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Elf Zeitzonen statt bisher neun - und ein großer Schritt nach Westen: In Russland brechen neue Zeiten an (Bild: kommersant.ru) |
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Mittwoch, 02.07.2014
Russland dreht die Uhr zurück: Winterzeit wird StandardMoskau. Mit nur einer Gegenstimme hat die Duma eine erneute Reform der Zeitzonen-Struktur Russlands beschlossen: Statt der 2011 eingeführten ständigen Sommerzeit wird das Land nun dauerhaft auf Winterzeit umgestellt.
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Russland rückt Europa näher allerdings nicht politisch oder wirtschaftlich, das gibt die wegen der Ukraine-Krise gespannte Lage gegenwärtig nicht her. Aber hinsichtlich der Zeitzonenstruktur stimmt die Aussage: Die Zeitdifferenz zwischen dem europäischen Russland und den EU-Staaten wird in Zukunft eine Stunde weniger betragen, denn fast ganz Russland rückt am 26. Oktober in Sachen Uhrzeit eine Stunde nach Westen.
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Neue Europa-Nähe - zumindest auf der Uhr
An dem Termin, zu dem in den anderen Ländern Europas von Sommerzeit auf Winterzeit umgestellt wird, drehen nach einem am Dienstag von der Staatsduma verabschiedeten Gesetz auch die Russen an der Uhr: Die 2011 als ganzjähriger Standard eingeführte Sommerzeit wird durch die Winterzeit ersetzt.
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Die Zeitdifferenz zwischen der Moskauer Zeitzone und Mitteleuropa wird damit wie gegenwärtig auch im Winter nur zwei Stunden betragen. Im Sommer, wenn die EU-Staaten samt Schweiz und Norwegen kollektiv auf die Sommerzeit umstellen (also faktisch um eine Zeitzone nach Osten rücken), wird der Zeitunterschied zu Russland nur eine Stunde betragen.
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Medwedews Uhrzeitreform zurückgedreht
Mit der neuen Zeitregelung kippte das Parlament eines der letzten noch gültigen Reformwerke aus der Präsidentschaft von Dmitri Medwedew: Er hatte die ewige Diskussion um die Sinnhaftigkeit der zweimaligen Umstellung der Uhren pro Jahr 2011 mit einem Federstrich beendet und die Rückstellung der Uhren auf die Winterzeit ausgesetzt. Damals unterstützten nach Umfragen 73 Prozent der Bevölkerung diesen Schritt.
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Nach drei Wintern, in denen es in vielen Regionen morgens erst extrem spät hell wurde (in St. Petersburg um Neujahr z.B. erst um 11 Uhr, Sonnenuntergang um 17 Uhr), hält dies aber nur noch ein Drittel der Bevölkerung für eine gute Idee ebenso viele Menschen wünschten sich die nun erfolgte Rückkehr zur Winterzeit.
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Die Regierung spielte auf Zeit
2012 hatte der erneut zum Präsidenten aufgerückte Wladimir Putin erklärt, eine Rückkehr zur Winterzeit sei denkbar. Während sich viele Parlamentarier schon lange für eine Reform der Reform stark machten, mauerte die Regierung. Man verwies auf die Energieeinsparung und die angeblich fehlenden Daten über Gesundheitsfolgen und die Meinungen der Regionen.
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Der Hauptgrund für den Widerstand war aber eher das Prestige: Für den heutigen Premierminister Medwedew kommt die Rücknahme seiner Uhrenumstellung dem Eingeständnis eines Fehlers gleich.
Kurz vor der sommerlichen Sitzungspause setzte sich die Staatsduma in zweiter und dritter Lesung nun mit nur einer Gegenstimme über den hinhaltenden Widerstand der Regierung hinweg und beschloss die Umstellung auf die Dauer-Winterzeit schon für diesen Herbst. Das neue Zeit-Gesetz muss am 9. Juli noch vom Föderationsrat gebilligt werden, doch gilt dessen Zustimmung als sicher.
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Von Medwedews Zeitreform bleibt damit nur, dass in Russland auch in Zukunft nicht im Frühjahr und Herbst die Uhr eine Stunde vor oder zurück gedreht wird - die Duma hat den Begriff Sommerzeit endgültig ad acta gelegt.
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Zwei Zeitzonen reanimiert
Denn auch die seinerzeit von Medwedew als effizienzsteigernd vorgenommenen Vereinfachungen der Zeitzonen-Struktur werden rückgängig gemacht: Statt bisher neun Zeitzonen wird es in Russland wieder elf verschiedene Uhrzeiten geben: Ganz im Osten werden Kamtschatka und Tschukotka auf deren ausdrücklichen Wunsch wieder eine eigene Zeitzone mit dem jahrzehntelang gewohnten Abstand von neun Stunden zur Moskauer Zeit erhalten.
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Und auch die bisher mit einer Zwei-Stunden-Stufe markierte Grenze zwischen dem europäischen und dem asiatischen Landesteil Russlands bröckelt wieder: Die Gebiete Samara und Udmurtien behalten auf eigenen Wunsch ihre bisherige Uhrzeit bei und bilden ab Ende Oktober zwei kleine Zeitinseln mit einer Stunde Unterschied zur Moskauer Zeit.
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In der Zeitzonenkarte Sibiriens gibt es bei dieser Gelegenheit weitere leichte Veränderungen: Das Gebiet Kemerowo rutscht um eine Stunde ostwärts und hat in Zukunft die gleiche Uhrzeit wie Krasnojarsk. Die Sabaikalregion um Tschita schließt sich hingegen zeittechnisch der westlich gelegenen Baikalregion um Irkutsk an.
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Krim und St. Petersburg bleiben moskautreu
Eine von manchen Lokalpatrioten oder Sonnenzeit-Fetischisten geforderte noch stärkere Zerfaserung der russischen Zeitordnung wurde aber abgewehrt: So wurde zur Diskussion gestellt, St. Petersburg aus der tatsächlich erst deutlich weiter östlich astronomisch richtigen Moskauer Zeit herauszulösen und hier die Zeitzone von Finnland und Kaliningrad einzuführen. Doch wie bisher wird kein Uhrzeiger Russlands Kernregion spalten.
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Und auch auf der Krim wird es keinen Zeit-Separatismus geben: Hier gilt in Zukunft ebenfalls die nach dem Anschluss an Russland schon flugs eingeführte Moskauer Zeit.
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Stoll 15.07.2014 - 21:24
Um 100 Jahre
So wie Putin und seine Kumpane zur Zeit das Land ^ verwalten ^ wird das Rad der Zeit um 100 Jahre zurückgedreht. In vielen Teilen des Landes geht zu wie vor 100 Jahren und sogar noch weiter zurück. Mit solchen Herrschern gehen die Menschen in Russland in keine gute Zukunft.
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