|
|
|
|
Der neue Dreibund in Eurasien: Nasarbajew, Medwedew und Lukaschenko bekräftigen ihre Unionsgefühle (Foto: kremlin.ru) |
|
Freitag, 18.11.2011
Dreier-Zollunion wird zum Eurasischen WirtschaftsraumMoskau. Russland, Weißrussland und Kasachstan sind der Gründung eines EU-Gegengewichtes näher gekommen: Ein Vertrag für eine Vorstufe der 2015 angestrebten Eurasische Wirtschaftsunion wurde unterzeichnet.
|
|
Die Präsidenten der drei GUS-Staaten vereinbarten die Gründung einer Eurasischen Wirtschaftskommission, die in Zukunft als Leitungsgremium die ökonomische Integration der drei Länder koordinieren soll.
|
Bisher hatten sich Russland und seine beiden Nachbarstaaten nur zu einer Zollunion zusammengefunden. Dafür waren in einem jahrelangen Prozess die Zolltarife angeglichen worden, so dass im Juli dieses Jahres endgültig die Zollschranken zwischen den drei ehemaligen Sowjetrepubliken fallen konnten. Die Warenströme belebten sich danach frappant.
|
Union übernimmt nationale Vollmachten
Das jetzt in die Wege geleitete Bündnis geht einen großen Schritt zur Integration weiter: Wie Kasachstans Staatspräsident Nursultan Nasarbajew nach der Vertragsunterzeichnung erklärte, sollen mit der Zeit 175 nationale Vollmachten an die Dreistaaten-Organisation abgegeben werden.
|
Zum ersten Vorsitzenden der Wirtschaftskommission bestimmten die drei Präsidenten für die ersten vier Jahre den russischen Industrie- und Handelsminister Viktor Christenko.
|
Neu-Mitglieder sind erwünscht - aber nicht überstürzt
Laut Kremlchef Dmitri Medwedew soll die Union bis 2015 aus der Taufe gehoben sein möglicherweise auch etwas schneller. Weitere Mitglieder aus dem Kreis der GUS-Staaten seien grundsätzlich willkommen, erklärte er, doch würde dabei nichts überstürzt: Ein Beitritt könne ein Jahr, aber auch zehn oder 15 Jahre dauern.
|
Und die russische Volkswirtschaft sei zwar deutlich größer als die anderen beiden Mitglieder, aber dafür sei das neue Wirtschaftsbündnis im Gegensatz zu den 27 EU-Staaten oder der Euro-Zone kein Konglomerat vereinzelter Staaten.
|
Vorteil gegenüber der EU: Die gemeinsame Herkunft
Seine Mitglieder vereint eine gemeinsame Geschichte und Vergangenheit und sie entwickeln sich nach einem vergleichbaren Szenario, so Medwedew: Wir starten in etwa vom gleichen Niveau. Und mit einem Seitenhieb auf die Aufnahmepraxis der EU und Euro-Zone sagte der Kreml-Chef, dass man anders als Brüssel neue Mitglieder nicht als Katze im Sack erwerbe.
|
Der russische Präsident hofft deshalb, dass der Eurasien-Union Zerreißproben nach dem Muster der gegenwärtigen Euro-Krise erspart bleiben. Eine gemeinsame Währung sehen die drei Eurasier übrigens erst in ferner Zukunft - das gegenwärtig in einer tiefen Finanzkrise steckende Weißrussland würde ansonsten gleich die Rolle Griechenlands übernehmen.
|
Schluss mit Handelskriegen
Konkret, so Weißrusslands Machthaber Alexander Lukaschenko bei der Zeremonie im Moskau, werden wegen des angestrebten freien Waren- und Kapitalflusses aber allerlei Milch-, Zucker- und sonstige Handelskriege in Zukunft ausgeschlossen sein. Bisher beharkten sich zumindest Russland und Weißrussland, die noch in der Ära Jelzin schon einmal einen Staatenbund vereinbart hatten, immer wieder heftig mit gegenseitigen Liefersperren und Blockaden vor allem in alles dominierenden Energiesektor mit Öl und Gas.
|
Auch wenn die neue Union formell aus gleichberechtigen Mitgliedern besteht, ist völlig klar, dass darin das große Russland mit Abstand die erste Geige spielt.
