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Haarkranz hinter Gittern: Die Ukraine hat sich durch das Timoschenko-Urteil in die Nesseln gesetzt . Wie wird es weitergehen? (Foto: newsru.ua)
Haarkranz hinter Gittern: Die Ukraine hat sich durch das Timoschenko-Urteil in die Nesseln gesetzt . Wie wird es weitergehen? (Foto: newsru.ua)
Donnerstag, 20.10.2011

Die Ukraine trudelt, Europa denkt, Russland pokert

Berlin. Die jüngsten Ereignisse überschatten nicht nur das eigene Land. Das derzeitige Durcheinander in der Ukraine ruft auch die angrenzenden Nachbarn auf den Plan. Eine Podiumsdiskussion will die Situation beleuchten.


Die Ukraine hat es dieser Tage wirklich nicht leicht. Die Ex-Premierministerin zu sieben Jahren Haft verurteilt, die Republik auf Schlingerkurs zwischen Ost und West. Quo vadis Ukraine?

Die Wimpel wehen reichlich zweideutig für den zweitgrößten Flächenstaat Europas. Während sich die östliche Hälfte des Landes gerne hundertprozentig zu Moskau bekennen möchte, strebt die westliche immer noch nach der Vergangenheit. Mala Polska – Kleinpolen – so wurde dieser Landstrich bis 1945 genannt. Zugegeben, da ist näher an Westeuropa.

Wenn der Gasmann zweimal klingelt


Ihre leidlichen, aber durchaus logischen Erfahrung mit dem russischen Gasmann musste die Ukraine in jüngster Zeit auch machen. Die Person, die nun für die Schwierigkeiten verantwortlich gemacht wurde und sie nun aussitzen darf, ist die Ex-Premierministerin Julia Timoschenko. Das Urteil, da ist man sich in West wie Ost einig, ist politisch motiviert.

Bei Russland-Aktuell
• Medwedew: Ukraine soll nicht immer nur ans Gas denken (18.10.2011)
• Diplomatischer Eklat: EU lädt Janukowitsch aus (18.10.2011)
• Medwedew und Janukowitsch: Timoschenko kein Thema (17.10.2011)
• Timoschenko-Urteil: Ukraine sitzt zwischen den Stühlen (12.10.2011)
• Moskau kritisiert «anti-russisches» Timoschenko-Urteil (11.10.2011)
Die Richter haben entschieden – sieben Jahre Haft, drei Jahre lang kein Staatsdienst mehr. Teuer wird’s auch: 200 Millionen Euro soll Timoschenko zurückzahlen. Aber die Zeche zahlt vermutlich wieder nur das Volk.

Der Scherbenhaufen ist ziemlich groß


Wie wird sich das auf die Ukraine auswirken? Kiew muss sich etwas einfallen lassen, um die gutnachbarlichen Beziehungen nach Westen steht es im Moment nicht zum Besten. Der europäische Westen zweifelt verständlicherweise an der Bündnisfähigkeit und zögert, eine nur bedingt rechtstaatliche Ukraine als Partner zu behandeln. Zudem sind derzeit die eigenen Probleme mächtig genug.

EU-Liebesentzug treibt Kiew in Moskaus Arme


Moskau hingegen scheint den Fall Timoschenko pragmatisch zu sehen. Das Urteil sei ein Affront gegen die Russlandorientierung, heißt es – und dennoch treibt es das Land geradewegs in die Arme des Kremls.

Denn das mag so sein, wenn Brüssel seine Abkommen mit Kiew auf Eis legt. Präsident Viktor Janukowitsch wurde von Brüssel jedenfalls erst einmal ausgeladen – während er in Donezk die Lage der Nation ruhig mit dem russischen Präsidenten erörtern durfte.

Die Ukraine hat sich also gerade eine dicke hausgemachte Suppe eingebrockt. Die Führungselite ist in Ungnade gefallen, die Glaubwürdigkeit der Ukraine in Frage gestellt. Was ist aus den angekündigten umfassenden Reformen geworden?

Wann und wo
27. Oktober 2011, 19 Uhr – Berlin, Unter den Linden 78, Vertretung der Europäischen Kommission

Mit diesen Fragen will sich eine Diskussionsrunde unter dem Thema „Die innen- und außenpolitische Entwicklung der Ukraine" in Berlin beschäftigen.

Die „Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde“ lädt gemeinsam mit der „Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit“ zu dieser Veranstaltung, die selbstverständlich simultan übersetzt wird. Die Leitung des Abends übernimmt Heike Dörrenbächer, Projektleiterin Subregion Ukraine und Belarus der Naumann-Stiftung.

Ukrainische Experten als Diskutanten


Die stellvertretenden Vorsitzenden der Parteien "Reformen und Ordnung" und "Für die Ukraine", Ihor Gryniv und Kseniia Liapina, werden sich gemeinsam mit Mykola Kateryntschuk (Vorsitzender der "Europäischen Partei der Ukraine"), sowie Svyatoslav Oliynyk (Vorsitzender der Partei „Ukraine der Zukunft“) auf die heißen Stühle setzen.

Die Konstellation von Vertretern so vieler verschiedener Parteien verspricht einen interessanten Abend mit unterschiedlichsten Gedanken. Denn die Hauptfrage heißt schlicht: Wohin treibt die Ukraine?

Unabhängig davon, ob die Diskutanten zu einer gemeinsamen Lösung des Problems kommen werden, sind alle Teilnehmer im Anschluss an die Veranstaltung auf ein Glas Wein eingeladen.



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Leser-Kommentare zu diesem Artikel (und Kommentare zu Kommentaren): ↓

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jich 20.10.2011 - 19:53

Paulsen-Consult,

Sie trauen der heutigen EU aber einiges zu... Sollten Sie die Situation der PIGS-Länder in Betracht ziehen?


Paulsen-Consult 20.10.2011 - 14:05

Die Realität hat die Zukunft längst bestimmt

Es steht eigentlich gar nicht mehr in Frage, ob die Ukraine sich an der EU oder an Russland anhängt. Auf Grund der fehlenden Politikfähigkeit der ukrainischen Elite hat längst die Realität entschieden. Wer es nicht schafft, Subjekt zu sein, wird zum Objekt der Geschichte. Dies ist ein ziemlich gnadenloses historisches Gesetz. In Punkto internationaler Glaubwürdigkeit überholen die Russen die Ukrainer gerade, trotz des dicken russischen Demokratie-Defizits.
Wir reden nicht mehr von der Ukunft, sondern von der Gegenwart. Die Ukraine steht jetzt schon als postsowjetisch entgleister Gangster-Staat hinter Russland. Verträge werden jetzt schon mit Russland abgestimmt, häufig im vorauseilenden Gehorsam, bevor sie mit der ukrainischen Staatsspitze zur Unterschriftsreife gebracht werden. Dadurch wird sich auch mit der undemokratischen Wiederkehr Putins als Präsident nichts ändern. Der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft ist ein Fan-Club Wladimir Putins. Bei Merkel sah es in der Vergangenheit auch nicht anders aus. Wenn sie in Russland einen inoffiziellen Staatsbesuch auf der Agenda hatte, konnte Kiew allenfalls mit einem Zwischenstop auf einer Südamerikareise der Kanzlerin rechnen.
Dies wird sich in Zkunft nicht ändern. Die Ukraine wird im Schlepptau Russlands an die EU herangeführt werden. Die Schönheitskonkurrenz ist für Kiew längst verloren!


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