Von André Ballin, Vilnius. Yukos ist der viertgrößte Ölkonzern der Welt, doch seine Aktivitäten sind fast ausschließlich auf Russland begrenzt. Konzernchef Michail Chodorkowski will Yukos internationalisieren. Die Gerüchte um eine Fusion mit Chevron Texaco wollen deshalb trotz aller Dementis nicht verstummen. Einen ersten tastenden Schritt in Richtung Westen unternahm Yukos mit dem Kauf der litauischen Ölgesellschaft Mažeikiu Nafta. Die Erfahrungen sollen dem Konzern bei der globalen Expansion helfen.
Seit September 2002 hat Yukos die Kontrolle über Mažeikiu Nafta. Zu dem litauischen Unternehmen gehören 500 Kilometer Pipeline, eine Ölraffinerie und ein Terminal mit 14 Millionen Tonnen Umschlagskapazität pro Jahr. Der Konzern engagierte den Amerikaner Nelson English, um die Verlust bringende Raffinerie auf Vordermann zu bringen. Ein offenbar gelungener Coup. 25,8 Millionen USD Gewinn verzeichnete Mažeikiu im ersten Halbjahr 2003.
Inzwischen sind die Litauer auch ganz zufrieden mit dem russischen Einstieg. Mažeikiu sichert über 3.000 Arbeitsplätze und ist der größte Steuerzahler des Landes. Dabei waren die Vorurteile groß. Ein früherer Wirtschaftsminister hatte verkündet: „Den Iwan lassen wir nie an unsere Pipelines.“ Doch derartige irrationale Aversionen gehören inzwischen der Vergangenheit an. Das Verhältnis zwischen Russen und Litauern entspannt sich allmählich.
Mažeikiu ist von startegischer Bedeutung für Yukos. Ab 2004 gehört Litauen der EU an. Der russische Ölgigant hat also schon mal seinen Fuß in die Tür gesetzt. Mažeikiu könnte Yukos helfen, internationale Erfahrung zu sammeln, die wichtig ist, um auch anderswo, beispielsweise im Irak, einzusteigen. Hugo Erikksen, der Pressechef von Yukos für die ausländischen Medien, gibt zu: „Im Irak haben wir starke, aber bislang nur abstrakte Interessen.“
Yukos hofft auf eine Ausschreibung, wenn der Reichtum Iraks unter den Ölmultis aufgeteilt wird. Bis dahin versucht der Konzern einerseits mit verschiedenen Projekten weitere Kompetenz hinzu zu gewinnen (z.B. im Off-Shore-Bereich durch geplante Förderprojekte im Schwarzen Meer) und sucht andererseits weiter nach seinem Traumpartner.
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