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Ausgangspunkt einer Veteranen-Karriere: Ein falscher Dienstausweis (Foto. kp.ru) |
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Montag, 17.03.2008
Falscher Geheimdienst-General in Klinik enttarntMoskau. In Russland ist wieder ein Hauptmann von Köpenick aufgeflogen der sich über Jahre als Geheimdienst-General und Stalin-Intimus ausgab. So erschwindelte sich der 76-jährige zuletzt einen Klinik-Aufenthalt.
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Georgi Scherebtschikow liebte die Achtung, die in Russland altgedienten Militärs entgegengebracht wird: Als jetzt Ermittler seine Wohnung durchsuchten, wuchteten sie eine sieben Kilogramm schwere Uniformjacke aus dem Kleiderschrank soviel Orden hingen daran. Insgesamt zählte man 157 sowjetische und 34 ausländische Orden sowie 16 Diplome, die Scherebtschikow alle selbst erhalten haben will.
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Ein Geheimdienst, geheimer geht es nicht ...
In Russland hält man Veteranen, die an der unsichtbaren Front des Geheimdienstes Verdienste fürs Vaterland errangen, für besonders verehrungswürdig. Deshalb beförderte sich der alte Herr nicht nur zum General, sondern erfand auch gleich noch einen ganzen Geheimdienst, in dem er in den 30er bis 50er Jahren eine Schlüsselrolle gespielt haben will: die Besondere Militärpolitische Gegenspionage (SWPK).
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Mindestens sechs Mitstreiter in Moskau und St. Petersburg ernannte er ebenfalls zu Generälen und ehemaligen SWPK-Abteilungsleitern. Die Altherrenriege liebte es, historische Chroniken anzufertigen, in denen ihre Verdienste gerühmt wurden und gelegentlich mit ihren Orden und Uniformen bei Behörden Eindruck zu schinden.
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Selbst viele Militärs gingen ihnen auf den Leim, denn wer hat in Russland schon einen Überblick darüber, welche strenggeheimen sowjetischen Dienststellen es irgendwann einmal gab oder eben auch nicht.
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So sah sich der schwindler am liebsten: als General und Buchautor Igor Bely (Foto: kp.ru) |
Scherebtschikow trieb es bereits 2005 auf die Spitze, als er bei einem Omsker Verlag unter dem Pseudonym Igor Bely seine Memoiren als Buch veröffentlichte. Darin beschreibt er nicht nur, wie sein SWPK bis zum Ende der 50er Jahre zu einer unsichtbaren Armee mit mehr als 150.000 Agenten und Mitarbeitern heranwuchs.
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Wozu brauchte es dann eigentlich noch den KGB?, wunderte sich damals schon ein Rezensent der Armeezeitung Roter Stern, der das Buch namens "Teufelsverschwörung" als übertriebene historische Fälschung erkannte.
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Selbsternannter Weltenretter und Top-Agent
Bely schrieb sich auch zu, er habe 1953 nach Stalins Tod den Geheimdienst-Chef Berija erschossen, einige Jahre später die Kuba-Krise entschärft und sei auch sonst mit Stalin, Kennedy, Mao Tse-tung und Chruschtschow auf Du und Du gewesen. Beim Attentat auf John F. Kennedy feuerten seiner Darstellung nach im übrigen Agenten namens Wojtyla (der spätere Papst Johannes Paul II.) und Begin (später israelischer Ministerpräsident).
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Doch echte wie falsche Helden werden einmal krank: Als Scherebtschikow im Januar einen Klinikaufenthalt brauchte, ließ er sich mit Hilfe eines seiner Untergebenen unter seinem literarischen Pseudonym in eine Moskauer Militärklinik einweisen. Doch dort flog die falsche Vita auf, nachdem die Behandlung die Armee schon 300.000 Rubel (ca. 8100 Euro) gekostet hatte.
Die beiden Möchtegern-Generäle, die es nie auch nur bis zum Offizier gebracht hatten, wurden festgenommen. Gegen sie läuft nun ein Verfahren wegen Betrugs und illegalem Uniform-Tragens, berichtete jetzt die Komsomolskaja Prawda.
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Nicht der erste "falsche General" in Moskau
Über einen ähnlichen Fall hat sich die russische Hauptstadt schon einmal im Jahr 2000 amüsiert und auch damals endete die Köpenickiade mit offenen Krankenhaus-Kosten: Der ungediente Zimmermann Jewgeni Balujew hatte sich sieben Jahre lang dank eines gefälschten Ausweises eine Zweitexistenz als Geheimdienst-General und Verteidigungsexperte aufgebaut: Mit schwarzem Dienst-Wolga, einer erschwindelten abhörsicheren Telefonleitung und viel Chuzpe schuf er unter Beamten und Militärs ein für alle einträgliches Beziehungsgeflecht.
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Dieser falsche General musste jedoch von seinen echten Kollegen lange beschattet werden, bis er an der Kasse einer elitären Klinik statt Geld wieder einmal seinen Eindruck heischenden Dienstausweis zückte.
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