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Wer hat das getan? Die Reste der über der Ostukraine abgeschossenen Boeing 777 (Foto: vesti.ru)
Wer hat das getan? Die Reste der über der Ostukraine abgeschossenen Boeing 777 (Foto: vesti.ru)
Freitag, 18.07.2014

Boeing–Abschuss bei Donezk: Keiner will es gewesen sein

Moskau. Der Schock sitzt tief auf allen Seiten: Eine zivile Verkehrsmaschine mit 300 Insassen ist über dem ostukrainischen Kriegsgebiet abgestürzt – und wurde mit höchster Wahrscheinlichkeit abgeschossen. Bewusst oder versehentlich? Und von wem?

Ein Trümmerfeld voller Leichen hat dem Ostukraine-Konflikt nun endgültig eine internationale Dimension gegeben: Flug MH17 der Malaysian Airlines von Amsterdam nach Kuala Lumpur endete am Donnerstag Nachmittag abrupt über dem Bürgerkriegsgebiet.

298 Menschen, die mit diesem Konflikt nicht das Geringste zu tun hatten, sind tot: 173 Niederländer, 27 Australier, 23 Malaysier, 11 Indonesier - und auch vier Deutsche. Etwa 100 der Insassen seien auf dem Weg zum Welt-Aids-Kongress in Melbourne gewesen, hieß es aus Australien.

Es kommt extrem selten vor, dass Verkehrsflugzeuge bei gutem Wetter im Reiseflug auf 10 Kilometer Höhe einfach aus dem Himmel fallen. Noch seltener ist, dass die Crew dabei nicht noch wenigstens einen Notruf absetzen kann.

Absturz aus dem Reiseflug: Gebiet Donezk, 2006


Einen Mayday-Ruf gab es beispielsweise, als - ebenfalls über dem Gebiet Donezk - eine russische Tu-154 im August 2001 aufgrund eines waghalsigen Manövers der Crew abstürzte: Sie hatte eine Gewitterwolke überfliegen wollen und war zu hoch aufgestiegen. Dies kostete 171 Menschen das Leben.

Im Falle der malaysischen Boeing 777 hörten die ukrainischen Fluglotsen nichts, die Maschine verschwand bei gutem Wetter einfach kurz vor Erreichen des russischen Luftraums von den Radarschirmen. Das Flugzeug ist auch nicht im eigentlichen Wortsinne abgestürzt, es muss bereits in der Luft auseinander gebrochen sein, denn die Trümmer liegen weit verstreut. Dies weist mit hoher Wahrscheinlichkeit darauf hin, dass die Zivilmaschine im Flug von einer Rakete getroffen und zerstört wurde.

Versehentlicher Raketentreffer: Krim, 2001


Einen derartigen Fall gab es auch schon, ebenfalls ganz in der Nähe: Im Oktober 2001 holte die ukrainische Armee bei einem Manöver mit veralteten Luftabwehrraketen versehentlich eine russische Tu-154, unterwegs von Tel Aviv nach Moskau, vom Himmel: Das Geschoss vom Typ S-200 hatte nicht das Übungsziel, sondern die viel höher fliegende Zivilmaschine angepeilt: Vor der Küste der Krim starben damals 77 Personen.

Bei Russland-Aktuell
• Tu-154-Absturz: Extremes Wetter und üble Fehler (05.10.2006)
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• Flugzeugabsturz - doch Raketentreffer? (05.10.2001)
• Ukrain. Premier: Abschuss nicht ausgeschlossen (05.10.2001)
Die Wahrscheinlichkeit, dass es auch diesmal ein Raketentreffer war, ist jetzt wieder groß. Schließlich geschah der Absturz über einem Kriegsgebiet, in dem zunehmend auch aus und in der Luft gekämpft wird. Genauso real ist die Möglichkeit eines Versehens oder – wie im Präzedenzfall von 2001 - einer fehlgeleiteten Rakete: Am bewussten Abschuss einer ausländischen Verkehrsmaschine kann keiner Seite gelegen haben.

Die Separatisten haben bereits einige Transportflugzeuge und Hubschrauber der ukrainischen Armee abgeschossen. Vor einigen Tagen gab es die Information, sie hätten zum ersten Mal auch einen erbeuteten Kampfjet vom Typ Su-25 zum Einsatz gebracht. Und am Tag des Unglücks hatte Kiew den Vorwurf erhoben, ein russischer Kampfjet habe ein ukrainisches Flugzeug abgeschossen.

Man ist sich einig: Schuld sind die anderen


Einzig die Verantwortung für den verhängnisvollen Schuss will gegenwärtig keine der Konfliktparteien übernehmen. Die ukrainische Regierung wie auch die Separatistenführung der „Donezker Volksrepublik“ als auch Moskau beteuern ihre Unschuld und zugleich ihr Interesse an einer schnellen, unvoreingenommenen und internationalen Aufklärung des Vorfalls.

Parallel hagelt es, wie schon gewohnt in der die realen Kämpfe begleitenden Propagandaschlacht um die Ostukraine, pauschale Schuldzuweisungen an die jeweilige Gegenseite.

Die Rebellen erklärten ihre Bereitschaft zu einem mehrtägigen Waffenstillstand, damit fremde Experten – auch Ukrainer - die Absturzstelle untersuchen könnten. Bislang sind dort nur Feuerwehrleute und Helfer aus der Umgebung im Einsatz. Man selbst könne im Übrigen nicht schuld sein, weil man über keine Luftabwehrwaffen verfüge, die zehn Kilometer hoch wirksam sein könnten, wird behauptet.