Die beiden anderen, von autokratischen Staatschefs geführten Mitglieder haben aber aufgrund ihrer geografischen Binnenlage wie auch ihrer spezifischen Vorstellungen von Demokratie kaum eine andere Entwicklungs-Chance, als sich wieder gut mit dem Kreml zu arrangieren.
Moskau wird wieder zum Zentrum
Dies entspricht auch der geopolitischen Vorstellung von Russlands starkem Mann, der bei dem Festakt mangels Präsidentenamtes (vorerst) außen vor bleiben musste: Wladimir Putin strebt danach, Russland wieder zur eindeutig vorherrschenden Regionalmacht im postsowjetischen Raum zu machen und dabei den Einfluss der EU wie auch Chinas, aber auch der selbstbewussten südlichen Nachbarn Türkei und Iran zurückzudrängen.
|
Von einer Wiedergeburt der Sowjetunion könne aber keine Rede sein, polterte Nasarbajew und bezeichnete diese Formulierung als Phantomangst unserer Gegner und Feinde, die hier keine Integration sehen wollen.
|
Die UdSSR, erinnerte der kasachische Staatschef, sei schließlich von einem Kommandosystem, der totalen staatlichen Kontrolle über die Produktion und der kommunistischen Idee als Klammer geprägt gewesen.
|
Keine Frage, in einer Wirtschaftsunion gibt es im 21. Jahrhundert mehr zu erreichen, wenn man derartigen Ballast unwiderruflich über Bord wirft.
|
|
|
Leser-Kommentare zu diesem Artikel (und Kommentare zu Kommentaren): ↓ Schreiben Sie Ihren eigenen Kommentar, nachdem Sie sich hier unten für Kommentare neu registriert haben. Beachten Sie unbedingt die >>> Regeln für Leserkommentare. Sie können hier oder auch im Forum ( www.forum.aktuell.ru) mitdiskutieren.
Paulsen-Consult 20.11.2011 - 10:39
Ein absolut richtiger Schritt,
auch wenn es sich um mehr oder weniger autokratisch geführte Länder handelt, ist diese Zollunion ein absolut richtiger Schritt. Es geht letztlich darum, den Menschen ein besseres Leben zu ermöglichen. Hegemoniale Ängste habe ich jedenfalls nicht. Russland braucht einen freien Handel und starke Wirtschaftsimpulse, welche für die anderen beiden Länder ebenso wichtig sind. Ich bin auch sehr für eine zunehmende politische Union dieser Länder, damit die russische Paranoia endlich aufhört. Manchmal hat man bei Äußerungen aus dem Kreml den Eindruck, als sei das Land immer noch vom Westen bedroht, was ich für einen absoluten Unsinn halte.
Umgekehrt ist es natürlich auch so, dass im Westen schnell Hegemonieängste gegenüber Russland auftauchen, was sich beispielsweise in der Angst vor der einseitigen Energieabhängigkeit zeigt.
In einer derartig vernetzten Weltwirtschaft stellt sich die Sache aber etwas anders da. Jeder hat einen oder mehrere Joker, die er auch gegen andere ausspielen kann. Wegen der gegenseitigen Abhängigkeit muss er dann aber auch befürchten, mit der Destabilisierung der Weltwirtschaft sein eigenes Land zu destabilisieren.
Solange es in einzelnen Ländern nicht zu einer ideologischen Radikalisierung kommt, wird also der kooperative Umgang dominieren. Je größer und pluralistischer die globalen Akteure sind, desto besser.
Das gilt auch für die Zollunion, die deshalb aus westlicher Sicht begrüßt werden sollte. Die Beschwörung von Feindbildern, die in der Äußerung Nasarbajews erkennbar wird, dient ohnehin nur noch der innenpolitischen Stabilisierung.
Eine große Chance auch hoffentlich für Belarus, das wie die Ukraine am Rande des Abgrunds steht. Die notgedrungene Orientierung am Kreml ist dabei noch gar nicht mal von Übel, weil dieses Land, noch schlimmer als Kasachstan in einer tiefen Diktatur versunken ist, welche zuletzt auch die wirtschaftlichen Ressourcen ruiniert hat. Die Staatswirtschaft Lukaschenkas hat, ähnlich wie in der DDR, zu einem gewaltigen Handelsbilanzdefizit geführt. Das Land ist faktisch pleite.
Für die Übergangsgesellschaften ist der Wohlstand nicht alles, aber es ist die Voraussetzung wieder Vertrauen zu offenen politischen Systemen zu bekommen. In der Ukraine bricht derzeit umgekehrt aus Gründen des wirtschaftlichen Niederganges auch die Demokratie ein, das System spitzt sich auf einen Autokraten zu.
