57 Sitzen auf voraussichtlich 92, das Gerechte Russland von 38 auf 64. Damit überholt die Partei zudem die nationalistische LDPR, deren Zuwachs von 40 auf 56 Mandate geringer ausfällt.

Jabloko hat hingegen den Einzug in die Duma erneut verpasst. Die Sozialliberalen können sich immerhin damit trösten, dass sie voraussichtlich mehr als drei Prozent der Stimmen erreichen werden und ihnen damit Parteienfinanzierung zusteht.

Die Patrioten Russlands und die Rechte Sache landeten unter einem Prozent der Stimmen. Weitere Parteien waren bei der Wahl nicht zugelassen. In der Nacht kam es in Moskau und St. Petersburg zudem zu Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und der außerparlamentarischen Opposition. In Moskau wurden 130 Menschen festgenommen.



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Paulsen-Consult 05.12.2011 - 21:48

In Wirklichkeit war es ein Absturz von der Macht

Tatsächlich sind die Werte von ER wohl wesentlich schlechter. In einem kontrollierten Wahllokal in einem durschnittlichen Moskauer Bezirk soll ER nur 20 % erreicht haben, in Petersburg waren es offiziell! nur 32%. Gut organisierte Wahlmanipulationen haben Putin und Medwedew und ihren Machtapparat vor dem Verlust der Macht gerettet.
Eigentlich gibt es jetzt nur noch zwei Optionen. Entweder die Putin-Maschine walzt jetzt auch noch die letzten Reste der Demokratie in Russland platt und findet endgültig zu der unverblümten Diktatur zurück, oder Putin und Medwedew und natürlich der russische Geheimdienst, die Oligarchen und die Beamten erkennen, dass sie eine funktionierende Demokratie brauchen, um ihr Land nach vorne zu bringen. Für den Fall müsste der endlose Terror gegen die Opposition aufhören und politische Chancengleichheit hergestellt werden.
Beunruhigend an der derzeitigen Situation ist ja, dass keine Oppositionskraft entwickelt genug ist, um das Land zu führen. Hätte ER die Wahlen nicht manipuliert würde das Land jetzt vielleicht in einem tödlichen Machkampf zwischen Rechten, Kommunisten und ER im Chaos versinken, die russische Regierung, wie sie dann auch aussehen möge, wäre vermutlich nicht handlungsfähig. Ein bedrohliches Szenario für alle und eine direkte Folge der gelenkten Demokratie Putins.
Wenn Putin und Mewedew etwas für ihr Land tun wollen müssen sie Russland schrittweise zu einer demokratischen Reife führen und vor allem den Rechtsstaat wessentlich nachhaltiger fördern, als bisher. Die Hoffnungen schwinden allerdings allmählich und man fühlt sich fast schon versucht, zu hoffen, dass es egal wie, in Russland ruhig bleibt. Wir sind schon so abhängig von diesem Land, dass einem das Herz weh tut, weil unsere faktischen Interessen eher in Richtung einer stabilen russischen Diktatur gehen, als in Richtung einer freiheitlichen Demokratie.


xy 05.12.2011 - 20:56

Kreml rettet knappe Mehrheit, Opposition gestärkt

Die Äußerung von Medwedew, die Wahlergebnisse würden eben den tatsächlichen Gegebenheiten im Land entsprechen sagt doch schon alles. So möchte man die Situation eben haben. Das Medwedew über die vielen Berichte über Manipulationen und Fälschungen so leicht hinweggeht, ist eine schwere Enttäuschung, genauso wie seine Haltung zu der Situation in Südossetien, wo eine nicht genehme Wahl einfach gekippt werden soll. Wenn statt Demokratie und effizientem Staat lieber Filz, Seilschaften und Korruption der Vorzug gegeben wird, tut sich Russland keinen Gefallen. \\r\\nHat man in Russland Angst, das die Südosseten wieder nach Georgien wollen. Das glaube ich nicht. Mit der Installation eines willfährigen Machthabers, statt einer selbsbewussten gewählten Politikerin, wird sich die Bevölkerung schließlich auch gegen Russland wenden. \\r\\nDie Unterstützung und Zusammenarbeit mit Diktaturen und Despoten ob in Iran, Syrien, Venezuela und jetzt Südossetin sowie die Behinderung der Demokratie zu Hause bringen Russland nur in Mißkredit. \\r\\n


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