Moskau. Nächste Woche will Russlands Ministerpräsident Michail Kassjanow nach China reisen. Doch der Premier hat ein schwere Aufgabe vor sich. Die schon beschlossene Ölpipeline ins Reich der Mitte steht auf der Kippe. Dies könnte zu einem ernsten diplomatischen Zerwürfnis zwischen den beiden Supermächten führen. China beschwerte sich schon mal wegen des zu späten Baubeginns der geplanten Trasse.
Im Mai 2003 hatte Russland mit China den Bau einer Ölleitung vom westsibirischen Angarsk ins chinesische Dazin vereinbart. Hauptnutznießer des Projektes wäre der russische Ölgigant Yukos gewesen. Konzernchef Michail Chodorkowski hatte mit dem Präsidenten der chinesischen nationalen Ölgesellschaft (CNPC) Ma Futsai schon einen Milliardenkontrakt ausgehandelt.
Doch Yukos hat zurzeit nicht die besten Karten im Kreml. Anfang September verbot dann das Rohstoffministerium aus Umweltschutzgründen die von Yukos vergeschlagenen Trassen.
Damit ist dem gesamten Projekt ein ernster Schlag versetzt worden. Eigentlich sollte im November oder Dezember der erste Spatenstich erfolgen, doch das wird nichts mehr. Selbst wenn am Ende doch noch die Genehmigung erfolgt, verspätet sich der Baubeginn wohl um mindestens zehn Monate.
Die Chinesen befürchten nun, dass Russland trotz des Vorvertrages austeigt und stattdessen die Japaner beliefert. Diesen Gesichtsverlust würde Peking jedoch kaum hinnehmen. Wie die Moskauer Tageszeitung “Iswestija” berichtet, gibt es schon Andeutungen aus dem chinesischen Wirtschaftsministerium, dass in einem solchen Fall die russisch-chinesischen Beziehungen auf das Niveau Anfang der 90er Jahre zurückfielen.
China rechnet eigentlich damit, ab 2005 etwa acht Prozent seines Energiebedarfs mit russischem Öl zu decken. Scheitert der Deal, müssen sich die Chinesen nach neuen Energiequellen umsehen, würden aber wohl auch andere russische Pläne in ihrem Land boykottieren.
Betroffen ist u.a. Gasprom. Der russische Erdgasmonopolist will eine Gasleitung quer durch China verlegen. Kassjanow muss alle diese Pläne im Auge behalten, wenn er den Chinesen erklärt, warum der Bau der Ölleitung ins Stocken geriet.
(ab/.rufo)
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