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Wladislaw Surkow hat jetzt erst einmal Zeit für sein Hobby: Das Bücher schreiben (Foto: Russian Look) |
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Mittwoch, 08.05.2013
Rücktritt: Strippenzieher Surkow geht als VizepremierMoskau. Einer der engen Weggefährten von Premierminister Dmitri Medwedew in der Regierung hat das Handtuch geworfen. Oder wurde er gegangen? Vizepremier Wladislaw Surkow wurde von Putin entlassen.
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Ein Jahr nach dem Wiedereinzug von Wladimir Putin als Präsident in den Kreml roch es in letzter Zeit immer stärker nach Personalveränderungen in der Regierung: Aus den Reihen der Hauspartei Einiges Russland wurde zuletzt vehement gegen den Bildungsminister geschossen.
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Und auch der Stuhl von Medwedew selbst wackelt: Das bewies zuletzt am Dienstag eine Sitzung, bei der Putin das Kabinett wegen vieler Versäumnisse im zurückliegenden Jahr deutlich ins Gebet nahm. Doch Medwedew als Ex-Präsident und formeller Vorsitzender von Einiges Russland ist noch sakrosankt: Sonst wäre der über fünf Jahre aufgebaut Mythos, Russland würde einvernehmlich von dem autoritär-liberalen Tandem regiert, in einem Tag zerstört.
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Absetzung wegen Nicht-Planerfüllung?
Nur ein Drittel der von ihm vor einem Jahr gestellten Aufgaben sei erfüllt worden, empörte sich Putin. Wladislaw Surkow wagte es, vor laufender Kamera zu widersprechen. So etwas tut man nicht in Russland: Tags darauf folgte die Kündigung.
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Laut Putins Pressesprecher hängt der Rücktritt dann auch mit der unzureichenden Erfüllung der Mai-Aufgaben zusammen. Ebenfalls als Menetekel können jetzt Korruptionsvorwürfe gelten, die vor kurzem von der obersten Ermittlungsbehörde gegen Skolkowo, das im Aufbau befindliche High-Tech- Innovationszentrum am Rande Moskaus erhoben wurden. Koordinator des angestrebten sündteuren Silicon-Valley-Pendants in der Regierung war Surkow.
Doch ganz so einfach ist es offenbar nicht: Surkow selbst erklärte, er habe sein Rücktrittsgesuch schon am 26. April geschrieben. Zwischenzeitlich erlaubte er sich auch bei einem Auftritt in London vehemente Kritik an den Zuständen in Russland: Der Fisch stinkt vom Kopf her, zitierte er dabei eine russische Redensart.
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Das Hirn hinter der "gelenkten Demokratie"
Der 48 Jahre alte Halb-Tschetschene Surkow konnte dabei immer als wichtiges Glied im Machtapparat Putins gelten: Als junger Polit-Stratege saß er schon als Vize-Chef der Präsidentenadministration im Kreml, als dort Putin im Jahr 2000 erst einzog. Der lange Zeit sehr öffentlichkeitsscheue Jung-Apparatschik gilt sogar als geistiger Vater des politischen Systems, das die Ära Putin prägte: die gelenkte Demokratie.
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Im Kreml bevorzugte man zwar die Formulierung souveräne Demokratie, aber das machte keinen Unterschied. Erfüllt werden dabei die demokratischen Spielregeln nur formell, faktisch gibt die vorhandene Führung das Heft nie aus der Hand gibt denn die agierenden Partien werden genauso im Kreml designt wie die Wahlergebnisse oder die Leitlinien der TV-Berichterstattung. Surkow gilt auch als Erfinder der vorübergehend sehr aktiv auftretenden Jugend-Organisationen Die Zusammen Gehenden und Die Unsrigen, mit denen man potentiell gefährlich orange Stimmungen wie in der Ukraine ersticken wollte.
