Von André Ballin, Moskau. Der russsiche Premier Michail Kassjanow versprach bei seinem China-Besuch, die Ölleitung Angarsk - Dazin zu realisieren. Innerhalb von drei – vier Monaten soll das Projekt fertig ausgearbeitet sein. Die Verzögerung beim Bau der Pipeline will Kassjanow durch umfangreichere Transporte auf dem Schienenweg ausgleichen. So soll die russische Eisenbahn in den nächsten beiden Jahren je 4,5 – 5,5 Millionen Tonnen Öl ins Nachbarland transportieren. Im letzten Jahr waren es 2,7 Millionen Tonnen Öl.
Kassjanow ist seit Montag in China, um über Fragen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beider Länder zu verhandeln. Am Dienstag vereinbarten China und Russland eine stärkere Kooperation beim Maschinenbau. Russland will vor allem mehr Generatoren und Transformatoren an den östlichen Nachbarn liefern, aber auch Bergbaumaschinen und Passagierflugzeuge. Gemeinsame Perspektiven bietet auch der Automobilbau, sagte Russlands Handelsvertreter in China, Sergej Zypljakow.
China wiederum ist vor allem an Rohstoffen interessiert. Natürlich ist der russsiche Markt auch für chinesische Maschinenbauer interessant, doch da China im Gegensatz zu Russland ein rohstoffarmes Land ist, verspricht es sich von den Verhandlungen vor allem Öllieferungen.
Eine Grundsatzvereinbarung dazu schlossen die beiden Länder schon beim Staatsbesuch von Hu Jintao in Moskau. Doch Anfang September verbot das russische Bodenschatzministerium aus Umweltschutzgründen die von der Ölfirma Yukos vorgeschlagenen Pipeline-Routen nach China. Die Pipeline hätte entweder den Tunkinski-Nationalpark gequert oder wäre am Ufer des ökologisch hochgradig gefährdeten Baikalsees verlaufen.
Mit dem vorläufigen Stopp der Planungen geriet der gesamte Zeitplan des Projektes durcheinander. Eigentlich sollte der erste Spatenstich Ende diesen Jahres erfolgen, doch das ist nicht mehr zu realisieren. Wegen des zu späten Baubeginns hatten sich die Chinesen schon beschwert und die russische Führung beschuldigt, Verträge nicht einhalten zu wollen. Kassjanow gelang es nun, die Gemüter jenseits des Grenzflusses Amur zu besänftigen.
Am Donnerstag, dem letzten Tag seiner China-Reise will Kassjanow noch 23 Verträge über eine russisch-chinesische Kooperation auf dem Gebiet der Raumfahrt unterzeichnen. Russland soll den Chinesen beim Aufbau ihrer Raumfahrtindustrie helfen.
Am Rande seiner Visite sorgte der Premier für eine kleine politische Überraschung. Die lange geplante Regierungsreform in Russland nimmt nun offenbar Konturen an. Durch einen Erlass von Kassjanow mussten etliche langgediente Beamte im Verwaltungsapparat der Regierung ihren Hut nehmen. Betroffen ist u.a. Igor Schuwalow, der Leiter des Regierungsapparates, der praktisch seit Mitte der 90er Jahre die Verwaltung des „Weißen Hauses“ leitete.
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