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Nach dem Alten Neujahr wird der Weihnachtsbaum abgebaut (Foto: Djatschkow/.rufo) |
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Freitag, 07.01.2005
Alt-Neujahr: Galgenfrist für den WeihnachstbaumVon Alexej Dubatow, Moskau. Die kollektive Auszeit zum Jahresbeginn, während der in Russland kaum jemand richtig arbeitet, dauert für viele vom 1. bis zum 13. Januar. Der 14. ist in Russland wieder Neujahr (der 1. Januar nach dem alten julianischen Kalender). Daher die Bezeichnung „Alt-Neujahr“. Niemand stört sich daran, dass sie ein Widerspruch in sich ist.
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Als die Sowjetmacht 1918 den neuen gregorianischen Kalender per Dekret einführte, blieb die russische Kirche, die durch ein anderes Dekret vom Staat getrennt wurde, logischerweise bei dem alten julianischen. Heute ist es kein theologisches oder politisches Phänomen mehr.
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Absulot verlässliche Wahrsagungen
Das jahrzehntelang verbotene Weihnachtsfest und im Volk verwurzelte vorchristliche Bräuche färbten auf die Zeit zwischen dem ersten und ersten (vierzehnten) Januar mystisch ab. So gelten vor dem alten Neujahr verkündete Wahrsagungen als absolut sicher.
In der Regel baut man in Russland im Dezember aufgestellte Weihnachtsbäume erst nach dem 14. Januar ab. Als Folge liegen trockene Tannennadeln ähnlich wie abgeschnittene Haare beim Friseur auf dem Fußboden herum. Nachts stechen sie einem im Bett in die Seite.
Sind Weihnachten und Silvester vor allem Familienfeste, so feiert man Alt-Neujahr ohne Vorabsprachen mit alten Freunden, die oft nach Jahren gleichsam aus dem Nichts auftauchen. Oder mit einer neuen Freundin irgendwo auf der stadtnahen Datscha bei Sekt und dem, was sich gerade im Kühlschrank findet. Es ist nicht die sonst übliche Völlerei. Romantischere Dinge wie weißer russischer Winter und Bolschoiballett passen zu diesem Fest, das es offiziell gar nicht gibt.
Übrigens gerät die Zeit zwischen dem 1. und 13. Januar nicht aus den Fugen. Sie wird vielmehr als verbindende Brücke zwischen alt und neu und als willkommene Pause in den gewohnt stürmischen Zeitläuften empfunden.
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Das Jugendidol der 60er Jahre Andrej Wosnessenski, Ehrenmitglied der New Yorker Literaturakademie, der französischen Akademie der Dichtkunst und der Bayerischen Akademie der Künste fasste all das in Versform zusammen, die sparsamer als Prosa mit dem Wort umgeht. Die fehlende Interpunktion hebt die Kontinuität zwischen der alten und neuen Zeit hervor.
Das von 1975 datierende Gedicht „Altneujahr“ wurde bereits zu einem recht bekannten Lied verkürzt und so dem Massengeschmack angepasst. Hier ist es in voller Länge (in freier Nachdichtung):
Vom ersten bis dreizehnten Januar
unserer neuen Zeit
rufen mich alte Freunde an
aus der Vergessenheit
weg ist elektrischer Lichter Glanz
pust auch die Kerzen aus
vom ersten bis zum dreizehnten
sind Männer selten zu Haus
vom ersten bis zum dreizehnten
klafft in der Zeit ein Loch
lass das Telefon draußen
hol ein paar Gläser hoch
überall trockenes Nadelzeug
wie im Frisiersalon
frisch gebügelter Bettbezug
ist auch schon voll davon
wo es zur U-Bahn hinunterging
kreisen Bäume im Tanz
weißer Schwan vor dem Logenring
flimmernder Firlefanz
vom ersten bis zum dreizehnten
nur unser Russland feiert so
sind die zwölf Tage um
wie eine Schönwetterpause
nach je zwölf Jahren Sturm
Flocken in hellem Laternenschein
wirbeln näher heran
Altes ist nicht verschollen nein
es bricht im Neuen an
gleichsam Restitution
liegt eine Flasche Sekt im Schnee
ich tat sie dort hinein
komm mit hinaus hilf suchen sonst
find ich sie nicht allein
weißer verschneiter Kronen Schwung
ist unsre schnelle Trauung
vom ersten bis zum dreizehnten
vom ersten bis zum dreizehnten.
(adu/.rufo)
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