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Michail Lessin ist bei Medwedew in Ungnade gefallen (Foto: Suworow/.rufo) |
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Donnerstag, 19.11.2009
Kreml feuert TV-Strippenzieher Lessin ohne EhrenMoskau. Dmitri Medwedew hat einen seiner Berater, den Ex-Medienminister Michail Lessin, entlassen. Doch war dies kein formell ehrenhafter Abgang, sondern ein Rausschmiss wegen Verstößen gegen die Disziplin.
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Hochrangige Staatsdiener, die in Ungnade fallen, werden in Russland üblicherweise weggelobt: Sie bekommen einen Orden und ein paar warme Worte zum Abschied und oft genug auch noch einen Posten als Frühstücksdirektor in irgendeiner zweitrangigen Behörde.
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Im Falle Lessins ist das anders: Einen Tag, nachdem dessen Rücktrittsgesuch aus eigenem Wunsch (auch dies gehört zum Prozedere eines geregelten Abgangs) von Präsident Dmitri Medwedew gebilligt war, kartete ein ungenannter Mitarbeiter der Kremladministration gegenüber der Agentur Interfax nach:
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Verheerendes Arbeitszeugnis aus dem Kreml
Lessin habe seinen Posten wegen systematischer Disziplinarvergehen und Missachtung der ethischen Verhaltensregeln von Staatsbeamten verloren, verlautete aus dem Kreml. Und er habe seine Position zur Lösung von nicht mit seinen dienstlichen Aufgaben in Zusammenhang stehenden Fragen benutzt.
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Das sind schlichtweg Umschreibungen für Korruption, Vetternwirtschaft und das Vorneweg-Stellen persönlicher Interessen. Das könnte wohl gar vielen hochrangigen Staatsdienern vorgeworfen werden - was aber eigentlich nie geschieht, solange sie nützlich und auf Linie bleiben.
Eine solche Schelte dürfte dabei kaum Zufall oder das Ergebnis überhöhter Mitteilungsfreude eines einzelnen Beamten sein - sondern eine von ganz oben herab angeordnete Ohrfeige. Derartig heftige Anschuldigungen gegen einen hochrangigen Funktionär hat es seit einem Jahrzehnt aus dem Kreml nicht mehr gegeben, bemerkt die Zeitung Kommersant heute.
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Rätselraten über Lessins Vergehen
Was sich Lessin allerdings konkret zu Schulden hat kommen lassen, bleibt offen. Lessin selbst verweigerte gegenüber den Medien jeden Kommentar.
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Aller Wahrscheinlichkeit nach dürfte es dabei um die von ihm hinter den Kulissen vorangetriebene Neuorientierung der TV-Aktiva (5. Kanal, REN TV) der Premier Putin nahe stehenden Nationalen Mediengruppe (NMG) der Brüder Kowaltschuk gehen. Gerüchten zufolge soll Lessin hier für sich selbst einen netten Posten vorgesehen haben.
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Unter Putin war Lessin der große Gleichschalter
Lessin war direkt aus dem Fernsehbusiness in die Regierung gewechselt: Früher leitete er die im Reklamemarkt führende TV-Werbeagentur Video International. In seine Zeit als Minister fallen die zahlreichen Fälle der Gleich- oder Abschaltung der großen unabhängigen privaten Fernsehsender wie NTW, TV-6 und TWS.
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2004 wurde sein Ministerium wegrationalisiert und Lessin wechselte auf den Posten eines Präsidentenberaters. Sein Rausschmiss ist die erste große Personalveränderung im Kreml, die sich Dmitri Medwedew nach anderthalb Jahren im Amt leistet.
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Lessins Kündigung könnte deshalb auch ein Indiz dafür sein, dass sich Medwedew nach und nach aus der alten personellen Umgebung freiboxt, die ihm sein Vorgänger Wladimir Putin im Kreml hinterlassen hat.
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