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Bootsgerangel vor der Bohrinsel: Der Fotograf, der dieses Bild von der Greenpeace-Aktion machte, sitzt jetzt in Murmansk ebenfalls in U-Haft (Foto: Sinjakow/Greenpeace) |
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Montag, 30.09.2013
Greenpeace-Aktivisten als Piraten in U-Haft genommenMurmansk. Russlands Justiz statuiert erneut ein Exempel gegen aufmüpfige Kritiker doch jetzt sind auch Ausländer betroffen: Alle 30 Personen von Bord des Greenpeace-Schiffes "Arctic Sunrise" sitzen jetzt in U-Haft.
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Am Sonntag ergingen vor Murmansker Gerichten weitere acht Haftbefehle gegen Crew-Mitglieder des Greenpeace-Schiffes Arctic Sunrise. Sie wurden für zwei Monate in Untersuchungshaft genommen so wie zuvor schon 22 andere Personen, die sich an Bord des Schiffes befunden hatten.
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Die russische Justiz sah hinreichend Anhaltspunkte für den Vorwurf der Piraterie so jedenfalls legt die Staatsanwaltschaft den Versuch der Greenpeace-Aktivisten vom 18. September aus, mit Seilen eine Gazprom-Bohrinsel in der polaren Barentssee zu entern und daran ein Transparent gegen die Ölförderung in der Arktis zu befestigen.
Verhaftete aus aller Herren Länder
Die Greenpeace-Aktivisten aus 18 verschiedenen Ländern sitzen jetzt in Untersuchungsgefängnissen in Murmansk und der 200 Kilometer entfernten Bergbau-Stadt Apatity ein. Die Haftbedingungen seien hart, aber erträglich. Es störe viel mehr, dass die zur Verfügung stehenden Dolmetscher für Englisch und Niederländisch nicht hinreichend kompetent seien, so die Umweltorganisation.
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Von Greenpeace beauftragte Anwälte haben inzwischen damit begonnen, Widersprüche gegen die Haftbefehle einzulegen.
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Ermittler suchen Piraterie-Beweise an Bord
Ermittler durchsuchen unterdessen das vor Murmansk ankernde Regenbogen-Schiff zur Sicherung von Beweismaterial. Die dabei sichergestellten Dokumente in ausländischer Sprache müssten übersetzt und Expertisen unterzogen werden, um die Motive für das Geschehen abzuklären, so ein Sprecher der Ermittlungsbehörde angeblich machten die Verdächtigen dazu keine Aussagen.
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Nach Darstellung der Behörde sei das Schiff mit einer Vielzahl an Ausrüstung von noch nicht geklärtem Einsatzzweck in die 500 Meter breite Schutzzone um die Bohrinsel eingedrungen. Die dann in Schlauchboote umgestiegenen Greenpeace-Aktivisten hätten Vertretern der Staatsgewalt Widerstand geleistet. Von ihrem Handeln sei eine Gefahr für die Bediensteten der Plattform und deren materielle Unversehrtheit ausgegangen, heißt es weiter.
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Bei den Gerichtsverhandlungen hatten die Verteidiger vergeblich argumentiert, dass der Straftatbestand der Piraterie ein gewaltsames Vorgehen impliziere während Greenpeace bei seinen Protestaktionen grundsätzlich gewaltfrei vorgehe. Auch stellten sie in Frage, wie einige Leute der riesigen Plattform aus Beton und Stahl Schaden zufügen sollten, wenn sie an deren Außenwand hängen.
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Keine Schonung: Behörden fahren harte Linie gegen Öko-Aktivisten
Greenpeace erhebt zudem einen Gegenvorwurf: Der russische Grenzschutz habe das unter niederländischer Flagge fahrenden Greenpeace-Schiff einen Tag nach der Aktion widerrechtlich in internationalen Gewässern gekapert und nach Murmansk geschleppt.
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Russland hat mit dem Piraterie-Verfahren gegen Greenpeace in den Augen der westlichen Welt erneut ein inhaltlich überzogenes, politisch motiviertes und von drakonischen Maßnahmen begleitetes Justiz-Exempel gegen unkonventionelle Kritiker der herrschenden Verhältnisse begonnen ähnlich wie der Prozess gegen die Frauen-Band Pussy Riot.
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Deren einminütiger Schmähgesang gegen Patriarch und Präsident in einer orthodoxen Kirche brachte zwei Beteiligten je zwei Jahre Haft ein.
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Sollten die russischen Behörden am Vorwurf der Piraterie festhalten, drohen den Greenpeace-Leuten nun bis zu 15 Jahren Lagerhaft. Bis zu einem Prozess ist es wohl noch lange hin. Aber schon jetzt stößt vor allem der Umstand, dass pauschal alle Personen, die an Bord des Schiffes waren, inhaftiert wurden, international auf Unverständnis.
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Auch ein Pressefotograf verhaftet
Betroffen ist nicht nur die Schiffsärztin, sondern auch der russische Pressefotograf Denis Sinjakow, der für Foto-Agenturen tätig ist und vor Ort die Greenpeace-Aktion dokumentieren wollte.
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Ihm Piraterie zu unterstellen, sei ein absurder Vorwurf, so etwa Michael Konken, der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes DJV. Das ist ein weiterer Versuch russischer Behörden, kritische Journalisten zu kriminalisieren.
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Zahlreiche russische Medien hatten in den letzten Tagen aus Protest auf die Veröffentlichung von Fotos demonstrativ verzichtet und stattdessen schwarze Flächen abgebildet.
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Royaler 21.10.2013 - 23:56
Zuspitzung
Viele Felder bedrängen die russische Führung - gut, dass es für da genügend Feinde gibt - so kann man massenwirksam immer mehr Leute einsperren lassen - oder mal wieder freilassen ... mal gespannt, ob sich bei allen Schwulitäten die Einsperrmethode bewähren wird, wenn Sotchi auf Touren kommt. Spitzt sich die Lage weiter zu, wenn z.B. Eislaufen ohne die \"Kanalmacht\" Holland stattfinden muss und sich die europäische Union mit Greenpeace solidarisiert?
Stoll 08.10.2013 - 15:30
Piraterie in internationalem Gewässer durch Russland
Russell und die anderen 29 Umweltschützer hatten am 18. September versucht, eine Bohrinsel des russischen Staatsunternehmens Gazprom in internationalen Gewässern in der Arktis zu entern.
Ihr Schiff Arctic Sunrise wurde jedoch von der russischen Küstenwache aufgebracht und nach Murmansk geschleppt.
Ed Biber 01.10.2013 - 17:53
Greenpeace-"Piraten"
Lange Zeit dachte ich, dass Russland auf einem guten Weg in eine pluralistische, demokratische Gesellschaft ist. Nun werde ich eines Besseren belehrt und muss deswegen meine Freundschaft mit Russland wieder kündigen. Schade !
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