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Nikita Michalkow geht - der Trend im russischen Film bleibt: populär und patriotisch, begrenzt kritisch (Foto: Djatschkow/.rufo)
Nikita Michalkow geht - der Trend im russischen Film bleibt: populär und patriotisch, begrenzt kritisch (Foto: Djatschkow/.rufo)
Dienstag, 23.12.2008

Folgt dem Machtwechsel im Filmverband eine Trendwende?

Moskau. Die Opposition im "Verband der Kinematographisten Russlands" stürzte vergangene Woche den alten Vorsitzenden Michalkow. Der für sie zu autoritäre, Putin- und kremlnahe Regisseur wird von Regisseur Chuzijew abgelöst.

Formell hätte Nikita Michalkow seinen Posten bereits 2007 verlassen sollen, als seine dritte dreijährige Amtszeit auslief. Die Verzögerung mit den Neuwahlen zog sich aber hin und fiel nur deswegen niemandem auf, weil der Verband selten öfter als einmal in drei Jahren tagte.

Am vergangenen Donnerstag, als die neue planmäßige Verbands-Versammlung eröffnet wurde, um Neuwahlen durchzuführen, bezeichnete Michalkow sie gleich auch als nicht legitim. Es gebe in Moskau über 400 Filmregisseure, aber nur 40 hätten an der Abstimmung teilgenommen.

Die Teilnehmer der Verbandsversammlung stufte Michalkow auch gleich als "Lilliputaner" ein, nachdem er erfahren hatte, dass er selbst und auch sein Vorschlag, den Schauspieler Michail Poretschenkow als Vorsitzenden zu wählen, abgeblitzt waren.

Statt der beiden Kandidaten wurde von rund zwei Dritteln der Mitglieder der 83-jährige Regisseur Marlen Chuzijew gewählt. Andere Anwärter wie der Mosfilm-Direktor Karen Schachnasarow und Stanislaw Goworuchin zogen ihre Kandidaturen selbst zurück.

Beginn der Michalkow-Diktatur flehentlich herbeigesehnt


Nach Meinung seiner Kollegen baute Michalkow eine "Machtvertikale" auf Michalkow hatte die Verbandsleitung 1997 übernommen. Er war damals von den Organisationsmitgliedern fast flehentlich darum gebeten worden. Er schien vielen der einzige zu sein, der die nach den unterfinanzierten 90er Jahren auseinanderfallende Kinogemeinschaft zusammenhalten könnte.

Die Bastion: Das "Dom Kino" ist das Hauptquartier des Verbandes der Filmschaffenden" (Foto: Archiv)
Die Bastion: Das "Dom Kino" ist das Hauptquartier des Verbandes der Filmschaffenden" (Foto: Archiv)
Jedoch in den letzten Jahren gab es immer mehr Unzufriedene mit der neuen “Machtvertikale” innerhalb des VK. Der 63jährige Michalkow setzte einige Veränderungen an der Geschäftsordnung durch. Diesen zufolge durfte der Vorsitzende unbegrenzt oft neu gewählt werden, das Sekretariat wurde nicht mehr gewählt und Verbandsmitglieder konnten für “Verbreitung diffamierender Angaben über ihre Kollegen” aus dem Verband ausgeschlossen werden.

“Wenn wir Lilliputaner sind, so ist er Lilliputin”


Michalkow, der einer der bekanntesten und populärsten Schauspieler und Regisseure in Russland ist – von ihm stammen beispielsweise die imposanten Filme “12” (12 Geschworene), “Der Barbier von Sibirien” oder "Die von der Sonne ermüdeten" – zeigte aaber auch oft offen seine Unterstützung für die Politik des Kremls - ganz in der Familientradition. Vater Michalkow war schließlich der Texter von bereits drei Hymnen des Landes.