Somit ist alles, was wirtschaftlichen Fortschritt bringt, dringend zu wünschen. Die Instabilität der EU und der westlichen Finanzmärkte stellt hier tatsächlich ein Hemmnis auch für die postsowjetischen Gesellschaften dar. Seitenhiebe auf die EU und die USA sind also erlaubt. Das Beispiel der Ukraine zeigt, was vordergründig die Verluste von Oligarchen in der Bankenkrise waren, wurde im Kern zu einem Entwicklungsstop für Gesellschaft.
Die Oligarchen setzen jetzt, mehr als zuvor, auf die Erhaltung ihrer korrupten Alleinherrschaft und blockieren damit die notwendigen rechtsstaatlichen Reformprozesse, die für ein breites marktwirtschaftliches Aufsetzen erforderlich wären. Die Verlustaversion von ein paar Oligarchen führt zum wirtschaftlichen Schrumpfungsprozess.
Der Kapitalismus ist in der Krise, bewegte sich schon immer in Krisen. Die sich entwickelnden Marktwirtschaften bekommen das am härtesten zu spüren. Gut wenn dann kooperative Zusammenschlüsse erfolgen. Für alle ist es am besten, wenn sich starke politische Interessens- und Einflussräume bilden, die den Konzernen politische, also menschliche Interessen zeigen und diese auch durchsetzen. Auch im Westen werden wir in Richtung eines gelenkten Kapitalismus gehen müssen. Der Machtkampf zwischen den Finanzmärkten und den politischen Institutionen der EU zeigt dies gerade sehr deutlich.
Vielleicht noch ein Wort zu den südlichen und westlichen Grenzen der Zollunion. Man sollte die vielfältigen Schnittstellen zu den anderen politisch-wirtschaftlichen Regionen mehr beachten. Sie sind genauso wichtig, wie die politischen Blöcke. Ich denke hier an die wirtschaftlich stark prosperierende Türkei. Auch ohne EU-Beitritt hat dieses Land gewaltige wirtschaftliche Fortschritte gemacht. Es ist ein europäisches-islamisches Brückenland. Der Pragmatismus der Türken könnte sich positiv auf die gesamte Schwarzmeerregion auswirken. Der Gedanke, sich wirtschaftlich abzuriegeln oder den türkischen Einfluss zurückzudrängen ist nach meiner Meinung falsch. Ich sehe rund um das schwarze Meer nur einen einzigen Wirtschaftsmotor, die Türkei. Dieses Land hat die Kraft, eine zukünftige Schwarzmeer-Region anzuführen. In den nächsten zwanzig Jahren wird die Schwarzmeer-Region zu der auch die Ukraine gehört, eine Schnittstelle russischsprachiger, europäischer und arabischer Interessen. Die Schnittstellen beleben und entwickeln die Blöcke und sollten deshalb nicht abgeriegelt, sondern so durchlässig und liberal wie möglich gestaltet werden. Die Ukraine wäre auch aus diesem Grunde in der aktuellen Zollunion nicht gut aufgehoben. Sie sollte ihren eigenen Weg gehen, zwischen Europa, Russland und der
Überblick aller Leserkommentare zu allen Artikeln >>>
|
|
Der Höhepunkt der Weißen Nächte wird in St. Petersburg seit einigen Jahren mit der Schulabgänger-Party "Alije Parusa" (Rote Segel) ganz groß gefeiert. Auch wenn hier nur der Vollmond das Schiff beleuchtet - und nicht die um zwei Uhr nachts abgefeuerte riesige Laser- und Feuerwerks-Show - die Newa-Stadt zeigt sich auch so von ihrer schönsten Seite.(Topfoto: Deeg/rufo)
Die populärsten Artikel der letzten drei Tage |
|
|
Schnell gefunden
Der Russland-Aktuell
Nachrichten-Monitor ►
|
Mittwoch, 3. Juli |
01:03 |
Russland Geschichte: Truppenabzug von Kuba
|
Dienstag, 2. Juli |
