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Die Geburt eines Kindes. In Russland wird über das Recht auf Abtreibung diskutiert
Die Geburt eines Kindes. In Russland wird über das Recht auf Abtreibung diskutiert
Freitag, 29.01.2010

Diskussion über Abtreibungen in Russland entflammt

Moskau. Russland hat eine der liberalsten Gesetzgebungen zum Schwangerschaftsabbruch. Das könnte sich ändern. Besonders die russisch-orthodoxe Kirche drängt auf ein Verbot. Die Duma diskutiert über verschärfte Regelungen.

Seit über 50 Jahren dürfen Frauen in Russland abtreiben. Die meisten Abtreibungen gab es 1964: 5,6 Millionen Frauen entschieden sich damals für den Schwangerschaftsabbruch. Inzwischen ist die Zahl der Abtreibungen zurück gegangen. Mit 1,5 Millionen ungeborener Kinder (2008) ist der Parameter in Russland allerdings immer noch sehr hoch im internationalen Vergleich.

Duma und Kirche wollen Abtreibungsrecht einschränken


Zwei Gesetzesinitiativen zum Schwangerschaftsabbruch werden derzeit unabhängig voneinander erarbeitet. Das erste wird im Gesundheitsausschuss der Duma erörtert, das zweite von einer Gruppe Abgeordneter, die sich auf Kirche und öffentliche Bewegungen stützen.

Auch eine Krisenfolge: Geburtenknick statt Babyboom (03.03.2009)
• 
Muttergeld soll Russlands Demographieproblem lösen (08.02.2007)
• Kundgebung von Gläubigen gegen Abtreibung (12.01.2008)
• Russische Kirche erfindet Orthodoxe Menschenrechte (14.04.2006)
• 1,8 Millionen Abtreibungen in Russland (01.11.2005)
Bei Russland-Aktuell
• 
Erst im Dezember hatte eine Abgeordnetengruppe Änderungen im Reklamegesetz gefordert. Bei der Reklamierung medizinischer Dienstleistungen sei stets auf das Gefahrenpotenzial hinzuweisen, forderten die Abgeordneten – bei Abtreibungen müsse erklärt werden, dass dies zu Unfruchtbarkeit bei der Frau führe. Derzeit wird darüber in der Duma verhandelt.

Zugleich gibt es Streit um die tatsächliche Einschränkung von Abtreibungen. Die Liste von Gründen soll eingeschränkt werden, gestritten wird noch darüber wie drastisch.

Abtreibung nur noch in Ausnahmefällen möglich


Mitte der Woche hatte die russisch-orthodoxe Kirche in der Christ-Erlöser-Kathedrale die Gegner von Schwangerschaftsabbrüchen zu einem runden Tisch geladen. Die Teilnehmer sprachen sich dafür aus, kostenlose Aborte nur noch in Ausnahmefällen zu erlauben: Wenn die Schwangerschaft Leben und Gesundheit der Mutter gefährdet oder wenn die Schwangerschaft durch Vergewaltigung eingetreten ist bzw. im Fall von Inzest.

In allen anderen Fällen sei der Abbruch von der Mutter zu bezahlen. Darüber hinaus müsse die Mutter sich einer Zwangskonsultation unterziehen. Zwei Wochen zum Überdenken der Entscheidung sollen ebenfalls Pflicht werden.

Schutz der Mütter erhöhen


Die Kirche will allerdings nicht nur Verbote, sondern fordert auch einen höheren Schutz werdender Mütter. So soll schon während der Schwangerschaftszeit ein Muttergeld gezahlt werden. Ärmere Frauen sollen mit einem Mindestsatz an Säuglings-Pflegemitteln ausgerüstet werden.

Zudem müssten Mütter, die ihre Kinder nicht behalten können oder wollen, die Möglichkeit haben, die Babys schon vor der Geburt von anderen Familien adoptieren zu lassen, lautete eine der Forderungen des Runden Tischs.

Kritiker: Recht der Frauen wird eingeschränkt


Kritiker der Initiativen schlagen allerdings Alarm. Der Versuch, die Rechte der Frauen auf Abtreibungen einzuschränken, werde in einem völligen Verbot enden. „Ich zweifle nicht daran und die Autoren der Gesetzesinitiative verhehlen es auch nicht, dass das endgültige Ziel ein vollständiges Abtreibungsverbot ist, begrenzt höchstens durch medizinische Gründe. Es wird versucht Andersdenkende von der Diskussion auszugrenzen“, erklärte die Ärztin Ljubow Jerofejewa.

Zudem berufen sich die Befürworter des Abtreibungsrechts auf die Statistik. Die Sowjetunion war das erste Land, das seinen Bürgern eine kostenlose Abtreibung ermöglichte – bis 1936. In der unter Josef Stalin angenommenen Verfassung wurden Abtreibungen verboten und unter Strafe gestellt.

Daraufhin wuchs die Zahl der illegalen Abtreibungen enorm. Dies führte zu einer hohen Todesrate unter jungen Frauen. Zudem nahm die Zahl der Kindsmorde zu. Die Geburtenzahl ist in der Zeit hingegen nicht angestiegen. Die UdSSR nahm das Verbot daraufhin 1955 wieder zurück.



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