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Surkow, der nebenbei auch Rock-Texte und unter Pseudonym zwei als literarisch hochwertig gelobte Roman geschrieben hat, machte in dieser Phase im wahrsten Sinne des Wortes kreative Politik: Als Mastermind im Dienste Putins gestaltete er Parteien, Bewegungen und Themen, die die Öffentlichkeit beschäftigten. Doch die Protestwelle gegen die Wahlmanipulationen im Winter 2011/2012 zeigte, dass dieses kunstvolle System der Demokratie-Simulation nicht mehr richtig funktionierte.
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Starker Gegenwind von den Hardlinern
Surkow musste im Gefolge von Medwedew ins vergleichsweise dröge Regierungs-Geschäft wechseln. Dort soll es ihm nie besonders gut gefallen haben erst recht, weil ihm die Kontrolle über die in einer Zeit rückläufigen Wachstums faktisch unerfüllbaren Putin-Wünsche auferlegt wurde.
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Anhänger der vergleichsweise liberalen Denkschule von Medwedew wie er sahen sich zudem der im ersten Putin-Jahr vehement erstarkten Position der Silowiki gegenüber: Es gab einen Konflikt zwischen zwei Methoden des Machterhalts: Die einen meinen, man muss die Macht mit Gewalt erhalten, während Surkow der Meinung ist, dass politische Manipulationen und Betrügereien effektiver sind als Leute ins Gefängnis zu stecken, so Boris Nemzow, Co-Vorsitzender der radikal-oppositionellen Partei RPR-Parnas und unter Boris Jelzin einst selbst Vizepremier.
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Auch wenn man Surkow kaum einen Liberalen nennen könne, bedeute seine Absetzung doch ein Alarmsignal, dass die Silowiki die Oberhand gewonnen haben, kommentiert der Menschenrechtler Lew Ponomarow.
Putins Politik im ersten Jahr seiner nun mehr dritten Amtszeit war von zahlreichen repressiven juristischen Neuerungen gegen politisch tätige Organisationen, aber auch gegen die frisch erwachte Demonstrationsfreude bei jüngeren und wirtschaftlich erfolgreichen Menschen gerichtet. Die Politik von Putin und seiner Duma-Mehrheit orientiert sich immer stärker an patriotisch-konservativen Werten und der orthodoxen Religion.
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Die Verurteilung der Frauen von Pussy Riot, aber auch die laufenden fragwürdigen Verfahren gegen angeblich vor einem Jahr gewalttätig gewordene Demonstranten und die Protest-Gallionsfiguren Alexej Nawalny und Sergej Udalzow zeigen, dass Putins Riege jetzt gegen Widerborstige im Zweifelsfall einfach hart vorgeht.
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Fürstlicher Lohn aus Skolkowo für Oppositionsaktivisten
Surkow hatte hingegen wohl weiterhin sein Spiel mit politischen Schachfiguren vorangetrieben: Bei den Vorwürfen gegen Skolkowo geht es unter anderem darum, dass der staatliche Wissenschafts-Trust ausgerechnet dem als Putin-Gegner in der Öffentlichkeit äußerst aktiven Duma-Abgeordneten Ilja Ponomarjow 750.000 Dollar für angeblich vor Investoren gehaltene Vorträge bezahlt hat.
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Direkt übel genommen wurde das Surkow vom Kreml jetzt aber offenbar auch nicht: Putins Sprecher Peskow deutete bereits an, dass sich für einen Mann mit einem solchen Können und einer solchen Erfahrung sicher eine geeignete Verwendung finden wird.
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Surkow ließ hingegen durchblicken, er denke eher an ein neues literarisches Werk. Eine politische Komödie, basierend auf realen Ereignissen, nehme in seinem Kopf bereits Gestalt an. Darauf darf man dann wohl wirklich gespannt sein.
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Abenddämmerung in Jurjew-Polski. Mit dem altertümlichen Kreml gehört die Kleinstadt zum Goldenen Ring , ist aber wegen ihrer Abgelegenheit bei Touristen kaum bekannt.(Topfoto: Ballin/rufo)
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