18:04 |
Putin bietet Schweige-Asyl Snowden winkt ab
|
14:45 |
Fehlstart in Baikonur: Rakete zerschellt nach 30 Sekunden
|
01:03 |
Geschichte Russland: Letzter Parteitag der KPdSU
|
Montag, 1. Juli |
13:50 |
Unwetter über Moskau: eine Tote, viele Probleme
|
01:03 |
Russland Geschichte: Spielcasinoverbot tritt in Kraft
|
Sonntag, 30. Juni |
01:03 |
Geschichte Russland: Katastrophe im Kosmos
|
Samstag, 29. Juni |
01:03 |
Russland Geschichte: Basilius-Kathedrale fertig
|
Freitag, 28. Juni |
17:06 |
Unsichtbarer Snowden: Das Phantom von Scheremetjewo
|
01:03 |
Geschichte Russland: Ideologische Stilblüten
|
Donnerstag, 27. Juni |
12:08 |
Weißrussland kassiert ab 1. Juli für Fernstraßennutzung
|
01:03 |
Russland Geschichte: Erstes Atomkraftwerk der Welt
|
Mittwoch, 26. Juni |
01:03 |
Geschichte Russland: Schrauben werden angezogen
|
Dienstag, 25. Juni |
18:13 |
Lost in Transition: Keine Spur von Whistleblower Snowden
|
11:26 |
Deja-vu: Verkehrsunfall mit Depardieu in Moskau
|
01:03 |
Russland Geschichte: Tichon erkennt Sowjetmacht an
|
Montag, 24. Juni |
17:12 |
Personalrochade im Wirtschaftsflügel des Kremls
|
11:14 |
US-Informant Snowden entwischt dem CIA über Moskau
|
01:03 |
Geschichte Russland: Siegesparade in Moskau
|
Sonntag, 23. Juni |
13:07 |
Beutekunst: Gibt es überhaupt noch eine deutsche Aussenpolitik?
|
01:03 |
Russland Geschichte: Dichterin Achmatowa geboren
|
Samstag, 22. Juni |
01:03 |
Geschichte Russland: Tag von Gedenken und Trauer
|
Freitag, 21. Juni |
15:45 |
Beutekunststreit: Merkel lässt Termin mit Putin platzen
|
11:11 |
Regierung dementiert bevorstehende Abwertung des Rubels
|
01:03 |
Russland Geschichte: Rocker Viktor Zoi geboren
|
Donnerstag, 20. Juni |
10:08 |
Vertrauen ist gut, Rüstung besser: Putin will bessere Raketen
|
01:03 |
Geschichte Russland: Erstflug einer Montgolfiere
|
Mittwoch, 19. Juni |
15:54 |
Obama schlägt Atom-Abrüstung vor, Moskau ist nicht begeistert
|
15:15 |
Moskau steigt um: Drahtesel für Bullerei, Touristen u Normalos
|
01:03 |
Russland Geschichte: Erstes Frauen-Todesbataillon
|
Dienstag, 18. Juni |
17:51 |
Russland eine Lesenation? - Wenn, dann nur zur Hälfte
|
01:03 |
Geschichte Russland: Anastasia in Peterhof geboren
|
Montag, 17. Juni |
19:19 |
Begrünung in Norilsk: Gras hebt das Bewusstsein
|
17:14 |
Wahl in Moskau: Sobjanin kandidiert als Unabhängiger
|
01:03 |
Russland Geschichte: Einmarsch im Baltikum
|
Unseren kompletten
aktuellen News-Uberblick
finden Sie bei
russland-news.RU
|
|
► Alle Berichte bei Russland-Aktuell ab 2000 finden Sie in unserem Archiv ►
Weitere Nutzung im Internet oder Veröffentlichung auch auszugsweise nur mit
ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion (Chefredakteur: Gisbert Mrozek) und mit Quellenangabe www.aktuell.ru
E-mail genügt
www.Russland-www.Aktuell.ru (www.aktuell.ru) ist nicht verantwortlich für die Inhalte externer Internetseiten.
Basis-Information aus Russland, der Provinz und der GUS auf deutschen Internetseiten:
www.sotschi.ru
www.wladiwostok.ru, www.kasachstan.ru, www.russlanddeutsche.ru, www.georgien.ru, www.abchasien.ru, www.ossetien.ru, www.waldikawkas.ru, www.grosny.ru, www.sibirien.ru, www.wolga.ru, www.baikalsee.ru, www.kaukasus.ru, www.nowgorod.ru, www.nischni-nowgorod.ru, www.nowosibirsk.ru, www.rubel.ru, www.zeit.ru
|
|
|