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Denkmäler dieser Art stehen überall in der Ukraine und gemahnen an die Opfer der Hungersnot in den 30er Jahren. (Foto: Izvestia.ru)
Denkmäler dieser Art stehen überall in der Ukraine und gemahnen an die Opfer der Hungersnot in den 30er Jahren. (Foto: Izvestia.ru)
Freitag, 28.08.2009

Skandal in der Ukraine: Lebende zu Toten gemacht

Kiew. Die Erinnerung an die Opfer der Hungersnot von 1932-1933 ist Präsident Juschtschenkos Lieblingsthema. Jetzt kam heraus, dass die lebende Bevölkerung eines ganzen ukrainischen Dorfs in das Gedenkbuch kam.

Es ist Juschtschenkos Staatspolitik, bei jeder Gelegenheit auf die vielen Opfer der großen Hungersnot Anfang der 1930er Jahre zu verweisen. In so gut wie jedem Dorf steht ein Denkmal für die damals ums Leben Gekommenen.

Für den ukrainischen Präsidenten ist das Hungersnot-Gedenken ein Prestige-Objekt, das ihm, nebenbei gesagt, auch immer wieder die Gelegenheit zu einem Seitenhieb Richtung Russland liefert, denn dort sitzen seiner Meinung nach die Schuldigen an der Katastrophe.

Die Bibliothekarin bringt es ans Licht

Das Steckenpferd des Präsidenten ist so rein und hehr aber nicht, wie jetzt bekannt wurde. In das Gedenkbuch mit den Namen der Toten eines ganzen Verwaltungsgebiets der Ukraine geriet nämlich die Wählerliste eines Dorfes.

Wie sich herausstellte, war eine Mitarbeiterin der Gebietsverwaltung zu faul gewesen, die Archive durchzusehen, und hatte stattdessen die erstbeste Liste genommen, die er in die Hände kam.

Und das war die Wählerliste des Dorfes Andrijaschewka. Den Fehler entdeckte die Bibliothekarin des Ortes, als sie das Gedenkbuch in ihren Fundus aufnahm. Zuerst fand sie sich selbst unter den Toten und dann, neugierig geworden, jede Menge Nachbarn, Freunde und Verwandte.

Unlautere Methoden

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Wie die Zeitung „Iswestija“ heute schreibt, ist dieser Zwischenfall nicht der erste, der vermuten lässt, dass bei den historischen Forschungen zur Hungersnot nicht alles mit rechten Dingen zugeht.

So waren bei einer Ausstellung mit dem klingenden Namen „Der ukrainische Holocaust“ in Sewastopol im März Fotos zu sehen, die gar nichts mit dem Thema zu tun hatten.

Ein Abgeordneter des lokalen Stadtparlaments hatte entdeckt, dass auf vier Fotos die Folgen der großen Wirtschaftskrise in den USA abgebildet waren und weitere zwei die Hungersnot an der Wolga zeigten.

Ganz wie bei Gogol

All dies macht der mit so viel Pomp inszenierten Gedenkaktion wahrlich keine Ehre. Und die Geschichte mit den Listen erinnert frappant an längst vergangene Zeiten und die große russische klassische Literatur.

Es ist ganz wie vor fast 170 Jahren bei dem (übrigens in der Ukraine geborenen) russischen Schriftsteller Nikolai Gogol, nur genau anders herum: Dessen „Tote Seelen“ sollten dort lebende Menschen vortäuschen, wo es in Wirklichkeit keine mehr gab. Im jetzigen Falle wurden Lebende zu Toten gemacht.

Der Sinn und Zweck ist allerdings der gleiche: falsche Tatsachen sollten vorgetäuscht werden. Und wenn Gogol mit Hilfe seiner Karteileichen eine beißende Satire auf die damalige Gesellschaft erstellte, so bezeugt die Geschichte des Dorfes Andrijaschewka und seiner Bewohner den desolaten Zustand der heutigen Ukraine.




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