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Das Gesicht des Jahres: Dmitri Medwedew wird Russlands neuer Präsident - und befielt alsbald einen Militäreinsatz (foto: kp.ru) |
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Mittwoch, 31.12.2008
Russland im Jahresrückblick: Das war 2008Moskau. Ein neuer Präsident doch der alte regiert jetzt vom Premier-Posten. Russland führt fünf Tage Krieg gegen Georgien. Und die Weltfinanzkrise schwappt kräftig über die vermeintliche Insel der Stabilität hinweg.
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Das sind wohl die drei wichtigsten russischen Ereignisse im ausklingenden Jahr. Natürlich gab es 2008 auch noch andere Top-News aus Russland. Die wichtigsten haben wir noch einmal zusammengestellt.
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Innenpolitik
Nach acht Jahren Amtszeit räumt Präsident Wladimir Putin wie angekündigt den Posten des Staats-Chefs im Kreml. Sein Wunschnachfolger Dmitri Medwedew bekommt bei den hochgradig unspannenden Präsidentenwahlen am 2. März auch die gewünschte hohe Mehrheit. Der erst 43 Jahre alte Präsident bestellt seinen Vorgänger und Mentor aber umgehend ins Amt des Premierministers, wo er jetzt weitaus größere Vollmachten genießt als seine Amtsvorgänger.
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Gleichzeitig übernimmt Putin auch offiziell den Vorsitz bei der Kreml-treuen Mehrheitspartei Einiges Russland.
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Anders als Putin, der sich immer gegen Änderungen an der 1993 verabschiedeten Verfassung gesträubt hat, verkündete Medwedew schon eine Initiative zu Verfassungsänderungen: Die Amtszeit des Staatsoberhauptes soll nach den nächsten Wahlen auf sechs Jahre und die Legislaturperiode der Duma auf fünf Jahre verlängert werden. Diese Veränderungen wurden daraufhin umgehend umgesetzt.
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Internationale Konflikte
Nach nur drei Monaten im Amt muss Medwedew als Oberkommandierender der russischen Armee eine Entscheidung über eine Intervention im Ausland treffen: Den georgischen Angriff auf Südossetien am 8. August beantwortet Russland mit einem massiven militärischen Gegenschlag.
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Innerhalb weniger Tage werden die georgischen Truppen aus der abtrünnigen Provinz vertrieben und russische Einheiten rücken tief nach Kern-Georgien vor. Russen und Abchasen vertreiben zugleich auch die letzten Tiflis-treuen Verbände vom Gebiet Abchasiens. Auf beiden Seiten kostet der kurze Krieg einige hundert Tote.
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Gemäß eines vom französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy ausgehandelten Friedensplans aus sechs Punkten rückt Russlands Militär dann wieder aus den besetzten Arealen Georgiens ab, bleibt aber in Abchasien und Südossetien.
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Nicht im Friedensplan vorgesehen ist jedoch die diplomatische Anerkennung der Unabhängigkeit von Abchasien und Südossetien, die Russland am 26. August verkündet. Außer Nicaragua hat sich diesem Schritt aber bislang kein weiterer Staat angeschlossen.
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Russland wird aufgrund seines Vorgehens in Georgien von den meisten Ländern des Westens scharf kritisiert. Die Nato und die EU setzen aus Protest vorübergehend ihre Zusammenarbiet mit Moskau aus.
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Wirtschaft
Im ersten Halbjahr 2008 jagt die Boom-Stimmung in Russland von einem Höhepunkt zum nächsten: Russische Oligarchen kaufen munter auch im Ausland Firmenbeteiligungen auf und verkünden immer neue Investitionsprojekte für Milliardenbeträge.
Russland ist auf dem Weg, Deutschland als größter Automarkt Europas abzulösen. Finanziert wird der Boom durch Rekordeinnahmen beim Ölexport und anderen Rohstoffen. Der Ölpreis erreicht mit 150 Dollar pro Barrel im Frühsommer schwindelnde Höhen.
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Nichts lässt zu diesem Zeitpunkt ahnen, dass zum Jahresende Rohöl wie auch der ganze russische Aktienmarkt nur noch ein Viertel seiner Höchstwerte wert ist.
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Entsprechend steil geht es seit Herbst mit der ganzen russischen Wirtschaft abwärts. Russland, angesichts der beginnenden Immobilien- und Finanzkrise in den USA von Putin und Medwedew als "Insel der Stabilität beschworen, wurde von der Wirtschaftskrise wie von einem Tsunami überrollt. Vor allem der bis dato wild boomende Immobilienmarkt und die Autoverkaufszahlen brachen ein.
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Der in Russland als irrelevant schon fast vergessene Begriff Arbeitslosigkeit wird wieder akut, da zahlreiche Unternehmen eilig Personal abbauen. Die Produktion in der Industrie wie auch das Transportvolumen bei der Eisenbahn bricht drastisch ein um etwa 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Viele Fabriken setzen lange Werksferien über den Jahreswechsel an.
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Dennoch wird Russland für 2008 insgesamt noch ein Wirtschaftswachstum von etwas über 6 Prozent verbuchen können.
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Der bisher von der Zentralbank gegenüber dem Bivaluta-Korb aus Dollar und Euro stabil gehaltene Rubel-Kurs ist angesichts des Wirtschaftseinbruchs nicht mehr zu halten. Eine in kleinen Schritten vorgenommene Abwertung beginnt im November und gewinntim Dezember zusehends an Tempo. Bis zum Jahresende hat sie den Rubel um etwa 15 Prozent billiger macht. Der Euro-Kurs bricht daraufhin alle Rekorde.
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Todesfälle
Zweimal werden Trauerfälle zu den Hauptereignissen in den russischen Medien: Anfang August stirbt der Literatur-Nobelpreisträger und ehemalige Sowjet-Dissident Alexander Solschenizyn im Alter von 89 Jahren.
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Anfang Dezember verliert die Russisch-orthodoxe Kirche mit Alexi II. ihren Patriarchen. Der 79-Jährige hatte die Kirchenführung noch in der Endphase der Sowjetunion übernommen.
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Unglücke
Von großen Katastrophen blieb Russland in diesem Jahr verschont. Zwei schwere Unglücksfälle bleiben aber dennoch lange in Erinnerung: Im September stürzt in Perm eine Boeing der Aeroflot-Nord im Landeanflug ab. 88 Tote sind zu beklagen.
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Im November kommen auf einer Testfahrt eines neuen Atom-U-Bootes im Pazifik vor Wladiwostok 20 Menschen durch eine Gas-Freisetzung ums Leben.
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Sport
Es ist vor allem der Fußball, der in Russland in diesem Jahr die Sportfans in seinen Bann zieht:
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Zunächst ist da der Höhenflug des Petersburger FC Zenit. Nachdem die Kicker von der Newa im Vorjahr erstmals seit einer halben Ewigkeit wieder Landesmeister geworden waren, gewinnt das international noch wenig bekannte Team mit souveränen Siegen den UEFA-Cup. Schließlich schlägt Zenit auch noch im Supercup den beim Finale in Moskau ermittelten Champions League-Meister Manchester United.
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Die russische Nationalmannschaft macht ebenfalls Furore bei der Europameisterschaft in der Schweiz und Österreich. Der vermeintliche Außenseiter kämpft sich mit frischem Spiel bis ins Halbfinale vor, wo die Russen das zweite Mal bei diesem Turnier gegen den späteren EM-Gewinner Spanien verlieren.
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