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Ein hochgefährlicher Job für bescheidenen Lohn: Bergleute im sibirischen Kusbass (Foto: 42.mchs.gov.ru) |
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Mittwoch, 19.05.2010
Sibirien: Putin erzwingt Rücktritt von Bergwerk-ChefMoskau. Russische Bergarbeiter müssen auch bei erhöhter Gas-Konzentration im Schacht arbeiten weil Moskau internationale Standards missachtet. In der Bergwerks-Region Kusbass gärt es nach dem Unglück vom 9. Mai.
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Wladimir Putin hat wieder einmal ein Machtwort gesprochen. Ganz Russland konnte in den Fernseh-Nachrichten sehen, wie der Ministerpräsident während einer Video-Konferenz mit der Leitung des sibirischen Unglück-Bergwerks Raspadskaja, den Chef des privaten Unternehmens, Igor Wolkow, wegen Sicherheitsmängeln in dessen Schächten zusammenstauchte.
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Die staatliche Bergwerksaufsicht hatte dort über 1.000 Mängel festgestellt. In der Nacht zum 9. Mai waren in dem Kohlebergwerk bei zwei Methangasexplosionen 66 Kumpel gestorben. 24 werden in 500 Meter Tiefe noch vermisst.
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Bergwerk-Chef Igor Wolkow, der selbst früher im Schacht arbeitete, schwieg und guckte bedrückt. Einen Tag später reichte der Chef des Privatunternehmens seinen Rücktritt ein. Doch das reichte dem Premierminister noch nicht. Putin kündigte an, die Schließung eines Bergwerks wegen Sicherheitsmängeln werde in Zukunft auch ohne Gerichtsentscheid möglich sein.
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Staatsmedien verschweigen Proteste im Kusbass
Mit seiner öffentlichen Intervention wollte Putin offenbar verhindern, dass sich die sozialen Unruhen, die am Freitag mit einer Demonstration und Gleisbesetzung in der sibirischen Bergbau-Stadt Meschduretschensk begannen, weiter ausbreiten. Die Bahn-Blockade wurde von einer Einheit der Sonderpolizei Omon aufgelöst. Es gab 30 Festnahmen - wobei die großen staatlichen Fernsehkanäle über diese Protestaktion nicht berichteten. Im Internet kursierten jedoch zahlreiche Berichte sowie Videos von Augenzeugen.
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Die Proteste in Meschduretschensk entzündeten sich nicht nur an den gefährlichen Arbeitsbedingungen unter Tage, sondern auch an unbedachten Äußerungen der Bergwerksleitung. Diese hatte erklärt, die Löhne der Arbeiter seien "ziemlich hoch". Tatsächlich verdienen die Bergarbeiter für ihren lebensgefährlichen Job im Schnitt nur 660 Euro.
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Entgasung ist teuer, deshalb wird daran gespart
Während der Video-Konferenz forderte Putin, den Kumpeln bei einem Stillstand des Schachts etwa wegen einer zu hohen Gaskonzentration - 70 Prozent des Lohns zu garantieren. Bisher gibt es keine derartige Lohngarantie. Eine entsprechende Bestimmung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) aus dem Jahre 1986 wurde von der Duma bis heute nicht ratifiziert. Auch ein von russischen Parlamentariern ausgearbeitetes Gesetz, welches die Entgasung neuer Schächte vorschreibt, wurde bisher nicht verabschiedet.
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Die Bergwerksdirektoren seien gegen das neue Gesetz, meint der Vorsitzende der Unabhängigen Bergarbeitergewerkschaft, Alexander Sergejew, gegenüber Russland-Aktuell. Das Bergwerk Raspadskaja sei zwar vollständig mit westlicher Technologie modernisiert, aber auf die Entgasung neuer Stollen haben die Bergwerksleitungen aus Kostengründen bisher verzichtet, so der Gewerkschafter. Stattdessen werden die Bergarbeiter gezwungen, auch bei erhöhter Gaskonzentration zu arbeiten.
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Wladimir Putin hatte in der Videokonferenz gesagt, dass es bereits bei einem Bergwerksunglück im Jahr 2007 Manipulationen an den Gasmessgeräten gab. Damals starben 110 Bergarbeiter.
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Kapitalismus ohne Partnerschaft
Moskauer Zeitungskommentatoren äußerten unterdessen die Befürchtung, der russische Kapitalismus könne an Stilfragen scheitern. Wenn die Unternehmer weiter mit ihrem Reichtum prassen, seien vor dem Hintergrund sinkender Löhne soziale Unruhen fast unvermeidlich. Der Moskowski Komsomolez hebt lobend hervor, dass Manager in Japan mit ihren Mitarbeitern gemeinsam in die Kantine zum Essen gehen.
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Dass russische Unternehmer Modelle der sozialen Partnerschaft ignorieren, sei kurzsichtig. Schon einmal hätten Bergarbeiter eine Regierung in Moskau zu Fall gebracht, so die Kommentatoren. 1989 leiteten ihre landesweiten Proteste das Ende der Ära Gorbatschow ein.
Neues Bergwerks-Unglück im Kusbass
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Am Mittwoch ereignete sich in einem anderen Kohlebergwerk in der Kusbass-Region ein weiteres Unglück. In einem Schacht bracht die Decke des Stollens herunter. Bergretter brachten 29 Arbeiter aus dem Stollen in Sicherheit. Zwei Männer werden noch vermisst.
(Ulrich Heyden/Moskau/.rufo)
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