Separatisten haben offenbar geeignete Raketen


Allerdings hatte es kurz vor dem Crash von MH17 Berichte und sogar Bilder gegeben, die die mobilen Abschussrampen des für diese Höhe durchaus geeigneten Raketensystems „Buk“ in Rebellenhand zeigen sollen. Auch gab es Berichte, wonach die Separatisten einen ukrainischen Militärstützpunkt in Donezk erobert hätten, in dem dieses System stationiert gewesen sei.



Kiew wie auch die USA werfen Moskau zudem vor, die Rebellen permanent verdeckt mit Waffen zu versorgen – bis hin zu Luftabwehrraketen.

Ein Hinweis auf die Schuld der Rebellen waren Videoaufnahmen, die Igor Strelkow, einer ihrer Kommandeure, am Donnerstag zunächst online stelle: Sie zeigten offenbar die Rauchsäule am Absturzort der Boeing – doch der Separatistenanführer präsentierte sie stolz als den Beweis für den Abschuss einer weiteren Militärmaschine vom Typ Antonow-26. Als klar wurde, welches Flugzeug zu diesem Zeitpunkt getroffen worden war, verschwand die „Erfolgsmeldung“ wieder.

Kiews Geheimdienst präsentierte zudem angebliche Fragmente von Funkgesprächen der Separatisten als Beleg für deren Verantwortung. Als Fälschung bezeichnen dies wiederum die Rebellen – lanciert, um die eigene Schuld zu vertuschen.

Moskau verdächtigt ukrainische Armee


Denn unbesehens oder am Ziel vorbei gefeuert haben könnte auch die ukrainische Armee – nervös geworden durch die aviatische Mobilmachung auf der Rebellenseite wie auch die angebliche Einmischung russischer Jets in das Kampfgeschehen. Am Freitag teilte das Kiewer Verteidigungsministerium mit, man habe tags zuvor nicht eine Rakete abgefeuert – und zudem inzwischen bei sämtlichen Luftabwehrbatterien in der Region die Geschosse durchgezählt: Alle seien an Ort und Stelle.

Russlands Militärführung beteuert das Gleiche: Zum fraglichen Zeitpunkt gab es keine Einsätze, weder von Kampfflugzeugen noch von Luftabwehr-Raketen. Die russische Radaraufklärung habe aber festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Tragödie eine 30 Kilometer südlich von Donezk stationierte ukrainische Radaranlage zur Luftabwehr aktiv war. Sie hätte ihre Daten an mehrere Batterien von S-200- und Buk-Raketen in der Konfliktzone weitergeben können.

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Die Komplott-Theorie: Anschlag auf Putin?


In der Nacht nach dem Unglück verlautete zudem aus Moskau inoffiziell eine weitere, wahrlich abenteuerliche Variante des Geschehens: In der Nähe von Warschau hätten sich zuvor auf gleicher Flughöhe die Wege der Boeing aus Amsterdam und derjenige der russischen Präsidentenmaschine gekreuzt – allerdings im Abstand von 37 Minuten: Wladimir Putin war auf dem Rückweg von seiner Lateinamerika-Reise.

Es sei also nicht auszuschließen, dass jemand in der Ukraine dem dort verhassten russischen Präsidenten nach dem Leben getrachtet habe – möglicherweise auch per Kampfjet.

Allerdings kommt auch diese Version nicht ohne den Moment des groben Irrtums aus: Der Flugweg von Warschau nach Moskau führt nicht über die Ukraine. Aber das Radarbild der Boeing 777 und Putins Iljuschin-96 sei sehr ähnlich, hieß es. Zudem trug die malayische Maschine eine Lackierung in Weiß, Blau und Rot – also in den russischen Nationalfarben.

Die Flugschreiber sind wichtig, aber nicht entscheidend


Angesichts der kolossalen Tragik muss zunächst wohl jede Möglichkeit, und sei sie noch so abstrus, ins Auge gefasst werden. Helfen bei Aufklärung können sicherlich Radar-und Satellitendaten, auch der Europäer oder der USA. Und Spuren am Wrack können beweisen, ob es einen Raketentreffer gab.

Noch besser wäre allerdings ein ehrliches Schuldbekenntnis des oder der Verantwortlichen für das Desaster – das drastisch vor Augen geführt hat, welcher rücksichtslose Kriegseifer inzwischen in der Ostukraine herrscht.

Ohne die neutrale und objektive Auswertung der bereits von den Separatisten sicher gestellten Flugschreiber kann es auch keine richtige Aufklärung des Geschehens geben.

Aber entscheidend ist dies wohl nicht: Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden die Rekorder nichts Ungewöhnliches registriert haben – bis zu jener Sekunde, in der die Boeing 777 zerfetzt wurde.



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Boheka 21.07.2014 - 18:11

Unmenschlich...

Das Unglück an sich ist schon unfassbar - aber das Verhalten der Separatisten an der Unglückstelle macht einen sprachlos...
Wir haben 2014 - fast 70 Jahre sind seit den Gräueln der SS in Russland vergangen.
Aber wie sich die vor Ort befindlichen Militärs verhalten kann einen glauben lassen, sie wären von der SS ausgebildet.
Mit Sturmhaube und Kalashnikov vor den Toten posierend, die unbewaffneten OSZE Beobachter bedrohend - sind das Menschen? Gefallen die sich in ihrer Rolle? Haben die keinerlei Respekt vor den Toten, ihren Angehörigen?
Bislang glaubte ich an die russische Seele und Kultur - seit den letzten Tagen glaube ich an eine Horde Primitivlinge, die jedwegen Anspruch auf eine Zugehörigkeit zur menschlichen Rasse verloren haben.
Schande über diese Soldaten, ihre Offiziere...
Schande über Putin und Russland, die dem noch zusehen...


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