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Vielleicht die nördlichste Wiese der Welt: Norilsker Kinder bestaunen die Frucht der Aussaat-Aktion (Foto: nornik.ru) |
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Montag, 17.06.2013
Begrünung in Norilsk: Gras hebt das BewusstseinNorilsk. Die jährliche Aussaat ist üblicherweise nur ein Ereignis für die Agrarbevölkerung. Ausgerechnet in der Tundra-Industriestadt Norilsk ist daraus eine Bürgerbewegung geworden: Nicht die Ernte, sondern das Grün ist das Ziel.
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Die einsame sibirische Schwermetall-Industriestadt weit jenseits des Polarkreises ist nicht gerade als Ort mit einer ausgeglichenen Ökologie bekannt. Aufgrund der Industrieabgase und des extrem harten Klimas fehlt es hier sogar an jenem Grün, das sonst in Städten völlig alltäglich ist: Bäume und Rasen. Stattdessen gibt es reichlich Brachflächen, auf denen während des kurzen Nicht-Winters von Juni bis September allenfalls ein krautiger Belag wuchert.
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Einen gepflegten Rasen oder eine wogende Wiese können die Norilsker nur zu Gesicht bekommen, wenn sie in gemäßigte Breiten fliegen. Oder und das ist die Idee hinter der Aussaat wenn sie selbst die Patenschaft über eine kleine Grünfläche übernehmen und diese während der Vegetationsperiode hegen und pflegen.
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Preisgekrönte Aktion wird ausgeweitet
Zum zweiten Mal werden deshalb in diesem Juni in Norilsk Grassamen an Freiwillige verschenkt. Letztes Jahr nahmen an der Aktion 2.000 Menschen teil, die 180 neue mehrjährige Grünflächen anlegten, insgesamt 28.000 Quadratmeter.
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Der Erfolg hat die Initiatoren beflügelt nicht zuletzt, weil die von einem lokalen Fernsehsender initiierte Aktion beim landesweiten Wettbewerb Silberner Bogenschütze als Bestes Projekt im Bereich sozialer Kommunikation und Wohltätigkeit ausgezeichnet worden war.
In diesem Jahr stehen an zwei Ausgabestellen nun schon 1,2 Tonnen der vom Wissenschaftsinstitut für Landwirtschaft im hohen Norden zusammengestellten Samenmischung bereit - genug für 40.000 Quadratmeter. Unterstützt wird die Aktion sowohl von der Stadtverwaltung der 177.000 Einwohner zählenden Polar-Metropole wie auch dem dort wirtschaftlich dominierenden Bergbau- und Metallurgie-Konzern Norilsk Nickel.
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Anderswo gibt es Datschen zum Gärtnern - hier wenigstens ein Stück Wiese
Zusammen mit den Samen bekommen die Teilnehmer auch eine Anleitung zur Aussaat und zur Pflege der von ihnen adoptierten Brachfläche. Denn Grasflächen binden nicht nur Staub und Regenwasser, sie widerstehen nicht nur den schädlichen Industrieabgasen und überstehen gut die sommerlichen Nachtfröste und die winterlichen Schneemassen sie sind unter den Bedingungen des städtischen Lebens in der Arktis auch eine der wenigen Möglichkeiten für die Norilsker, überhaupt gärtnernd tätig zu werden.
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Und wer sich für ein Stück Grün irgendwo vor oder hinter seinem Wohnblock oder am nächsten Kinderspielplatz verantwortlich fühlt, der zeigt zugleich auch Bürgersinn und Verantwortungsgefühl.
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In einer Stadt, die vom Rest der Welt faktisch isoliert ist, dürfte dies besonders wichtig sein.
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