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Im Prinzip hat bei Wahlen in Russland alles seine beste Ordnung. Gemauschelt und gedreht wird dennoch mit geradezu krimineller Energie (Foto: newsru.com)
Im Prinzip hat bei Wahlen in Russland alles seine beste Ordnung. Gemauschelt und gedreht wird dennoch mit geradezu krimineller Energie (Foto: newsru.com)
Freitag, 02.12.2011

Wahlmanipulation: am besten mit Extra-Wahllokalen

Moskau. Heute endet der Dumawahlkampf, am Samstag ist ein politischer Ruhetag verordnet, am Sonntag wird gewählt. Angesichts der Proteststimmung in der Bevölkerung werden massiv Ängste vor Wahlbetrug laut.


Die Oppositionsparteien werden nicht müde, bis zur letzten Minute des Wahlkampfs vor den russischen Parlamentswahlen über Amtsmissbrauch und Wählererpressung durch Kreml-treue Funktionsträger, parteiische Medienberichterstattung, Stimmenkauf und drohenden Wahlbetrug zu sprechen.

Opposition beklagt "schmutzige Wahlen"


Gennadi Gudkow, Vizevorsitzender der Parte „Gerechtes Russland“ sieht bei den russischen Duma-Wahlen die „schmutzigsten Technologien der Welt“ am Werk. Die zur Verfügung stehenden 2,6 Millionen Wahlscheine, mit denen Wähler in anderen Wahllokalen als in ihrem Wohnbezirk abstimmen können, seien ein Mittel zur Wahlmanipulation: Staatsbedienstete würden auf diese Weise gezwungen, „an ihrem Arbeitsplatz abzustimmen und als Instrukteure und Aufseher fungieren ihre Chefs – die Chefärzte, Schuldirektoren, Betriebsleiter.“

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• Duma-Wahl: Abgeordnete wollen NGO schließen lassen (30.11.2011)
• Briefwähler vom Kindergarten und Friedhof für Kreml (23.11.2011)
• Stimmenkauf enthüllt: Wahlzettel-Foto als Quittung (10.11.2011)
Das wahre Rating der Putin-Partei liege bei „guten, beneidenswerten“ 30 Prozent, so Gudkow unlängst in einer Duma-Rede. Deshalb sei es unverständlich, wenn die Partei als Wahlziel 65 oder 70 Prozent ausgebe. Der Oppositionspolitiker behauptete auch, dass den Vorsitzenden von Wahlkreisen aus schwarzen Kassen Prämien in Höhe von 2.000 bis 3.000 Dollar bezahlt würden, wenn sie die gewünschten Ergebnisse erreichen würden.

Der Wahltag wird plötzlich Arbeitstag


Wie die Zeitung „Wedomosti“ heute berichtet, haben sich die Wahlmanipulatoren eine neue, besonders effektive Methode einfallen lassen: Kurzfristig würden vor dem Wahltermin noch neue Wahllokale geschaffen, wo dann ganze Betriebskollektive unter Aufsicht ihre Stimme abgeben sollen. Die Opposition schafft es bei solchen Hauruck-Aktionen nicht, noch ihre Vertreter in die dortigen Wahlkommissionen zu entsenden.

Zu diesem Zweck hätten beispielsweise im Gebiet Wladimir zahlreiche Unternehmen und Behörden den Wahl-Sonntag zum Arbeitstag erklärt. So seien am Mittwoch noch schnell 50 Wahllokale auf Betriebsarealen und Kasernen eingerichtet worden. Dort würden nun etwa fünf Prozent aller Wähler der Region abstimmen.

In die gleiche Kerbe soll offenbar auch mit der massenhaften Eröffnung von Wahllokalen für Obdachlose geschlagen werden: Im Gebiet Nischni Nowgorod wurden dem Bericht zufolge noch schnell 25 derartiger Abstimmorte geschaffen. Bislang gab es sie allenfalls vereinzelt in Metropolen.

Bürgerrechtler und Opposition appellieren an die Wähler, unbedingt zur Wahl zu gehen, damit ihre Stimme "nicht gestohlen" wird. Es gibt Indizien dafür, dass mancherorts für Personen, die üblicherweise nie an Wahlen teilnehmen, dennoch Stimmzettel in die Urne befördert werden.

Wahlbeobachter einlullen und ablenken


Bekannt wurde auch eine Instruktion an die Leiter von Wahllokalen eines Moskauer Stadtteils, wie sie sich die unliebsame Beobachtung durch oppositionelle Wahlbeobachter oder Journalisten vom Hals schaffen könnten: Als besonders effektiv wurde vorgeschlagen, in einem separaten Nebenraum ein gutes Buffet einzurichten, wo es unbedingt harte alkoholische Getränke zum Tee geben sollte. Hilfreich seien auch grelle Scheinwerfer, die Foto- und Videoaufnahmen erschweren sollen.

Sofern die Handynummern der unerwünschten Gäste bekannt seien, sollte man sie mit sinnlosen Telefonanrufen eindecken. Schließlich wurde auch dazu geraten, für eine deutliche Präsenz von uniformierten und streng schauenden Ordnungshütern im Wahllokal zu sorgen. Das beruhige die Stimmung ganz wesentlich, hieß es.

Wahlbehörden-Chef Wladimir Tschurow – bekannt für das Zitat „Waldimir Putin hat immer recht“ – erklärte hingegen, dass Wahlfälschungen in Russland ausgeschlossen seien. Schließlich gebe es die entsprechenden Gesetze, die dies unterbinden würden. Er warnte allerdings vor allerlei „Provokationen“ am Wahltag.

Medwedew ruft die Bürger an die Urne


Präsident Dmitri Medwedew - selbst Spitzenkandidat der vorherrschenden Partei "Einiges Russland" - wandte sich heute ebenfalls mit einem Wahlaufruf an die Bürger. "Stimmen Sie für diejenigen, die ihrer Meinung nach ihre Interessen vertreten, sie verstehen und ihnen die Wahrheit sagen".

Laut Medwedew sollte die Wunsch-Partei auch in der Wirtschaft kompetent sein und Erfahrungen im Überwinden von Krisensituationen haben. Da während der zurückliegenden Finanzkrise bereits die Putin-Partei uneingeschränkt am Ruder war, ist klar, wen Medwedew mit dieser Formulierung besonders meinte.

Im Gegensatz zu früheren Wahlen in Russland wurden diesmal keine Parteien vom Amts wegen von der Wahl ausgeschlossen und faktisch auch alle prominenten Kandidaten zugelassen. Allerdings sorgte das verschärfte Pateiengesetz dafür, dass es nur noch sieben zugelassene Parteien im Land gibt.



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