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Es ging ihnen im Kinderheim Phoenix besser als bisher im Leben - Auch Heimkinder Katja und Sergej wurden entführt (Foto:Archiv/.rufo) |
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Samstag, 17.12.2005
Jugendamt gegen Kinderheim mit deutschen SpendenMoskau. Ein Skandal um eine NGO erregt Moskau. In einer Nacht- und Nebelaktion schlossen die Behörden des Landkreises Dmitrow bei Moskau ein privates Kinderheim. Das Projekt wurde teils mit deutschen Spenden finanziert.
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Das Heim des deutsch-russischen Straßenkinder-Vereins „Phönix“ war in einem Dorf-Holzhaus untergebracht. Bis Mittwoch lebten dort 16 ehemals obdachlose Kinder und zwei Hausmütter. Die meisten der Kinder waren zum Teil schon vor Jahren aus anderen staatlichen Heimen entlaufen, hatten aber bei „Phoenix“ endlich eine Bleibe gefunden.
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Massenentführung durch die Miliz
Am frühen Mittwochmorgen fuhr völlig unerwartet eine ganze Armada von Milizionären vor dem Kinderheim auf. Alle Kinder wurden in Kleinbusse verfrachtet und trotz heftigen Widerstandes in alle Himmelsrichtungen abgefahren.
Dokumente, die die Aktion zumindest formal gerechtfertigt hätten, wurden nicht vorgelegt. Selbst die leiblichen Kinder einer der Hausmütter, der niemand das Sorgerecht für ihre Kinder abgesprochen hat, wurden mit unbekanntem Ziel weggeschafft.
„Wir sind alle zutiefst schockiert“, sagt der Kinderheim-Direktor Maxim Jegorow. Er war von Nachbarn alarmiert worden, denn den Bewohnern des Kinderheims selbst waren als erstes alle Telefone abgenommen worden.
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Der Fall „Phoenix“ illustriert die Diskussion um das NGO-Gesetz in Russland
Wenig später griffen zahlreiche russische Medien den Skandal auf, der wie eine Illustration zur aktuellen Diskussion um NGOs und die Arbeit ausländischer Stiftungen wirkt. Tatsächlich hatte „Phoenix“ dank des Enthusiasmus’ seiner Gründer und mit Hilfe ausländischer Spender geleistet, was staatliche Stellen nicht geschafft hatten.
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Heimkinder waren in der Schule besser, als Kinder aus normalen Familien
Die älteren Heimkinder besuchten mit großem Eifer die Dorfschule viele von ihnen zum ersten Mal in ihrem Leben. „Ich hatte in 20 Jahren noch nie solche Schüler“, lobt die Klassenlehrerin Valentina Lossjewa „ihre“ Phönix-Kinder. Sie lernten besser als manche Kinder aus normalen Familien, sagt die Lehrerin.
In einem Fernsehinterview erklärte die Leiterin des zuständigen Jugendamtes Jelena Morosowa nach der Räumungsaktion, das Heim habe geschlossen werden müssen, weil dort zu wenig Platz für so viele Kinder sei. Auch habe Heimleiter Jegorow überhaupt keine Befugnis, Kinder zu erziehen.
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Heimleiter Maxim Jegorow und Heimkind Nikita (Foto: Archiv/.rufo) |
Russische Kirche und Gericht geben „Phoenix“ Recht
Anfang dieses Jahres hatte ein allerdings ein Gericht Jegorow in einem Rechtsstreit mit dem Jugendamt schon einmal in aller Form bestätigt, dass das Jugendheim „Phoenix“ zu Recht und zum offensichtlichen Nutzen der Kinder selbst existiert.
Das Gericht hatte als Zeugen unter anderem auch die Dorfschullehrerin und einen russisch-orthdoxen Geistlichen vernommen, der erklärte, den Kindern gehe es bei „Phoenix“ nicht nur körperlich, sondern auch geistig gut.
Das Jugendamt verzichtete zwar darauf, das Urteil anzufechten, dafür wurde das Phoenix-Haus aber mit Kontrollen und anonymen Anzeigen überhäuft.
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Neben dem alten Haus entsteht der Neubau (Foto: Archiv/.rufo) |
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Das neue Kinderheim ist bald fertig nur die Kinder sind weg
Trotzdem begann „Phoenix“ einen Erweiterungs- und Neubau, der aus deutschen Spenden finanziert wurde. Die erste Etage ist inzwischen fertig. Nur die Kinder sind weg.
Heimleiter Jegorow konnte trotz starker Unterstützung der Medien, darunter angesehene Zeitungen, der Fernsehsender NTW und das erste TV-Programm ORT, bisher noch nicht den Aufenthaltsort aller Kindern in Erfahrung bringen. Jegorow will mit Hilfe guter Rechtsanwälte die Behörden des Landkreises Dmitrow dazu bringen, die Kinder zurück zu holen und „Phoenix“ in Ruhe arbeiten zu lassen.
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Russische Medien und Öffentlichkeit unterstützen Kinderheim-NGO
Vorerst fand der Straßenkinderverein erst zwei Jungen in einem Moskauer Kinderheim wieder. Dessen Leiterin musste glücklicherweise nicht lange davon überzeugt werden, dass die Räumung völlig illegal war. Sie erlaubte den Kindern, zu „Phoenix“ zurückzukehren.
Tatsächlich ist die Begründung für die Räumungsaktion, die das Jugendamt der Kreisstadt Dmitrow nach Moskau gefaxt hatte, mehr als fadenscheinig. Es habe "akute Gefahr für Leib und Leben" der Kinder bestanden habe, heißt in dem Schreiben, das zwar unter dem Briefkopf der Landkreisverwaltung steht, aber nicht unterschrieben ist.
Weder Morosowa noch der Chef der Kreisverwaltung waren für einen Kommentar gegenüber Russland- Aktuell zu erreichen.
(dd/.rufo)
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