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Kurz vor den Präsidentschaftswahlen 2008 schrieb Nikita Michalkow sogar einen offiziellen Brief an Wladimir Putin, in dem er den Präsidenten “im Nahmen aller Künstler Russlands” bat, für die dritte Amtszeit im Kreml zu bleiben.

Diese Loyalität kreideten ihm seine Kollegen an. Am letzten Freitag, als Michalkows Ablösung schon beschlossene Sache war, kursierte bereits unter den Mitgliedern des VK der Witz: “Wenn wir Lilliputaner sind, so ist er Lilliputin.”

Trotz aller Kritik hatte Michalkow viel Einfluss auf seine Kollegen


Michalkows politische Ansichten konnten allerdings in den vergangenen Jahren trotz aller Kritik das kollektive Unterbewusstsein einzelner Regisseure im Verband beeinflussen. In den letzten Jahren entstanden gleichzeitig mehrere historische Filme, wie etwa “Alexander. Schlacht an der Newa”, “Admiral” oder der Film “1612” über die polnishe Invasion im 17. Jahrhundert.

Auf einer ähnlichen Linie der neuen Aneignung der Vergangenheit liegen auch die Verfilmungen von Solschenizyn, Tschechow, Bulgakow und andere Monumentalwerke. Michalkow arbeitete erklärtermassen daran, ein "russisches Hollywood" zu schaffen, das "Grosses Kino" produzieren und zeigen kann.

Dieser Themawechsel in der Filmindustrie stimmte mit den zahlreichen historischen Sendungen und Diskussionen im staatlichen Fernsehen über den Patriotismus bei jugen Leuten durchaus überein.

Der Neue Russische Film: patriotisch und populär


Einheimische Filme werden jedenfalls immer beliebter. Laut Angaben des Kulturministeriums stiegen die Kasseneinnahmen russischer Filme von zwei Millionen Dollar im Jahr 2000 auf knapp 175 Millionen im letzten Jahr. Damit haben russische Produktionen 30 Prozent aller Kasseneinnahmen landesweit.

Auf der einen Seite trägt dazu die höher gewordene Qualität der Filme bei. Auf der anderen Seite kommt es auch bei der Verleihförderung selten ohne Vitamin B aus (die so genannte “administrative Ressource”): Neben einer mächtigen Werbung für den jeweiligen Film lassen die größten TV-Programme die Hauptdarsteller in ihren Talk-Shows, Frühstücksfernsehen und sonstigen Sendungen auftauchen.

Von Chuzijew Änderungen erwartet


Die Gegner Michalkows im VK-Verband erwarten nun, dass sich unter Marlen Chuzijew "etwas" im Verband und und in der Filmindustrie ändern wird.

Der neue Vorsitzende scheint auch vom Stil her ein Gegensatz zu seinem Vorgänger zu sein. Sein Name ist in Russland viel weniger bekannt als seine eigenen Filme, die besonders bei der älteren Generation beliebt waren. Die Politik sei ihm fremd, auch wenn ihn das Schicksal des Landes bewege, betonte dabei Chuzijew in mehreren Interviews.

Neuer Film der Wintersaison – über Nonkonformisten in der Sowjetunion


Inzwischen kommt vor dem Neujahrsfest ein neuer russischer Film in den Verleih – “Stiljagi” von Waleri Todorowski. Der Film ist über die sowjetische Swing-Jugend der 50er Jahre, die für ihre Schwärmerei von der amerikanischen Musik und Mode von Partei und Staat kritisiert und verfolgt wurde.

Einige Filmekritiker bezeichneten schon alleine die Wahl des Themas als prinzipiell neu für die russische Produktion der letzten Jahre: Bisher gab es zwar Filme wie eine breit angelegte Breschnjew-Biographie oder auch
Solschenizyns "Ein Tag aus dem Leben des Iwan Denissowitsch", aber keine Aufarbeitung der Nonkonformisten-Bewegung, weder der Stiljagi in den 50er, noch deren Nachfolger in den 70er und 80er Jahren.



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